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Recht eigenartig sei die Stimmung in diesem Land inzwischen geworden und von viel Getöse aus Kreisen von AfD und Co. geprägt, findet Gentleman.

StuttgartSitzplätze bei einem Reggaekonzert? Wenn die Jungs mit dem herrlich lässigen Rhythmus im Blut zum Tanz bitten, braucht es das so nötig wie Winterreifen in der Sahara. Beim Konzert von Gentleman bleiben die bestuhlten Bereiche der Porsche-Arena also gleich komplett gesperrt – auch die Führungskraft der deutschen Reggaeszene besitzt schließlich die Lizenz zum Grooven. Und gegroovt wird ausgiebig an diesem Freitagabend. Mit einer siebenköpfigen Band sowie zwei Begleitsängerinnen bringt der Musiker aus Köln, der so sehr nach Kingston klingt, seine Songs tüchtig zum Swingen; im ausverkauften Innenraum wiegen sich dazu 3000 Besucher nach dem Motto „immer schön entspannt bleiben“. Nach einem längeren Hawaii-Aufenthalt tourt der Rastaman vom Rhein nun wieder durch die Heimat – und das mit sehr zwiespältigen Gefühlen. Recht eigenartig sei die Stimmung in diesem Land inzwischen geworden und von viel Getöse aus Kreisen von AfD und Co. geprägt, sagt Gentleman und zeigt anschließend, wie wenig er davon hält. Dafür nutzt er keine plakativen Parolen – sondern seine Musik.

Ein Statement ist bereits sein aus aller Herren und Damen Länder bunt zusammengewürfeltes Nonett. Noch bunter wird diese Truppe dank diverser Sidemen wie etwa dem jamaikanischen Dancehall-Derwisch Clayton Morrison. Mit vielen „good vibes“ plädiert dieses Ensemble im Zeichen des Regenbogens für Freiheit und Toleranz.

Gut zu tun haben dabei vor allem eine Saxofonistin und ein Trompeter, während die Kollegen an Gitarre und Keyboards in genretypischer Manier eher unterfordert bleiben. Gebraucht werden ihre nur wenige Harmonien umfassenden Beiträge dennoch: Erst sie ergeben zusammen mit dem Bass jenes klangliche Dreieck, innerhalb dessen der Reggaesound so schön federt. Gut gestanden hätten diesem Abend zwar noch eine Posaune und ein paar Songs mehr vom Kaliber „To the Top“, dem mit Abstand zugkräftigsten Titel im gut 30 Nummern starken Repertoire. Aber auch so genügte diese Konstellation für einen flotten Streifzug durch Highlights aus 20 Karrierejahren sowie für die eine oder andere Hommage an die Ikonen der jamaikanischen Musik mit einer erst weihevollen, sich dann energisch aufbäumenden Version von Bob Marleys „Redemption Song“ als Schlusspunkt – ein feines Finale für eine Reggaetruppe, die den Groove im Blut und das Herz am richtigen Fleck hat.