Beklemmende Bunkervisionen: Johann Reißer (links) und Christoph Marko Foto: Bulgrin - Bulgrin

In einem Reigen aus Szenen, Live-Musik und Filmsequenzen werden die Zuschauer von Johann Reißer und Christoph Marko in Unterwelten des Krieges mitgenommen.

Esslingen - Ein Jahr lang hat er als Bahnwärter-Stipendiat in Esslingen gearbeitet – nun kehrt Johann Reißer zurück. Heute und morgen zeigt der Autor jeweils ab 20 Uhr in der Spinnerei (Maille 3) seine Produktion „Der Ernstfall – Eine kleine Bunkerrevue“. In einem Reigen aus Szenen, Live-Musik und Filmsequenzen werden die Zuschauer in Unterwelten des Krieges mitgenommen. Ernst und Ironie, Realität und Fiktion verschwimmen, wenn es zu Begegnungen mit Adenauer und Trump, mit Hobby-Bunkerbauern und dem Bunker-Bazi kommt. Gemeinsam mit Christoph Marko möchte Reißer das Publikum sensibilisieren in einer Zeit, in der die atomaren Drohszenarien des Kalten Krieges, die Geschichte zu sein schienen, neue Aktualität erfahren.

Inspiriert von Fernmeldebunker

Entstanden ist Reißers „kleine Bunkerrevue“ vor eineinhalb Jahren während eines Stipendiums im bayerischen Pfaffenhofen. Der dortige Fernmeldebunker hat ihn dazu inspiriert, sich mit den Drohkulissen der Vergangenheit und dem Bedürfnis vieler Menschen, sich gegen die allgegenwärtige Bedrohung zu wappnen, zu beschäftigen. „Seither ist einiges passiert“, sagt Reißer. „Ursprünglich hatten wir uns eher auf die Situation der 1960er- bis 1980er-Jahre konzentriert, doch die atomare Bedrohung ist durch Leute wie Trump und Kim plötzlich wieder greifbar geworden. Es ist doch kein Zufall, dass sich immer mehr Menschen wieder mit der Frage beschäftigen, wie sie sich auf den Ernstfall vorbereiten können. Früher hat man sein Geld auf die hohe Kante gelegt und Zinsen bekommen – heute würde es nicht überraschen, wenn jemand auf die Idee käme, Bunkerbausparverträge anzubieten.“

Übungsbunker in der Spinnerei

In Esslingen verwandeln Johann Reißer und Christoph Marko die Spinnerei in einen Übungsbunker. Dort wollen sie ihr Publikum mal mit beklemmender Ernsthaftigkeit, mal mit beißender Ironie und manchmal auch mit humorvollem Augenzwinkern auf den Ernstfall vorbereiten. „Die Drohkulissen der Vergangenheit treffen auf die schönen neuen Bunkerwelten unserer Tage“, verspricht der Ex-Bahnwärter-Stipendiat. Und eine handfeste Bunkerberatung soll es auch geben. Und wie reagiert das Publikum auf Reißers „kleine Bunkerrevue“? „Sehr unterschiedlich“, hat der Autor beobachtet. „Während Jüngere eher die heitere Seite sehen, sind bei den Älteren die Erinnerungen an Kriegs- und Nachkriegszeit noch sehr lebendig.“

„Der Ernstfall“ ist am Samstag und Sonntag jeweils ab 20 Uhr in der Spinnerei des Vereins Kultur am Rande zu sehen. Eintritt zwölf Euro, ermäßigt sieben Euro. Kulturpass-Inhaber haben freien Eintritt.