Hip-Hop-Veteran in Stuttgart: der Rapper B-Real von Cypress Hill in der Porsche-Arena. Foto: Lichtgut/Julian Rettig - Lichtgut/Julian Rettig

Im Endeffekt standen B-Real und Sen Dog von Cypress Hill nur eine Stunde auf der Bühne in der Porsche-Arena. Dennoch zieht Jan Ulrich Welke die US-Hip-Hop-Veteranen den Auftritten deutscher Kollegen vor.

StuttgartBereits um kurz vor halb zehn betreten die beiden Rapper B-Real und Sen Dog die Bühne. Der knapp 50-Jährige und der Mittfünfziger heben den Altersdurchschnitt am Samstagabend in der Porsche-Arena durch ihre Präsenz beträchtlich, die Dekaden im Musikbusiness haben offenbar ihren Tribut bei den beiden Best Agern gefordert. Denn exakt eine Stunde drauf verlassen sie die Bühne schon wieder, um nur noch einmal zu einer kleinen Zugabe zurückzukehren.

Das Publikum in der ausverkauften Arena nimmt das jedoch klaglos hin, es raucht so fleißig wie seit vielen Jahren in dieser Halle nicht mehr gesehen und feiert die fetten Beats dieser doch schon legendär zu nennenden Formation. 2004 bei den Hip-Hop Open und 2002 im alten Messecongresscentrum waren sie zuletzt in Stuttgart, das ist lange her. Nennenswerte Stilwechsel haben Cypress Hill seither, wie überhaupt seit der Bandgründung 1988, allerdings nicht durchgemacht. Ihr letztes, jüngst erschienenes Album „Elephants on Acid“ reiht sich da nahtlos ein.

Geboten wird in der Porsche-Arena echter Old-School-Hip-Hop, dementsprechend bejubelt werden nicht so sehr die aktuellen Tracks, sondern gut abgehangene Klassiker wie die Debütsingle „How I Could Just Kill a Man“ und ihr größter Hit „Insane in the Brain“, die beide kurz vorm Ende des Auftritts kommen.

Auftakt mit einem Solo

Begonnen hat dieser mit einer unvermittelten, leicht irritierenden zehnminütigen Soloouvertüre des DJs Mix Master Mike, der hinter seinem Tisch Samples ablaufen lässt und seine Fähigkeiten im Scratching unter Beweis stellt. Zusammen mit der Zugabe ergibt das in der Summe rund achtzig Minuten Konzert, das ist hart an der Untergrenze. Als zweiter Mann in der zweiten Reihe agiert der Perkussionist Eric Bobo, der auch schon seit bald 25 Jahren zur Stammformation der kalifornischen Hip-Hopper zählt.

Sen Dog, der deutlich wortgewaltigere der beiden Rapper, bringt dazu die Freude der Band zum Ausdruck, endlich mal wieder in Stuttgart sein zu dürfen („One of the best places to be in the world“), preist seinen Perkussionisten („The man with the fastest hands in the world“) und teilt sich zu einem „Weed Medley“ genannten Interludium aus den Stücken „Roll It Up, Light It Up, Smoke It Up“, „I Wanna Get High“ und „Dr. Greenthumb“ mit seinem Rapkollegen B-Real auf der Bühne eine voluminöse Spezialzigarette.

Der Duktus der Musik ist etwas gleichförmig, und so bietet sich die Gelegenheit, darüber nachzudenken, was Cypress Hill denn von deutschzüngigen Epigonen wie Kollegah, Farid Bang oder 187 Straßenbande so wohltuend unterscheidet. Zum einen ist’s natürlich die Authentizität – hier stehen echte und prägende Veteranen eines Genres leibhaftig auf der Bühne. Zum Zweiten ist’s die Fähigkeit, eine Message auch ohne dicke Hose und dicke Lippe transportieren zu können.

Und zum Dritten vermitteln Cypress Hill, was man leider längst nicht bei allen Kollegen ihres Genres verspürt: aus einem inneren Bedürfnis und einem aufgeklärten Bewusstsein heraus zu musizieren. So gesehen zieht dieser Abend, sechstausend zufriedene Besucher hinterlassend, zwar ein bisschen unspektakulär, aber doch wohltuend vorüber.