Musik des Mozart-Schülers Johann Nepomuk Hummel ist leider selten zu hören. Im Konzert der Stuttgarter Philharmoniker Foto: oh - oh

Die Stuttgarter Philharmoniker haben wieder einen Konzertdiamanten jenseits des Mainstream-Repertoires poliert: Mit dem Pianisten Maximilian Schairer wurde das dritte Klavierkonzert von Johann Nepomuk Hummel zu einem Fest der quecksilbrigen Rasanz, der feinen Lyrik, der walddunklen Romantik. Großartig auch Sinfonisches von Schubert und Beethoven in Jan Willem de Vriends Leitung.

StuttgartLyrik à la Mozart, fein ziseliertes Laufwerk, überraschende Farbeffekte, dunkle Waldromantik: Johann Nepomuk Hummels drittes Klavierkonzert in h-Moll besitzt einige Attraktionen, die es unter den Virtuosenkonzerten zum Repertoirestück machen müssten. Leider aber steht der Schüler, zeitweise auch Kostgänger Mozarts heute im Schatten seines Meisters und anderer Berühmtheiten, weshalb man von ihm in unseren Konzertsälen fast nichts hört. Selbst in Stuttgart, wo Hummel ein paar Jahre als Hofkapellmeister gewirkt hat, werden seine Werke weitgehend ignoriert.

Bei den Stuttgarter Philharmonikern, die dafür geliebt werden, so manchen in der Mainstream-Programmatik untergehenden Diamanten in ihren Konzertreihen aufblitzen zu lassen, konnte man das Werk jetzt im Beethovensaal hören – mit dem frisch zu ihrem Ersten Gastdirigenten gekürten Jan Willem de Vriend am Pult und mit dem Pianisten Maximilian Schairer am Steinway. Der 1997 geborene, junge Mann ist eine gute Wahl für diese luzide, farbige, melodienreiche Musik, in der es nicht um pure Prankenkraft geht, sondern um feine Nuancen und geschmeidige, federleichte Rasanz. Das klappte vorzüglich in den schnellen Rahmensätzen, dieses quecksilbrige Netzespannen: Riesige Weiten in flirrenden, funkelnden Läufen, Arpeggi und Trillerketten sind da auszutasten – alles oft in Terz- und Sextverdopplung.

Außerdem ist Schairer ein ausgesprochener Lyriker, mit einem Faible für eine schön geformte, intensive Melodik besonders im Piano, was er im sehr ungewöhnlichen Mittelsatz wunderbar zur Geltung bringen konnte. Dieses Larghetto ist das experimentelle Herz des Werks: Die Streicher schweigen in diesem verträumten Nocturne, in dem das Klavier einzig mit einem waldromantischen Hörnerquartett zu kommunizieren hat. Die Hörnerfraktion der Philharmoniker ging das Ganze etwas zu ängstlich an, wie auch der Pianist hier gelegentlich ein wenig zu asketisch mit den Emotionen haushaltete. Er könnte noch mehr wagen, wirkte manchmal ein bisschen zu kontrolliert. Und im Finale hätten auch die Philharmoniker – trotz einkomponierter Unterordnung – dem Virtuosen gegenüber mehr Kante, mehr Farben zeigen müssen. Manche Gegenstimme ging gar unter. So geriet das atemlos virtuose Schaustück zu kontrastarm.

Aber großartig schlugen sich die Philharmoniker in den sinfonischen Rahmenstücken des Abends. In Franz Schuberts Italienischer Ouvertüre in C-Dur forderte Jan Willem de Vriend Oper à la Rossini ein: emotionale Kontraste, brillant-knackige Melodik, theatrale Crescendi und spritzige Rhythmen. So konnten die Einbrüche düsterer Mollromantik auch besonders gut wirken.

Auch Ludwig van Beethovens vierte Sinfonie in B-Dur wurde vorwärtsgetrieben von zündender Energie, die der ebenerdig positionierte Dirigent im Finale zudem durch seinen massiven Körpereinsatz befeuerte: Runde, weite Armschwünge wechselten ständig mit zackigen, kantigen Gesten – was die extrem kontrastierende Rhythmik, das Changieren zwischen peitschendem Puls, scharf angeschnittener Akzentuierung und plötzlich sehr verspielten Gedanken auch visuell zu Tage brachte. Solche Konzerte machen wirklich Spaß!