Zu lachen gibt es wenig: Kathrin Hildebrand, Wilhelm Schneck und Michael Gaedt (von links). Foto: Alex Wunsch Quelle: Unbekannt

Von Verena Großkreutz

Stuttgart - Wer das Thema Grabsteinsprüche googelt, trifft schnell auf Seiten mit den lustigsten. Da kann man lesen: „Hier ruhen meine Gebeine, ich wollt’, es wären Deine!“, „ICH hatte die Vorfahrt!“ oder: „Er war in seinem Leben ein guter Schwanz, betet für ihn einen Rosenkranz“. In solch respektlosem Witzeln zeigt sich, dass Angehörige angesichts des Todes ihrer Lieben oft im Zwiespalt stehen zwischen Würde-Zwang und dem Bedürfnis, der furchtbaren Realität und ihrer gnadenlosen Erinnerung an die Endlichkeit des Menschen mit Galgen-Humor zu begegnen. Tote können sich nicht wehren, und wer zuletzt lacht, lacht ohnehin am besten. Idealer Stoff für den schwarzen Humor, und als Spezialisten für selbigen gibt es glänzende britische Filmkomödien zu diesem Thema: „Sterben für Anfänger“ oder „Ein todsicheres Geschäft“. Die Messlatte liegt hoch, wenn man das älteste Gewerbe der Welt auf die Schippe nehmen will.

Die formidable Stuttgarter Theatertruppe Lokstoff ! - bekannt für ihre Inszenierungen in öffentlichen Räumen - hat sich daran gewagt: mit der Komödie „Die Bestatter“, die jetzt im kleinen Saal des Stuttgarter Theaterhauses uraufgeführt wurde. Geschrieben haben es die drei Darsteller selbst: Kathrin Hildebrand und Wilhelm Schneck von Lokstoff. Wohl als Publikumsmagneten haben sie Michael Gaedt - von der Comedytruppe „Die kleine Tierschau“ und Darsteller des Schrotti in der TV-Serie „Soko Stuttgart“ - mit an Bord geholt. Regie führte Christian Müller.

Ausgangssituation: Zwei Bestatter und eine Bestatterin treffen im Vorraum einer Aussegnungshalle aufeinander und warten auf die Übernahme einer Urne. Drinnen läuft eine Trauerfeier ab, man hört immer wieder salbungsvolle Worte des Trauerredners und Ave-Maria-Orgelklänge aus dem Off. Vorne wird gewitzelt und gequatscht rund ums Thema Tod und Bestattung. Anwesende: der bodenständige, traditionsbewusste Herr Finke von den „Finke-Bestattungen. Ihre Trauer in unseren Händen. Seit fünf Generationen“, die ehrgeizige, trendbewusste Workaholicerin Röderer vom „Bestattungsinstitut Röderer - Wir freuen uns auf Sie!“ und Herr Maier als Neuer im Gewerbe, der sich auf Online-Bestattungen spezialisiert hat - was hier unwitzigerweise nur die Buchungsform betrifft.

Was Bestatter so alles erleben: Geht der Sarg einer Dame am Frankfurter Flughafen verloren und taucht erst nach zwei Tagen wieder auf. Die Angehörigen lachen: „Die kam ja schon im Leben immer zu spät.“ Aber solche Pointen bleiben Raritäten an diesem Abend (dabei hätte wohl jeder echte Bestatter skurrile Geschichten noch und nöcher liefern können). Stattdessen wird eine unentschlossene Mischung aus Quatsch und Ernst präsentiert, was zuweilen recht peinlich wird: Etwa, wenn sich die drei minutenlang über den im Hintergrund agierenden Trauerredner und seine „Worthülsen“ echauffieren. Frau Rödinger: „Wie die Politiker!“ Gähn!

Immer wieder vermeintlich tiefgängige Reflektionen über den Tod: Etwa wenn Michael Gaedt - in Cowboyoutfit aus braunem Satin-Anzug und Strohwesternhut - minuziös den Verfall des Menschen von den ersten Alterszipperlein bis zum letzten Atemzug schildert. Leider sehr vernuschelt und mit starrer Mimik. Während die beiden anderen ihn mit geschlossenen Augen flankieren, was bald so wirkt, als seien sie ob der monotonen Stimme Gaedts eingeschlafen.

Themen werden wie nach Sammelliste abgefrühstückt: von der Friedhofshitparade („Wir sind nur Gast auf Erden“, „Atemlos durch die Nacht“) über 0815-Nahtoderfahrungen bis zur Schweizer Diamantbestattung, bei der die Toten-Asche zu Diamanten gepresst wird als „einzigartiges Erinnerungsstück“. Herr Finke berichtet von einem Autounfall, bei dem er selbst die Leichenteile zusammensuchen musste. Frau Rödinger kriegt Heulkrämpfe, wenn sie vom Unfalltod eines Kindes berichtet.

Leider versucht man sich auch im dreistimmigen Gesang und massakriert Schuberts „Winterreise“-Lieder „Am Brunnen vor dem Tore“, „Auf einen Totenacker“, „Wie eine trübe Wolke“. Grauslich! Am Ende steht der Streit um die Urne und die Versöhnung danach. Man erweist dem Toten Herrn Haupt noch einmal eine letzte Ehre, weil seine Trauerfeier ohne Angehörige auskommen musste. Der Schlusseffekt, seine Seele als graziles, leuchtendes Flugzeugmodell in die Höhe kreisen zu lassen, ist wirkungsvoll, wird aber gleich wieder verschenkt, weil man das Fliegerchen wieder sicher auf dem Boden landen lässt.

Am Ende weiß man zwar, dass die billigste Beerdigung 3500 Euro kostet, dass das Gewerbe hart umkämpft ist. Aber zu lachen gibt es wenig, und selbiges bleibt einem auch nie im Halse stecken. Leider! Deshalb nur freundlicher Applaus.

Weitere Vorstellungen: Samstag, 16. September, 20 Uhr; Freitag, 13. Oktober, 20.15 Uhr; Samstag, 14. Oktober, 20.30 Uhr; Donnerstag, 7. Dezember, 20.15 Uhr; jeweils im T3 des Stuttgarter Theaterhauses.