Fräulein Wommy Wonder (links) und Elfriede Schäufele sind Michael Panzers Kunstfiguren. Viele der schrillen Kostüme schneidert der Travestiekünstler aus Ostfildern selbst. Foto: Gero/oh - Gero/oh

Wommy Wonder und Elfriede Schäufele könnten unterschiedlicher nicht sein. Der Travestiekünstler Michael Panzer inszeniert die Konkurrenz der Kunstfiguren lustvoll auf der Bühne. Im Interview plaudern die zwei über ihre Leidenschaften.

OstfildernSie könnten unterschiedlicher nicht sein: Michael Panzers Kunstfiguren Wommy Wonder und Elfriede Schäufele. Die hintersinnige Diva und die schwäbische Putzfrau verkörpern zwei Pole der Travestie. Im Interview tragen die zwei, die sich beide eine große Fangemeinde erobert haben, ihre Konkurrenzkämpfe aus. Auf der Bühne sind die zwei stets separat zu erleben – Panzer schlüpft in beide Rollen. Ab 1. August gibt es die streitbaren Damen live im Stuttgarter Theater der Altstadt. „Reizend!“ heißt die Show zum Jubiläum – 35 Jahre Wommy auf der Bühne.

Obwohl Frl. Wommy Wonder die Jüngere ist, war sie zuerst da. Wie kamen Sie denn mit der Konkurrenz mit dem Putzeimer auf der Bühne zurecht, Wommy?
Wommy: Konkurrenz? Ich sehe in dieser schwäbischen Schwertgosch‘ keine Konkurrenz, mein Humor ist filigraner und feiner als ihr grobschlächtiger Brachialwitz, aber während das Publikum bei mir respektvoll Abstand hält, sucht es bei der Schäufele die Nähe. Es sei ihr gegönnt – und solange sie bei mir in der Garderobe putzt, ist sie mir willkommen.

Wer die elegantere von Euch beiden ist, steht außer Frage, Elfriede Schäufele. Doch man hört, dass Wommy manchmal Outfit-Tipps gibt. Aus New York hat sie Ihnen sogar coole Sonnenbrillen mitgebracht. Nimmt eine so erfahrene Frau die guten Ratschläge denn auch an?
Elfriede: Die Wonder wird sich hüten, mir Ratschläge in puncto Optik zu geben, sonst schlage ich zurück, und dann sieht sie älter aus als sie je werden kann. Nix geht über die zeitlose Eleganz einer schwäbischen Schaffschürze, außerdem ist sie atmungsaktiv, bügelfrei, bei 30 Grad waschbar und zwängt den Körper nicht in Maße, die die Natur für ihn nicht vorgesehen hat. Daran sollte sich die Wonder ein Beispiel nehmen. Ja, es stimmt, sie hat mir aus New York drei Sonnenbrillen mitgebracht, aber sie hat vergessen, das Preisschild abzuknibbeln. Sie hat pro Stück drei Dollar gezahlt. Ich bin ihr also neun Dollar wert. Da bringt es auch nix, wenn man das alles in Gucchi-Plastiktütchen packt, die Wahrheit kommt immer raus.

A propos New York: Sie waren nicht nur im Urlaub da, Fräulein Wommy, sondern sind bei einem Fest aufgetreten. Wie kam dieser Job denn zustande?
Wommy: Das war skurril; nachdem ich 20 Jahre lang keinen Urlaub hatte, wollte ich mir dieses Jahr was gönnen, bevor die Jubiläums-Tour losgeht. Ich hatte schon fünf Tage New York gebucht, als ich einem langjährigen Freund zum Geburtstag gratuliert habe; er wohnt mittlerweile in New York und meinte, „wir feiern dieses Mal groß, schade, dass Du nicht hier bist, ich hätte Dich sonst gebucht“. War wohl nur so dahingesagt, aber da ich ja schon mal dort war, kam er nicht mehr raus. War dann ziemlich witzig: ein Block auf Deutsch für die deutschen Gäste, ein Block auf Englisch für die New Yorker. Hätte nicht gedacht, dass da beides funktioniert.

Besonders begeistert hat Sie das Musical „King Kong“ auf dem Broadway, da waren Sie sogar zwei Mal drin. Was war da so besonders?
Wommy: Es war schlicht überwältigend: schöne Lieder, tolle Choreografien, atemberaubende Tricktechnik und grandioses Puppenspiel, das war Musical in einer modernen Art, wie ich sie noch kaum gesehen habe. Leider waren die Kritiken nur mau, im August wird es abgesetzt, es soll aber Gerüchten zufolge nach London kommen, von da wäre es ja nicht weit bis zu uns. Ich hoffe mal drauf, es würde hier einschlagen!

