„Die Raupe“ aus der „Alice“-Inszenierung des Metropoltheaters. Foto: Jean-Marc Turmes - Jean-Marc Turmes

Dass Lewis Carroll für kleine Mädchen schwärmte, bringen Robert Wilson, Tom Waits und Kathleen Brennan im Musical „Alice“ in starken Traumbildern auf die Bühne. Jetzt ist die Produktion in der Filharmonie zu sehen.

FilderstadtBizarre Kinderfantasien hat der englische Autor Lewis Carroll in seinen Kinderbüchern „Alice im Wunderland“ und „Alice hinter den Spiegeln“ verarbeitet. Der Mathematiker und Theologe, der eigentlich Charles L. Dodgson hieß, schwärmte für Alice Liddell, die Tochter seines damaligen Dekans. Robert Wilson, der amerikanische Vordenker des Theaters der Bilder, hat mit dem Musiker Tom Waits und mit Kathleen Brennan eine Oper geschrieben. Am Freitag, 7. Februar, ist das Musiktheater in der Inszenierung des jungen Regisseurs Philipp Moschitz am Metropoltheater in München als Gastspiel in der Filharmonie in Bernhausen zu sehen.

Wilson, Waits und Brennan haben in dem Musiktheater den Blick auf die pädophilen Neigungen Carrolls gelenkt, dessen „Alice“-Bücher Generationen von Kindern bis heute in den Bann ziehen. „Unser Anliegen ist es, die Vielschichtigkeit dieses Charles L. Dodgson zu zeigen“, umschreibt Moschitz sein Regiekonzept. Die sexuellen Fantasien des Dichters sind für den 34-Jährigen jedoch nur ein Aspekt. Die Faszination von Carrolls Literatur, die Wilson in seinem Musiktheater widerspiegelt, reizt den Regisseur nicht minder.

Auf schrille Farben und bunte Kostüme habe er jedoch verzichtet, sagt Regisseur Moschitz. „Wir haben uns die Fotografien angeschaut, die Carroll von Alice Liddell gemacht hat.“ Diesen braunstichigen Ton hat er in seiner Inszenierung aufgegriffen.

Moschitz, der an der Theaterakademie August Everding in München Schauspiel studiert hat, kam erst später zur Regie. Inzwischen ist er da aber so erfolgreich, dass er zu „Radikal jung“, dem bedeutenden Festival junger Regie am Volkstheater München, eingeladen wurde. Seine Inszenierung von Eugène Labiches Komödie „Um die Wette“ aus dem jahr 1861 am Landestheater Niederösterreich überzeugte die Jury bei dem bedeutenden Wettbewerb deutschsprachiger Bühnen.

Junge Schauspieler ausbilden

Intendant des Metropoltheaters in München ist Jochen Schölch. Der Professor leitet auch den Schauspiel-Studiengang an der Bayerischen Theaterakademie, den Moschitz absolvierte. Seit seinem Abschluss 2008 war Moschitz in vielen Fernseh- und Theaterproduktionen zu sehen. Vor der Kamera stand er auch in Serien wie „In aller Freundschaft“ oder „Die Rosenheim-Cops“. An seiner ehemaligen Ausbildungsstätte ist Moschitz seit 2016 auch als Dozent tätig, bildet junge Schauspielerinnen und Schauspieler aus. Seine Leidenschaft für den Beruf weiterzugeben, ist eine Aufgabe, die dem kommunikativen Schauspieler große Freude macht.

„Jochen Schölch ist für mich ein Mentor“, sagt der junge Künstler, der an seiner Schauspielkarriere feilt, aber parallel dazu Regie führt. „88 Mal stand ich 2019 auf der Bühne, habe fünf Regiearbeiten gemacht“, beschreibt er sein atemberaubendes Programm. Er wolle weder aufs Spielen noch auf seine Inszenierungen verzichten. Derzeit steckt er in St. Pölten in den Endproben zu „Figaros Hochzeit (Aber nicht die Oper!“ nach Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo da Ponte. Nicht nur in Österreich, auch im Ensemble des Metropoltheaters fühlt sich Moschitz wohl – dort steht er Ende Februar wieder in Ulfs Schmidts Stück „Schuld und Schein. Ein Geldstück“ als Schauspieler auf der Bühne – Regie führt der Intendant Schölch.

Gespannt ist Moschitz nun, wie das Gastspiel seiner „Alice“ beim Publikum in Filderstadt ankommt. Im Zentrum der Bühnenhandlung steht ein großes, rostfarbenes Rad, auf dem sich die Akteure bewegen. „Die Produktion ist für Gastspiele gemacht, das Rad lässt sich für den Transport auseinandermontieren“, sagt Moschitz. Mit „Alice“ war die Bühne aus München-Freimann auch im Globe Theater in Schwäbisch Hall zu Gast. Der 34-jährige Künstler findet solche Gastspiele jenseits der großen Theaterzentren wichtig. Gerade da gelte es, das Publikum mit neuen ästhetischen Formen zu konfrontieren. Zugleich steht Moschitz für ein konsequentes Schauspielertheater, das den Blick auf die Kraft der Akteure lenkt.

Ergänzend zu den Gastspielen der Tourneetheater mit Fernsehstars möchte Alexander Frey, der seit 2018 das Kulturprogramm der Filharmonie verantwortet, neue Wege gehen. Er will das Publikum des Kulturhauses in Bernhausen mit ungewöhnlichen künstlerischen Formaten vertraut machen, „die zugleich unterhalten und Stoff zum Nachdenken bieten.“ Mit jungen, erfolgreichen Künstlern will Frey auch ein junges Publikum verstärkt für das Theater begeistern.

„Alice“ in der Inszenierung des Münchner Metropoltheaters ist am Freitag, 7. Februar, 20 Uhr, in der Filharmonie in Bernhausen zu sehen (Tübinger Straße 40). Karten kosten 29 Euro/25 Euro – junge Besucher zahlen 10 Euro. Karten gibt es auch im Internet.

www.filharmonie-finderstadt.de