Rainer Goldhahn (links), Leiter der Fachgruppe Literatur, erhielt vom Künstlergilde-Vorsitzenden Hansjürgen Gartner die Pro-arte-Medaille. Foto: Eberle Quelle: Unbekannt

Von Elke Eberle

Die Künstlergilde hat am Samstag während ihrer Esslinger Begegnung ihre Literaturpreise im BeblingerGemeindehaus verliehen. „Es gab sehr viele Einsendungen“, verriet der Bundesvorsitzende der Gilde, der Augsburger Künstler Hansjürgen Gartner. In der Sparte Lyrik ging der erste Preis an Hermann Seidl, der zweite ging an Jenny Schon, mit dem dritten Preis wurde Doris Stößlein ausgezeichnet. Für Kurzprosa wurde diesmal nur ein Preis verliehen, den der Berliner Autor Bernd Kebelmann erhielt.

Die Worte hallen in Klängen nach

Es war ein kleiner Rahmen, aber ein feiner - und er wurde Schauplatz einer Uraufführung: Dietmar Gräf aus Bad Wörishofen, der Vizevorsitzende der Künstlergilde und Fachgruppenleiter Musik, hatte Gedichte der Wiener Lyrikerin Ingeborg Rinner vertont. Seine Kompositionen sind weder klassische Vertonungen noch Kunstlieder. Er spielte am Flügel, sang, rezitierte, klatschte, gab den Worten Musik und den Texten beim Gang durch den Raum einen eigenen Rhythmus. Ausgewählt hatte er einen Zyklus von zwölf Gedichten der Lyrikerin - sie handeln von der Natur, von Sehnsucht, vom Werden und von Abschieden. Text und Musik vereinten sich in dieser Komposition symbiotisch, Zäsuren entstanden durch mehrere Nachspiele gemeinsam mit dem Kammermusiker Helmut Scheunchen (Cello). Musik füllte dann den Raum mit wunderbaren Klängen, und in ihnen hallten Gedanken und Worte nach.

Als Überraschungspreis verliehen wurde die Pro-arte-Medaille an Rainer Goldhahn, den Fachbereichsleiter Literatur, für seine „besonderen Verdienste für die Künstlergilde und die Kunst, für seinen großartigen, unermüdlichen Einsatz“, so Gartner.

„Inselklippen“ ist der Titel des Gedichtes, für das die 1934 in Böhmen geborene und in Fürth lebende Doris Stößlein ausgezeichnet wurde. Besonders gefielen der Jury das sehr schöne Sprachbild und das mediterrane Stimmungsbild. Ebenfalls in Böhmen geboren, allerdings acht Jahre später, wurde Jenny Schon, die inzwischen in Berlin lebt. Die wirksamen Gegensätze der ersten und zweiten Strophe im Gedicht „Die jungen Jahre“ und ihr Umgang mit Sprache gefielen der Jury besonders. Den ersten Preis in der Sparte Lyrik erhielt Hermann Seidl aus Kitzingen - er wurde 1958 in Würzburg geboren und schreibt nicht nur, er ist auch Komponist. Eigentlich hatte er sein Kommen zugesagt und wollte selbst eine Auswahl seiner Gedichte lesen, leider konnte er kurzfristig doch nicht dabei sein. Auch die beiden Lyrikerinnen sind Doppelbegabungen, beide malen. Aber auch sie konnten bei der Preisverleihung nicht dabei sein. Ihre Gedichte wurden aber vorgetragen, sie sind stark, klar und konzentriert.

Bis zu zwölf Stunden am Tag arbeitet der Berliner Autor Bernd Kebelmann an seinen Texten: „Es ist alles da, ich habe über Jahrzehnte Material gesammelt, ich muss es nur in Form bringen“, verriet er. Über die Auszeichnung freut er sich: „Sie zeigt Achtung für das, was man geschrieben hat, und ist eine Bestätigung.“ Geboren wurde er 1947 in der Nähe von Berlin. Seine Geschichte „Vererbungslehre“ erzählt von einer kinderreichen Familie während beider Weltkriege. Kebelmann reiht in der Erzählung biografische Daten in einer unprätentiösen Sprache aneinander, aber hinter den Worten ist viel Raum für die Vorstellungskraft um das Schicksal der Menschen. Kebelmann ist blind, umso beeindruckender war sein Vortrag.

Die Literaturpreise werden seit Jahrzehnten vergeben. „Es gibt viele hochqualifizierte Autoren, die nie oder selten an die Öffentlichkeit kommen“, erklärte Gartner. „Die Verleihung der Preise ermöglicht es Kurzprosa und Lyrik, den Weg zu den Menschen zu finden.“