Ernst Barlach: stürzende Frau. Foto: Barlach-Haus - Barlach-Haus

An diesem Sonntag endet in der Ruoff-Stiftung in Nürtingen die Schau zum Werk von Ernst Barlach

NürtingenSchnelle Striche zeichnen eine Frauenfigur. Sie wankt, stürzt vielleicht. Eine flüchtige Szene, notiert von Ernst Barlach. „Existenz Mensch“ heißt eine Schau in den Räumen der Fritz-und-Hildegard-Ruoff-Stiftung in Nürtingen (Schellingstraße 12). Eine Kooperation mit dem Ernst-Barlach-Haus in Hamburg ermöglicht die Ausstellung, und der Barlach-Haus-Direktor Karsten Müller gab bei der Eröffnung Fingerzeige für die Bedeutung des Projektes: „Kunst, die mich angeht – so charakterisierte unser Museumsstifter Hermann Reemtsma 1948 die Werke Ernst Barlachs. Als der bekannte Hamburger Zigarettenfabrikant den Bildhauer im Sommer 1934 erstmals in Güstrow besuchte, war er tief beeindruckt von dessen Persönlichkeit und Kunst. ‚Alles, was daraus folgte‘, so erläuterte Reemtsma weiter, ,war innere Verpflichtung und hat nichts mit Mäzenatentum zu tun.‘“

Im allgemeinen Bewusstsein zählt Barlach – vor allem als Bildhauer – noch immer zu den bekanntesten deutschen Künstlerpersönlichkeiten. Karsten Müller jedoch schränkt ein: „Heute, ein gutes Jahr vor seinem 150. Geburtstag am 2. Januar 2020, ist es um Ernst Barlach recht still geworden.“ Und weiter: „Barlachs Œuvre scheint aus dem Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit gerutscht, umso mehr, als es alles verweigert, was attraktive Bildwelten heutzutage auszeichnen sollte: Farbkraft, Lautstärke, Frische, Glätte. Es scheint also durchaus fraglich, ob Barlachs Kunst uns wirklich noch etwas angehen kann.“

Gerade deshalb – „ja, Barlach geht uns etwas an!“ – möchte man mit Karsten Müller antworten. Und Barlach selbst gibt in seinen Tagebuchaufzeichnungen (1928 unter dem Titel „Ein selbsterzähltes Leben“ veröffentlicht) weitere Impulse.

„Wie mag es nun damit stehen“, schreibt Barlach Mitte März 1913, „dass ich die Welt, die Menschen, besonders die Menschen, recht eigentlich anfange von hinten zu sehen, dass ich Linien, in denen sich die Menschen hauptsächlich darstellen, als ihr Eigentliches, Wesentliches empfinde?“ Barlach will „erkennen, was da verborgen steckt in einem Menschen, dessen Ganzes in zwei oder drei Tönen klingt“. Und er fragt: „Ist das noch Bestialiät oder schon Mystik?“ Dies ist vor allem ein Grund, in Nürtingen den in Dialog zu Arbeiten von Fritz Ruoff gebrachten Werken aus dem Barlach-Haus in Hamburg zu begegnen.

Ernst Barlach in der Ruoff-Stiftung in Nürtingen, Schellingstraße 12, Sonntag 14 bis 18 Uhr.