Wommy, Ihre Programme sind mit den Jahren immer nachdenklicher, oft philosophisch tief geworden. Schlägt da das Studium der Germanistik und der katholischen Theologie durch?
Wommy: Das hat schon immer durchgeschlagen, aber ich habe immer versucht, eine gute Balance aus Anspruch und gutem Humor zu wahren, und da wird man im Alter halt reifer und erfahrener; bei mir kann man nach wie vor viel lachen und dennoch zwischen den Zeilen was für den Alltag mitnehmen; ich lege Wert darauf, Unterhaltung mit Haltung zu zelebrieren für Herz, Hirn und Zwerchfell, dann fühle ich mich wohl und habe das Gefühl, mich ein wenig vom Comedy-Einheitsbrei abzuheben und einen Mix zu präsentieren, den man andernorts so nicht findet.

Was war denn Euer peinlichstes Bühnenerlebnis?
Wommy: Ich hatte schon eine Handvoll Erlebnisse, von denen ich hinterher gedacht habe: „wow, hätte anders laufen können“, aber die ignoriere ich so, dass ich sie kurz darauf auch vergesse. Elfriede: Mir ist nix peinlich!

Elfriede Schäufele, Ihre Begeisterung für Gotthilf Fischer und seine Chöre ist allen Fans bekannt. Was gefällt Ihnen so am Meister?
Elfriede: Er ist eine lebende Legende, er liebt mich, ich liebe ihn, er kümmert sich auch nach den Konzerten um unser Wohl und ist durch und durch stimmig. Was könnte man sich mehr wünschen? Der Gotthilf ist Kult, und ich bin seine Erste Vorsängerin, das passt!

Fans der schwäbischen Schwertgosch Schäufele lieben besonders ihre Hausschuhe, die in jedem Programm wieder neu sind. Welcher Designer kreiert denn diese Schmuckstücke?
Wommy: Für Elfriede ist Etikette oft nur das, was am T-Shirt dranhängt und Stil nur das hintere Ende vom Besen, deshalb geb ich ihr gerne ab und an Tipps ... Elfriede: ... die ich aber nicht umsetze, ich will ja nicht aussehen wie die Wonder, ich habe meinen eigenen Geschmack und skizziere das dann vor, was letzten Endes Schwester Bärbel (ja, die kultige bissfeste exhumierte Krankenschwester auf 1-Euro-Basis) umsetzt.

Wommy ist ohne Elfriede kaum vorstellbar – und doch seid Ihr zwei als Kunstfiguren völlig verschieden. Wommys oft vergnügliche, immer öfter nachdenkliche Wort- und Gesangskunst und die schräge Mundart der Elfriede S. – wie geht das eigentlich zusammen?
Wommy: Das geht kaum zusammen, das existiert parallel. Elfriede: Da hat die Wonder ausnahmsweise recht.

Ein Blick in die Zukunft Eurer Bühnenprogramme: Wollt Ihr zwei mal wieder solo auftreten, oder sind Wommy und Elfriede unzertrennlich?
Wommy: Ich bin sehr für Gegensätze: Abende nur mit Comedy sind langweilig, da fehlen dann Besinnlichkeit und Tiefgang, damit alles rund wird. Yin und Yang halt. Insofern bin ich altruistisch-großzügig genug, Elfriede Schäufele als Gegenpol zu mir ihren Raum zu lassen. Elfriede: Seien wir ehrlich: abendfüllend kommt die Alte ohne mich nicht klar, das große Pensum schafft sie nicht mehr solo, das packt die in ihrem Alter nicht mehr, da springe ich dann gerne ein. Parallel arbeite ich aber grad an einem abendfüllenden Elfriede-Solo. Das darf die Wommy aber noch nicht wissen, sonst wäre sie wohl sauer. Zumindest zu Beginn. Dann würde sie mich unterstützen. Ich glaube aber nicht, dass sie bei meinem Solo mal in der ersten Reihe sitzen würde.

Die Fragen stellte Elisabeth Maier.

Persönlich

Biografisches: Der Travestiekünstler Michael Panzer wurde am 8. November 1967 in Riedlingen an der Donau geboren. Er studierte katholische Theologie und Germanistik mit Schwerpunkt auf alten Sprachen. Da machte er das Staatsexamen, hat den Lehrerberuf aber nicht ausgeübt. Seit 1984 steht er als Fräulein Wommy Wonder auf der Bühne – seit 1991 auch mit abendfüllenden Programmen. Seinen ersten großen Abend zeigte er im Theater Lindenhof in Melchingen. Der war so erfolgreich, dass regional und überregional weitere Auftritte folgten. 1998 kam die erste Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Friedrichsbau-Varieté. Da führte Wommy mit und in Vertretung von Alice und Ellen Kessler bei „1+1=1“ durch das Programm. Parallel entstand die erste Live-CD. Der Bleicher-Verlag Stuttgart veröffentlichte mit „ … so als Mensch!“ das erste Buch; dann folgte 2006 mit „Das jüngste Gerücht“ der zweite Titel.

Die neue Sommershow: „Reizend! (Ups... schon 35?) hat am Donnerstag, 1. August, im Theater der Altstadt in Stuttgart, Rotebühlstraße 89, Premiere. Bis Sonntag, 15. September, ist das Programm zu sehen. Die genauen Zeiten sind im Internet zu finden unter www.wommy.de