Richy Müller (links) ist „Tatort“-Kommissar bei der ARD und bei Netflix ein Banker. Foto: ARD - ARD

Wäre es nicht cool, mal in einer Netflix-Serie mitzuspielen? Das hat sich Richy Müller, bekannt als Stuttgarter „Tatort“-Kommissar, gedacht, und für die Serie „Skylines“ zugesagt.

StuttgartDie dritte deutsche Netflix-Serie heißt „Skylines“. Sie startet an diesem Freitag und erkundet stilsicher das Hip-Hop-Geschäft in Frankfurt zwischen Gier und Geltungssucht. Richy Müller spielt darin einen Banker.

Herr Müller, mögen Sie Hip-Hop?
Klar mag ich Hip-Hop – wenn er cool gemacht ist, einen geilen Rhythmus hat und der Text gut ist. Ich höre aber eigentlich das, was gerade so läuft, bin da eher schmerzfrei. Manchmal begeistere ich mich für die eine oder andere Sache, mal für ein Lied, mal für Udo Jürgens, mal für Country. Das ewige Beschalltwerden wird mir aber auch schnell zu viel. Wenn ich zu Hause bin, ist eigentlich nie Musik zu hören. Da herrscht Totenstille.

Sie sind in Mannheim, also zwischen Stuttgart und Frankfurt, aufgewachsen. In Richtung welcher Stadt haben Sie sich damals eher orientiert?
Als ich jung war, hatten wir nicht den Luxus uns das aussuchen zu können. Wenn, dann ging es eher in Richtung Frankfurt. Frankfurt war schon immer irgendwie das heißerer Pflaster. Stuttgart hat aber auch viele Vorzüge.

Eine Hip-Hop-Hochburg.
Genau! Die Fantastischen Vier sind toll – super Texte und wirklich virtuos.

In Stuttgart könnte man sich etwas gekränkt fühlen, dass die Serie „Skylines“, in der Sie jetzt mitspielen und in der es um Hip-Hop geht, in Frankfurt spielt.
Klar, aber die Serie heißt ja „Skylines“. Gegen Frankfurts Hochhäuser kommt der Stuttgarter Killesberg nicht an.

Gibt es wenigstens Gemeinsamkeiten zwischen dem Stuttgarter „Tatort“-Kommissar Thorsten Lannert und dem Banker Raimund Dietz aus „Skylines“?
Nur dass ich beide spiele, meine ganze Intensität in diese Figuren packe und auf sie abfärbe. Raimund Dietz ist ein ganz anderer Typ, als Thorsten Lannert. Aber genau deshalb habe ich mich für die Serie entschieden. Ich bin sehr wählerisch bei meinen Rollen, und ich habe schon lange nicht mehr so was in die Hände gekriegt: eine Figur, die auf den ersten Blick sehr glatt wirkt, aber doch sehr zerrissen und ambivalent ist. Ich glaube, Raimund Dietz ist an sich ein guter Mensch. Sein Erfolg lässt ihn zwar etwas abheben, und er vergisst die wichtigen Dinge, zum Beispiel sich um seine Kinder zu kümmern. Doch er ist kein kaltschnäuziger Typ. Nur einer, der sich vom Geld verführen lässt. Wenn ich einen Geldbeutel finde, habe ich die Wahl: Nehme ich mir das Geld und werfe den Geldbeutel weg? Lasse ich das Geld drin und gebe den Geldbeutel ab? Raimund Dietz muss ständig solche Entscheidungen fällen. Da kann man schon mal schwach werden. Dietz ist vielleicht ein bisschen wie Uli Hoeneß: Der hat viel Gutes getan, aber irgendwann halt Scheiße gebaut. Das Gute und das Schlechte sollte man aber gegeneinander abwiegen.

Dietz ist zwar eine der interessantesten Figuren in „Skylines“, steht aber nicht im Mittelpunkt der Serie. Stört Sie das?
Man muss ja sehen: Ich bin ein älterer Herr und deshalb nicht so spannend, wie die Jungs, die sich in „Skylines“ die Fresse verkloppen. Mein Handlungsstrang kommt vielleicht ein bisschen kurz. Falls es eine zweite Staffel gibt, erfährt man vielleicht noch ein bisschen mehr von Raimund. Außerdem ist es ziemlich cool, in einer Netflix-Serie mitzuspielen.

Wieso?
Meine Frau und ich gucken ziemlich viel Netflix. Und sie hat irgendwann zu mir gesagt, dass es doch nicht schlecht wäre, wenn ich auch mal in einer dieser Serien mitspielen würde. Als dann wenig später die „Skylines“-Drehbücher ins Haus flatterten, war das ein Wink des Schicksals.

Welche Serien schauen Sie denn gerne?
Wir finden zum Beispiel „Haus des Geldes“ oder „Orange is the new Black“ gut, aber auch „Entourage“, „Elementary“ und natürlich „Breaking Bad“. Die Serie hat mich völlig reingezogen, obwohl ich nicht unbedingt jemand bin, der so extrem brutale Sachen mag. Es ist ja auch beeindruckend, dass alle US-Stars inzwischen in Serien mitspielen. Wie die Amerikaner Serien durchdenken und eine ganz Armada von Schreibern beschäftigen, um aus einem Stoff das Beste herauszuholen, ist vorbildlich. Außerdem ist es schwerer, in 90 Minuten eine gute Geschichte zu erzählen, als in sechs Mal 60 Minuten. Solange man nicht irgendwann in der elften, zwölften Staffel zu der Figur mutiert, die man spielt, spricht nichts dagegen, in einer Serie mitzuspielen.

Das Interview führte Gunther Reinhardt.

Der nächste Stuttgarter „Tatort“ heißt „Hüter der Schwelle“ (Sendung an diesem Sonntag, 20.15 Uhr, ARD). Lannert (Richy Müller) und Bootz (Felix Klare) ermitteln in okkultistischen Kreisen.

Alle sechs Folgen der ersten Staffel von „Skylines“ sind von diesem Freitag an bei Netflix verfügbar.