Von Martin Mezger

Stuttgart - Um die Reformation kommt im Jubiläumsjahr auch der Stuttgarter Originalklangdirigent Frieder Bernius nicht herum. Am Beginn der neuen Konzertsaison des Stuttgarter Musikpodiums, der Veranstalterorganisation von Bernius und seinen Ensembles, steht am 8. Oktober in der Stuttgarter Musikhochschule der lutherischste aller Luther’schen Kampfchoräle: „Ein feste Burg ist unser Gott“ - nicht in Bachs berühmter Kantatenversion, sondern in einer A-cappella-Bearbeitung Telemanns. Außerdem dirigiert Bernius seinen Stuttgarter Kammerchor in Werken von Bach, dessen Schwiegersohn Altnickol und Mendelssohn. Dessen Motetten op. 23, in Rom entstanden, schlagen eine ökumenische Brücke: vom Lutherischen „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ zum katholischen Ave Maria. Ebenfalls im Reformationszeichen steht Mendelssohns „Paulus“ am 1. November (Hegelsaal), haben doch die Paulus-Gestalt wie die paulinische Theologie Luther entscheidend geprägt.

Ein ganz anderes Jubiläum folgt 2018: Der Stuttgarter Kammerchor, 1968 vom Musikstudenten Bernius gegründet, wird 50. Längst hat er sich an die Weltspitze nicht nur der Alten Musik gesungen, sondern glänzt auch mit Modernem. Und sein Gründer ist zu einem der renommiertesten Dirigenten und Lehrer seines Fachs avanciert. Zum zweiten Mal findet daher die Dirigentenakademie mit Bernius und ausgewähltem Nachwuchs statt (Schlusskonzert am 27. Juli 2018 in der Solitude-Kapelle, gefolgt von einer Chor-Serenade am 28. Juli). Zum Jubiläum steht außerdem ein Gipfelwerk auf dem Programm, an das sich Bernius erst spät, dann aber mit aller interpretatorischen Stringenz gewagt hat: Bachs h-Moll-Messe (18. März, Markuskirche Stuttgart).

Debüt eines Stimmwunders

Das Festival Stuttgart Barock, das mit seinem Zweijahres-Turnus vom 19. bis 22. April 2018 wieder an der Reihe ist, bietet eine Sensation: das Stuttgart-Debüt der russischen Sopranistin Julia Lezhneva, gefeiert als Stimm- und Koloraturwunder. Im Eröffnungskonzert mit Bernius, seinem Kammerchor und seinem Barockorchester singt sie die Sopranpartie in Messen von Zelenka und Bach, im Finale demonstriert sie ihre Kunst in virtuosen Arien von Händel und Graun. Neben Lezhneva gastieren mit dem Barockgeiger Daniel Sepec sowie mit Paul van Nevel und seinem Huelgas Ensemble weitere hochkarätige Größen bei dem Festival.

Bleibt ein Wermutstropfen: Das für Ende Juli angekündigte Solitude-Open-Air mit Ibsens „Peer Gynt“ und Griegs Musik musste aus Kostengründen gestrichen werden.

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