Satter Ton: das Quatuor Modigliani. Foto: Marie Staggat - Marie Staggat

Am besten geriet dem französischen Streicherensemble Quatuor Modigliani beim Konzert im Stuttgarter Mozartsaal, das erste Quartett von Camille Saint-Saëns.

StuttgartDer Klang ist erdig, direkt, sehr kräftig und dunkel. Das mag mit an dem großen, sonoren Instrument des Bratschers liegen, das einem am Dienstagabend im Stuttgarter Mozartsaal sofort ins Auge fällt. Es liegt aber vor allem an dem Ton, auf den sich alle Mitglieder des Quatuor Modigliani geeinigt haben: einen saftigen, satten, beweglichen, im dynamischen und klangfarblichen Miteinander extrem fein ausbalancierten Ton, der nie die Herkunft des Ensembles verleugnet. Und der bewirkt, dass man das Spiel des vor 16 Jahren in Paris gegründeten Streichquartetts fast schubladenhaft genau bei jenem Stück als besonders stimmig und rund empfindet, mit dem es bei seinem Stuttgarter Gastspiel seiner Heimat Frankreich Tribut zollte. Camille Saint-Saëns’ 1899 komponiertes erstes Streichquartett ist in seiner Haltung ein Stück der Mitte: elaboriert, nie extrem oder experimentell, dabei spieltechnisch höchst anspruchsvoll – ein Wohlfühlstück mit Klängen, in denen die Zuhörer gemeinsam mit den vier Streichern geradezu badeten. Die Selbstverständlichkeit und Gelöstheit, mit der das Quatuor Modigliani hier spielte, teilten sich unmittelbar mit.

Einfach mal die Sau rauslassen

Das war zuvor, in Haydns „Quintenquartett“ op. 76/2 und im vierten von Beethovens Quartetten op. 18, nicht immer der Fall. Vor allem Haydns Werk hätte es gut getan, wenn die Musiker ein bisschen mehr losgelassen hätten. Da ist der Eingangssatz, in dem ebenso witzig wie klug zwei Quinten im Kreise herum gereicht werden; da ist ein Andante, in dem der Primarius eine schmachtende Melodie – liebevoll, aber auch ein bisschen ironisch – über einen Pizzikato-Klangteppich legt; da ist das fast slapstickhaft einkomponierte Zuspätkommen der tiefen Streicher im Menuett; da sind die Virtuosengesten des Finales: All dies wirkte exzellent geplant und dargeboten, hätte aber gewonnen, wäre es eine Spur befreiter erklungen. Ähnliches galt für Beethovens op. 18/4 – bis hin zum Abschluss-Prestissimo, das hier tatsächlich eines war: Wahnsinn!

Mag sein, dass alles anders gekommen wäre, wenn die vier Franzosen ihre zweite Zugabe, Schostakowitschs augenzwinkernd durchs Tanzgenre polternde Polka, gleich zu Beginn ihres Konzertes gespielt hätten. Selbst der intellektuellsten aller musikalischen Gattungen – dem Streichquartett – tut es nämlich gut, wenn man zwischendurch einfach mal die Sau raus lässt.