Eine Hölderlin-Skulptur im baden-württembergischen Nürtingen. Foto: Marijan Murat/dpa Foto: DPA - Marijan Murat/dpa

Im 250. Geburtsjahr des Dichters Friedrich Hölderlin planen die Hölderlinstädte von Lauffen über Nürtingen bis Tübingen ein vielfältiges Programm. Natürlich ist auch das Marbacher Literaturmuseum mit von der Partie, wo zum Auftakt des Jubeljahrs eine Ausstellung eröffnet wurde.

MarbachSprachen neu zu erlernen, ist ein mühsames Geschäft. Einerseits. Andererseits eröffnet das Erlernen neuer Sprachen Welten und löst Glücksgefühle aus. Wer nach diesen sucht, erhält mit dem Programm zum 250. Geburtsjahr des Dichters Friedrich Hölderlins einen ganz besonderen Sprachkurs. In über 650 Veranstaltungen können Anfänger wie Muttersprachler ihre Kenntnisse in „Hölderlinisch“ vertiefen.

Diese „dem Deutschen verwandte Sprache“ – so der Dichter Oskar Pastior – reißt die Grenzen der Verständlichkeit regelmäßig nieder. Die Ausstellung „Hölderlin, Celan und die Sprachen der Poesie“ im Marbacher Literaturmuseum sieht einen unbefangenen Zugang vor: Spielerisch soll Hölderlins Poesie hier erfahrbar werden. Zum Beispiel an einer Eyetracking-Station: Dort wird registriert, ob ein Gedicht tatsächlich immer von oben nach unten gelesen wird. Wie uns Hölderlins Gedichte emotional bewegen, lässt sich am Hautwiderstand messen. Überhaupt liegt ein Schwerpunkt der Ausstellung auf einer betont empirischen und damit auch sinnlichen Annäherung.

Ebenso wie bei Hölderlin, der nicht nur mit Sprache, sondern auch mit Schrift experimentierte (einmal ritzte er sogar seine Worte kaum erkenntlich ohne Tinte ins Papier), tauchen auch in der Marbacher Schau ungewöhnliche Umsetzungen seiner Texte auf. Lochkarten visualisieren das Gedicht „Hälfte des Lebens“ in Computersprache, Oszillogramme des gesprochenen Textes veranschaulichen den Sprachrhythmus, in einer Beatbox wird das Gedicht zum Klingen gebracht.

Sprachreise durch das ganze Land

Besucher, deren Forschergeist nun erwacht ist, dürfen sich aufmachen auf eine vielversprechende Sprachreise ins ganze Land. Ein Halt am neu gestalteten Hölderlinturm in Tübingen sollte dabei auf keinen Fall fehlen. Denn möglicherweise kommt man Hölderlin hier, wo er die lange zweite Hälfte seines Lebens im Wahnsinn verbrachte, am nächsten: beim Spiel mit seinen Versen, mit Silben und Worten im Sprachlabor oder durch Bewegung auf der „Gedichtlaufstrecke“ im Garten. Ein ebenso lohnender Zwischenstopp dürfte das Geburtshaus des Dichters in Lauffen am Neckar sein. Am 20. März, dem 250. Geburtstag Hölderlins, wird die dortige Ausstellung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet.

Nürtingen, wo Hölderlin ab seinem vierten Lebensjahr aufwuchs und das er als seine eigentliche Heimatstadt ansah, ist mit rund 50 Veranstaltungen dabei: Zum Auftakt am 6. Februar liest Rüdiger Safranski aus seiner neuen Hölderlin-Biografie. Eine Woche später zeigt die Wanderausstellung der Fotojournalistin Barbara Klemm Schauplätze aus Hölderlins Werken und Landschaften, die ihn geprägt haben (13. Februar bis 20. März). Der Kabarettist Harald Schmidt liest am 24. Oktober Texte des Dichters.

Die Jubiläumsangebote im Land sind nicht nur zahlreich, sondern auch vielgestaltig. Neben klassischen Lesungen stehen Theateraufführungen, Vorträge, Workshops („Hölderlin in Gebärdensprache“), Begegnungen und Konzerte auf den zahlreichen Programmen. Außerdem gibt es Podcasts, Poetry-Slams und das Rock-Musical „Hölder“ über die legendäre, wenn auch recht unfreie WG von Hölderlin, Hegel und Schelling im Tübinger Stift.

Von der „Freiheit, aufzubrechen, wohin er will“ schreibt Hölderlin im Gedicht „Lebenslauf“. Mit seiner kraftvollen poetischen Sprache ist er von Württemberg aus aufgebrochen. Als einer der berühmtesten deutschen Dichter fasziniert er heute Literaturfreunde in aller Welt. Hölderlinisch ist eine Weltsprache.

www.hoelderlin2020.de