Von Martin Mezger

Stuttgart - Die Schlaglichter der internationalen Musikwelt sieht Orchestermanager Felix Fischer bereits jetzt auf das SWR Symphonieorchester gerichtet, weil im kommenden Jahr Teodor Currentzis die Position des Chefdirigenten im bislang cheflosen, aus der Zwangsfusion der Stuttgarter Radio-Sinfoniker (RSO) und des Freiburger SWR-Symphonieorchesters hervorgegangenen Klangkörpers übernimmt. Der Grieche aus dem russischen Perm - seiner aktuellen Wirkungsstätte, wo er nach Meinung vieler Kritiker und belegt durch CD-Aufnahmen musikalische Offenbarungen vollbringt - gilt derzeit als der vielleicht aufregendste Dirigent. Mit Rocker-Outfit, Mystiker-Aura und musikalischer Radikalität steht er für einen neuen Typus des Taktstock-Heiligen. Bereits in der kommenden Saison 2017/18, die jetzt vorgestellt wurde, gibt Sankt Teodor mit Bruckners neunter Sinfonie seinen Einstand beim SWR Symphonieorchester, dessen Freiburger Hälfte ihm aus seiner Zeit als Erster Gastdirigent des früheren Klangkörpers vertraut ist.

Bruckner ist neben Bernd Alois Zimmermann, dem avantgardistischen Grenzgänger aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert, der Komponisten-Schwerpunkt der neuen Saison mit den Abo-Reihen im Stuttgarter Beethovensaal und in Freiburg sowie etlichen weiteren Auftritten und Gastspielen. Als Artist in Residence kommt der Geiger Gil Shaham, sympathischerweise nicht nur als strahlender Solist, sondern auch als Quartettspieler in einem Kammerkonzert.

Bei den Gastdirigenten präsentierte Johannes Bultmann, der künstlerische Gesamtleiter, einen gezielten Generationenmix: Auf der einen Seite Altmeister wie David Zinman (mit Brahms Violinkonzert und Bruckners Dritter), der ehemalige RSO-Chef und „Stuttgart Sound“-Erfinder Roger Norrington (mit Beethoven und einer Großbritannien-Tournee) oder der 90-jährige Herbert Blomstedt mit (Mahlers Neunter). Ihnen stehen Nachwuchs-Pultstars gegenüber wie der viel gefragte Omer Meir Wellber (mit zwei Programmen: Debussy, Zimmermann und Schubert beziehungsweise Tschaikowskys Violinkonzert und Bruckners Vierter) oder der 26-jährige Lorenzo Viotti (mit Debussy, Korngold und Strawinsky).

Eine Domäne auch des fusionierten Orchesters, das nun in seine zweite Saison geht, bleibt die Neue Musik. Neben den Auftritten in Donaueschingen oder beim Stuttgarter Eclat-Festival werden einige Großwerke der jüngeren Zeit aufgegriffen: im Stuttgarter Theaterhaus in der SWR-Reihe Jetztmusik etwa Wolfgang Rihms spektakulärer „Tutuguri“-Zyklus (2. Juni 2018), Henzes „Floß der Medusa“ und Stockhausens „Mixtur“ leider nur andernorts. Apropos: Die positiven Signale aus dem Stuttgarter Rathaus für den Bau eines neuen Konzertsaals hört man bei dem Orchester gern. „Wir brauchen ihn dringend“, sagt Fischer.

Erfreulich auch, dass der Spar- und Schrumpfkurs des aktuell 170-köpfigen Orchesters offenbar nicht allzu stur durchgezogen wird. Fischer zufolge werden je nach Altersdurchschnitt in den jeweiligen Instrumentalgruppen frei werdende Stellen sogar neu besetzt.

In wesentlich kleinerer Besetzung gastiert das Orchester übrigens am 8. Dezember im Esslinger Neckarforum: mit einem Familienkonzert und Musik zu Dickens’ „Weihnachtsmärchen“.

Karten und Abos unter Tel. 07221/300100.