Foto: dpa - dpa

Von Thomas Krazeisen

Stuttgart – Er habe den tag mit einem Bad im Neckar begonnen, erzählt Chris de Burgh schelmisch blinzelnd dem Stuttgarter Publikum. Das war natürlich geflunkert vom irischen Märchenonkel, und selbst wenn es wahr gewesen wäre – das frühe Bad im Neckar hätte für den Barden nicht erquickender sein können als das abendliche in der Menge, die den Sänger von der grünen Insel bei seinem Konzert im Beethovensaal von der ersten Sekunde an auf einer Welle der Sympathie, ja Euphorie trug. Noch ehe in der liederhalle der erste ton erklang, hatte es Standing Ovations und eine Rose für einen Weltstar ohne jede Starallüren gegeben, der vor einer stilisierten Rose als Bühnenblickfang denkbar unscheinbar auftrat. In seiner biederen Jacke und weiten Hose wirkte
er fast wie ein einfacher Angestellter, der scheu eine unerwartete Belobigung entgegennimmt.

Es scheint eine besondere Beziehung zwischen dem Iren, der unweit von Dublin lebt, und dem Stuttgarter Publikum zu bestehen. Er kennt sich aus in der Stadt, „in der immer irgendetwas gebaut wird“, und findet es „wunderbar, wieder hier zu sein“. Das ist keineswegs billige Koketterie. Hier
im Beethovensaal, für de Burgh ein besonderer Konzertsaal, „bei dem der Architekt wohl an eine Eistüte gedacht hat“, fing die iro-suebische liebesgeschichte vor mehr als vier Jahrzehnten an – „die meisten von Euch waren da noch nicht einmal geboren“. Ein Blick in den ausverkauften Saal zeigt, dass das keineswegs übertrieben ist. Der Plattenmillionär, der während seiner erfolgreichsten Phase in den Achtziger und frühen Neunzigerjahren mühelos die Schleyer-Halle füllte, hat erstaunlich viele junge Fans.

Im nächsten Jahr wird der kleine große Schmusebarde, den man beim Ausflug mit seiner unsterblichen „Lady in red“ ins Parkett und die oberen Ränge zwischen den Reihen kaum ausmachen kann, 70. Doch der ewig junge Romantiker, Abenteurer und Träumer, der – besonders schön in einem Akustikpart nach der Pause – mit seiner geschmeidigen Kopfstimme noch immer mühelos die Gipfel des Kuschelrock-Olymps erklimmt, wird nicht müde, sich für eine menschlichere Welt einzusetzen. „A better world“ heißt sein jüngstes Album, aus dem er etliche titel singt, darunter das rockig-religiöse „Bethlehem“, „Chain of command“, ein Song über einen patriotischen Tropf, oder die beiden elegisch umwehten Lieder „Homeland“ und „Cry no more“, die den hunderttausenden heimatlos gewordenen syrischen Flüchtlingen gewidmet sind.

„The open door“ wiederum ist nicht, wie man meinen könnte, eine Ode an die vom irischen Menschenfreund gepriesene deutsche Willkommenskultur. Mit der Seefahrer-Nummer laden der Geschichtenerzähler und seine exquisite vierköpfige Band vielmehr das Publikum in einen Pub ein, wo mit epischer Inbrunst das Glück der Heimkehrer gefeiert wird. Die große Storyman-Party zu Wassermusik kündigte sich früh mit „Ship to shore“ an, im Finale kocht der Saal dann mit den alten Kult-Hits „Don‘t pay the ferryman“ und „High on emotion“ über – eine Abkühlung im Neckar könnte jetzt nicht schaden.