Gerade das Schlichte und Unaufgeregte in vielen Songs der Mighty Oaks mit ihrem Sänger Ian Hooper schafft die entspannte Stimmung. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Ingo Weiß

Stuttgart - Bars scheinen eine gute Ausgangs-Basis für Bands zu sein. Ähnlich den Sunset Sons trafen sich auch der US-Amerikaner Ian Hooper, der Italiener Claudio Donzelli und der Brite Craig Saunders zum ersten Male in einer Bar. In Berlin. Danach gründeten der Sänger, der Gitarrist und der Bassist die Mighty Oaks, weil sie irgendwas Indiemäßiges machen wollten. Aus den Indie-Idealen wurde musikalisch schnell eine fröhlich-gute Mischung aus Folk, Country und Pop und ein Majorvertrag. Den Übungsraum in einem Kreuzberger Hinterhof tauschten sie ein gegen kleine und große Bühnen in Deutschland.

Ihre bodenständige Musik erinnert entfernt an die britischen Folk-Kollegen Mumford and Sons. Oder an die Lumineers aus Denver im US-Bundesstaat Colorado. Ganz Verwegene vergleichen die „mächtigen Eichen“ mit den Woodstock-Veteranen Crosby, Stills & Nash - doch sind die mindestens zwei Hausnummern zu groß. Aber wenn die Oaks im ausverkauften Stuttgarter Wizemann in der zweiten Zugabe „Call me a Friend“ ihren Uhuhu-Gesang anstimmen, dann klingt das schon ein bisschen nach amerikanischer Westcoast, nach den Eagles gar. Dann versinkt ihr knapp neunzigminütiges Konzert endgültig im Meer der Harmonieseligkeiten, steigt ihr Breitwand-Wohlfühl-Klang, auch dank der Verstärkung durch ebenfalls motivierte Drummer und Keyboarder, zum meditativen Fernweh-Folk empor.

Meeresbrandung und Natur

Nicht von ungefähr haben Mighty Oaks ihr aktuelles, erst zweites Album „Dreamers“ betitelt und in den USA aufgenommen. Genauer an den idyllischen Fjorden von Seattle, Hoopers Heimat. Die 1500 Fans fühlen und hören förmlich die Sonne, die Meeresbrandung und die Natur heraus in Songs wie dem gleichnamigen Opener „Dreamers“ oder „Horsehead Bay“, das sie später nachlegen. Bereits „Dreamers“ ist eine Hymne für die „Spinner“, also die Menschen, die sich erlauben zu träumen und die sich trauen, ihren Träumen nachzugehen, sagen die Oaks. Die Oaks-Träume lösen sich live auf in einen lässig cruisenden Road-Trip, der von Freiheit, Abenteuer, Sehnsucht und der Liebe umweht wird und vor sich nichts als den weiten Horizont hat. Einer der schönsten Titel, den sie im Wizemann dazu „laufen“ lassen, ist „Be with you always“, ein schnelles Liebeslied, ein „Grower“, der mit seiner sanft treibenden Akustikgitarre, Banjo, Mandoline und dem wohlklingenden Harmoniegesang die in den Mai tanzenden und klatschenden Fans packt, ein Gefühl von Aufbruchsstimmung vermittelt und nicht wenige Endorphine freisetzt. Richtig schöner, handgemachter Folk-Pop ist das, der sich ins Ohr schmeichelt und nicht mehr heraus will. Solchem hymnischen, optimistischen Midtempo-Pop, dem vor allem Gitarrist Donzelli seinen Stempel aufdrückt, stellt das internationale Trio nachdenklich-warme Gegenpole wie die Ballade „Dust“ gegenüber, eine kleine, melancholische Pop-Perle, die sich auch gut im Repertoire von Coldplay machen würde.

Einfach, hübsch, geradezu brav

Hier macht sich, wie zuvor schon bei „Burn“, psychedelisch verträumter Americana-Sound breit, unterlegt freilich von einer stellenweise zu dominierenden elektrischen Geige. Manchmal sind die Melodien aber auch nur einfach, hübsch, geradezu brav, Wie bei „Higher Place“ oder „Look Inside“, die vor schmerzendem Wehmut triefen. Ecken und Kanten fehlen hier, die noch recht statisch agierende Band wagt sich zu selten aus ihrer atmosphärischen Wohlfühl-Ecke. Immerhin sind die Dreamers-Songs im ruhig dahingleitenden Konzert opulenter, aber auch glatter arrangiert als die Stücke von ihrem Debütalbum „Howl“ (2014), mit dem sie aus dem Stand in die Top Ten eingestiegen waren und das noch eine gewisse intime Lagerfeuer-Romantik verströmte. Natürlich spielen sie daraus ihren Hit „Brother“.

Aber auch „Back to you“ und „Seven Days“ wissen zu gefallen. In ihnen ist da dieser Indie-Folk heraus zu hören, von dem die Wahlberliner anfänglich geträumt haben mögen und gerade durch die gewollte instrumentale Reduzierung entfalten solche Songs einen besonderen Zauber. Wie bei „Driftwood Seat“ zum Abschluss des regulären Sets, vielleicht ist das der betörendste Song des Abends. Hier, erst recht aber bei der ersten Zugabe „Howl“, kommt die einschmeichelnd-gefühlvolle Stimme von Frontmann Hooper besonders zur Geltung. Er vermittelt überhaupt sehr schön die Stimmungen der Songs.

Siebzehn luftig-leichte Easy-Listening-Songs packen die Mighty Oaks insgesamt in ihr Set, alle kaum drei Minuten lang, fast alle radiotauglich. Auch wenn einige Stücke widerstandslos irgendwie durchhuschen, und damit dem einen oder dem anderen in der Aneinanderreihung eventuell langweilig erscheinen - gerade das Schlichte, das Unaufgeregte in vielen Songs der Mighty Oaks schafft im Wizemann eine entspannte Stimmung. Als Schluss-Akkord, als dritte und letzte Zugabe, haben sie „When I dream, I see“ aus „Howl“ gewählt. Eine gute Wahl, aber umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wer die Mighty Oaks live erlebt, fängt unweigerlich an zu träumen. Und im Traum ist ja bekanntlich nichts unmöglich.