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Der Südtiroler Herbert Pixner interpretiert Volksmusik – Jetzt kommt er zu „Sound of Heimat“ ins Theaterhaus.

StuttgartOft schon wurde sie wiedergeboren, die Volksmusik, in lauten, bunten oder schrullig schrägen Varianten, ein Liedgut, eine Tradition, die umher geistert zwischen Vollrausch, Kleinkunst und Identitätsbegehren. Der Südtiroler Herbert Pixner hat einen ganz eigenen, oft auch eigenwilligen, stillen Weg gefunden, sich ihr zu nähern: Mit seinem Herbert-Pixner-Projekt spielt er eine instrumentale Weltmusik auf volkstümlichen Instrumenten und begeistert damit ein immer größeres Publikum. Auf seinem jüngsten Album „Lost Elysion“ lässt er zum ersten Mal die elektrische Gitarre zu, folgt ihr mit der steirischen Handharmonika in manchmal fast schon psychedelische Gefilde – das Klangbild Südtirols in kammermusikalischer Aufstellung eignet sich Stile aus aller Welt an; die Handharmonika spielt Latin, Jazz, Klezmer und Gypsy-Swing.

Vier Mal schon erlebte es das Publikum im Stuttgarter Theaterhaus: das Herbert Pixner Projekt benötigt nicht viel Bühnenraum; nur vier Musiker sind da, vier Stühle, auf denen sie sitzen, spielen. Herbert Pixner wiegt die steirische Handharmonika, mal ruhig, mal hart im Rhythmus, spielt auch Flügelhorn, Trompete, Saxofon, Klarinette; Pixners Schwester Heidi Pixner schlägt die Harfe, auch sie ein wichtiges Instrument der südtiroler Volksmusik; Manuel Randl spielt die Gitarren, Werner Unterlercher den Kontrabass.

Mix aus altem und neuem Material

Dass Pixner nun seinen Ansatz ausweitet, geht vor allem auf Randl zurück. „Der Manuel“, sagt er, „kommt ja eigentlich vom Metal her. Er beherrscht die E-Gitarre meisterhaft; für mich ergab das ein ganz neues Bild. Eine E-Gitarre muss nicht laut und verzerrt gespielt werden, sie hat ja sehr viele Facetten. Auf unserem neuen Album setzen wir sie gezielt ein und haben deshalb auf akustische Gitarren verzichtet. Im Konzert werden wir freilich einen Mix aus beidem spielen, aus dem alten und dem neuen Material.“

Einen Abschied von der Volksmusik stellt dieses Album – „Lost Elysion“ ist sein Titel, „Electrifying!“ heißt die Tour dazu – für Herbert Pixner nicht dar. „Eigentlich“, sagt er, „haben wir ja noch nie richtige Volksmusik gespielt.“ Wer seinen älteren Aufnahmen lauscht, der entdeckt in ihnen aber doch immer wieder den Schwung der Polka, die ruhigen Täler, durch die die Handharmonika beschauliche Melodien zieht. Sie weichen nun elektrischen Gebirgszügen, und Pixners Musik ruft Vergleiche mit progressiven Rock-Größen wie Pink Floyd auf den Plan.

An Filmmusik, vielleicht gerade für einen der neueren Heimatfilme, lassen Herbert Pixners fein gezupfte und gewebte Epen oft denken. Filmmusik jedoch komponierte der 43-jährige bislang noch nie, obwohl er diese Ambition durchaus verspürt – alle Angebote, die er bislang erhielt, waren verbunden mit einem Termindruck, dem er sich nicht aussetzen wollte. Herbert Pixner schätzt die Ruhe, das schwingt in seiner Musik auch dann noch mit, wenn sie sich elektrifiziert.

Früh schon entschied sich der Südtiroler für die steirische Handharmonika, ein diatonisches Instrument, dessen Klangraum sich auf sechs Tonarten beschränkt. „Für uns“, sagt er, „besteht die Herausforderung darin, damit auszukommen, mit der Handharmonika, der Harfe, der Gitarre und dem Bass neue Klangbilder entstehen zu lassen. Das war nie forciert geplant, wir haben uns niemals gesagt: Wir müssen jetzt unbedingt etwas anderes machen als die anderen.“

Einfach so ergeben hat sich in Herbert Pixners Leben so manches. Um die Jahrtausendwende noch schien er mit seiner Musik weit vom Erfolg entfernt zu sein. Er arbeitete als Musiklehrer, zog als Barmusiker in die USA, nach Vail, das Skiressort in Colorado, spielte seine Harmonika dort für die Touristen. Dass der Brotjob ihm die Möglichkeit bot, täglich auf die Skipiste zu ziehen, war Pixner aber doch sehr recht. Noch bis 2010 zog er immer wieder auf die Alm, um dort als Hirte zu arbeiten: „Ich brauchte das Geld, ich musste mein Studium finanzieren.“

Mit elf Jahren begann er, die Klarinette zu erlernen; der Traum des jungen Musikers war es, einst Schlagzeuger zu werden. Heute leitet er eine Band, die ohne ein solches Instrument auskommt, die ihr Tempo, ihren Groove von der Gitarre und der Harfe bezieht. „Wir bekommen in dieser Besetzung einen besseren Druck hin als manch eine Rockband“, so Pixner selbstbewusst. Dass nun eine elektrische Gitarre zu dieser Besetzung stieß, bringt es mit sich, dass das Herbert Pixner Projekt erstmals mit Ton- und Lichttechnik auf Tournee geht. Der größere technische Aufwand, den er nun betreibt, ist auch dem größeren Erfolg geschuldet. Pixner spielte seine Musik jüngst in der Elbphilharmonie, die Säle, in denen er auftritt, werden größer und größer.

Mehr als zehn Jahre nach der Bandgründung scheint er einen Gipfel des Erfolgs erklommen zu haben. Von der Volksmusik der Hitparaden will er nichts wissen. „Da stehen am Samstagabend Leute in Pseudodirndln und Plastiklederhosen vor der Kamera und singen in einem abgewandelten Dialekt“, sagt er verärgert – aber den jungen Menschen, die der volkstümlichen Musik ernsthaft nachspüren, sich in ihre Überlieferungen vertiefen, fühlt er sich verwandt, und auch für Hubert von Goisern, einen anderen mit steirischer Harmonika, hegt er Sympathien.

Vorbilder für seine Musik nennt Herbert Pixner ungern – tut er es doch, dann überrascht er: Django Reinhardt tritt da auf neben Slavko Avsenik, Duke Ellington, Led Zeppelin, Mozart und Karl-Heinz Stockhausen. Und dass eine Band einen Sänger, eine Sängerin benötigt, dass instrumentale Musik sich nicht verkauft, hält Herbert Pixner für ein Gerücht: „Wir haben letztes Jahr 100 000 Tickets abgesetzt“, sagt er. „So schwierig ist das gar nicht. Man muss nur gute Musik machen.“

An diesem Donnerstag um 20 Uhr tritt im Saal T2 des Stuttgarter Theaterhauses zur Eröffnung des Festivals Leo Meixners Cubavaria auf. Am Freitag gibt es Unterbiberger Hofmusik mit Matthias Schriefl und Bekir Cetinkaya sowie Loisach Marci , am Samstag kommen Franui sowie die Bands Jütz und Federspiel. Der Auftritt des Herbert Pixner Projekts am Sonntagabend in Saal T1 ist bereits ausverkauft.

Infos: www.theaterhaus.com