Das Gaunerbanker-Paar macht heuchlerische Miene zum mörderischen Geschäftsmodell: Gesine Hannemann als Ottilie und Reinhold Ohngemach als Frank der Fünfte. Im Foto: Patrick Pfeiffer - Patrick Pfeiffer

Eine Privatbank, die sich nur noch mit kriminellen Machenschaften über die Runden rettet: Frank der Fünfte, Bankchef und Oberhaupt der Familiendynastie, plant den finalen Coup – einen betrügerischen Bankrott. Aber die Rechnung geht nicht auf. Markus Bartl inszeniert Dürrenmatts antikapitalistische Komödie an der Esslinger Landesbühne. An diesem Samstag ist Premiere.

Esslingen Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“, heißt es in Brechts „Dreigroschenoper“. Friedrich Dürrenmatt setzt in seiner Komödie „Frank der Fünfte“ noch einen drauf nach der Devise: Was ist die Gründung einer Bank gegen den Bankrott einer Bank? Die Geschäfte jedenfalls laufen nicht mehr so doll in der einst die Finanzmärkte beherrschen Privatbank, die in einer Erbdynastie mittlerweile vom Titelhelden zusammen mit seiner Gemahlin Ottilie geführt wird. Eher schlecht als rechtens quält sich das Geldinstitut mit einer etwas verschärften Marktstrategie über die Runden. Da werden keine Konten liquidiert, sondern Kunden. Da gehört Versicherungsbetrug ebenso zum Portfolio wie Immobilienschwindel. Aber es sind halt die Gaunermethoden von gestern, ahnt der Bankier, der sich mit seiner Ottilie hinter der Fassade großbürgerlichen Anstands tarnt. Bleibt also nur der Bankrott in großem Stil – und sich dann mit dem beiseite geschafften Kapital aus dem Staub machen. Deshalb wird gleich zu Beginn die Beisetzung Franks des Fünften vorgetäuscht. Nützt aber nichts: Der Staat schreitet zur Bankenrettung, und der eigene Nachwuchs, den man fern aller kriminellen Machenschaften in sittlich geordneten Verhältnissen wähnte, zeigt den Alten, wo der wahre Gangsterhammer hängt.

Starker Tobak

Starker Tobak also, diese antikapitalistische „Komödie einer Privatbank“ (so der originale Untertitel). Die Uraufführung 1959 in Zürich war ein Misserfolg. Die 1963 in Bochum geplante Inszenierung der zweiten Fassung führte zum Streit zwischen Autor und Intendant, die Aufführung kam nicht zustande. Bis heute ist „Frank der Fünfte“ selbst unter Theaterkennern wenig bekannt. Der Regisseur Markus Bartl, dessen Inszenierung an diesem Samstag an der Esslinger Landesbühne (WLB) Premiere hat, kannte den Text auch nicht – bis ihn der WLB-Intendant und findige Stücke-Ausgräber Friedrich Schirmer darauf hinwies.

Sofern das Stück überhaupt zur Kenntnis genommen wurde, zog man Parallelen zur „Dreigroschenoper“ – was Dürrenmatt gar nicht passte, aber vom Inhalt und der Form her naheliegt. Auch „Frank der Fünfte“ ist ein Schauspiel mit Songs, vertont von „O mein Papa“-Komponist Paul Burkhard. Oliver Krämer hat sie arrangiert und leitet im Esslinger Schauspielhaus nicht nur die in Philipp Kiefers Bühnenbild platzierte Band, sondern spielt auch mit (als Kellner Guillaume). Indes hat die Musik hier tatsächlich eine andere Funktion als in der „Dreigroschenoper“, erklärt Bartl: „Dürrenmatt hat darauf hingewiesen, dass bei Brecht die Wahrheit gesungen wird. In ,Frank der Fünfte’ singen die Figuren, wenn sie lügen.“

Bartl will dem Stück die vom Autor beabsichtigte Dimension einer Shakespeare’schen Vernichtungsorgie belassen und zugleich „den harten Kern der Farce“, deren „Abrechnung mit dem Kapitalismus“ freilegen. Gestrichen hat er „die umschweifigen erzählerischen Passagen im Stil des 50er-Jahre-Theaters“ – ähnlich wie in seiner präzis zuspitzenden Esslinger Inszenierung von Ionescos „Nashörnern“.

Inspirieren ließen sich Bartl und Bühnenbildner Kiefer von den Gemälden, die Dürrenmatt selbst – auch ein begabter Maler – zu seinem Stück schuf. „Das sind große, opulente Tableaus“, schwärmt Bartl – für ein Stück allerdings, „das so wenig psychologisch daherkommt wie Ionesco“, ergänzt Kiefer. Es ist dies ein dramaturgischer Grundzug dieses Stücks, der die Nähe zum absurden Theater unterstreicht – freilich mit einer eindeutigen, aut die reale kapitalistische Welt zielenden Stoßrichtung. Bartl beschreibt es so: „Die Konflikte werden nicht im eigentlichen Sinn psychologisch motiviert, aber stets auf die denkbar zynischste Art gelöst.“

Für solche Darstellungszwecke hat Kiefer eine „schnelle“, also wandlungsfähige Bühne entworfen: „Die Schauspieler tragen mit ihren Auftritten ihre Räume quasi mit sich herein“, sagt der Bühnen- und Kostümbildner. Gespielt werde in einem „Als-ob-Modus“, so Bartl – beinahe wie auf einer dekorations- und kulissenlosen Shakespeare-Bühne, wo die Worte Räume schaffen. Für die Schlussszene aber, den Tresorraum im Bankkeller, habe er ein „klares Bild“ gefunden, sagt Kiefer – mehr will er dazu nicht verraten. Nur soviel: „Die Talfahrt der Figuren endet dort, wo sie hingehören.“

Die Premiere beginnt an diesem Samstag, 30. November, um 19.30 Uhr im Esslinger Schauspielhaus. Weitere Vorstellungen folgen am 11. und 20. Dezember, 9., 12. und 17. Januar, 21. und 29. Februar, 3. März und 9. Mai.