Ihre Pläne entwickeln Rebekka Wörmann und Julian Maiwald mit dem Ensemble der Württembergischen Landesbühne weiter. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Vor der Premiere von Torgny Lindgrens „Das Licht“ plaudern Bühnenbildner Julian Maiwald und Kostümbildnerin Rebekka Wörmann über ihr künstlerisches Konzept. Manchmal finden sich passende Kostüme schon beim Einkaufsbummel.

EsslingenMit bunten Seidengewändern kommt Rebekka Wörmann vom Bummel durch die Esslinger Altstadt zurück. „Die habe ich im Asia-Laden gekauft.“ Glückskekse gab es für die Kostümbildnerin, die die neue WLB-Produktion „Das Licht“ von Torgny Lindgren ausstattet, gratis dazu. Obwohl die studierte Modedesignerin auch gerne in den Werkstätten des Theaters Kostüme nähen lässt, wird sie für ihre zeitgenössischen Projekte oft beim Einkaufen fündig. Mit dem Bühnenbildner Julian Maiwald arbeitet sie an der Produktion, die Regisseur Casper Vandeputte an der Württembergischen Landesbühne in Szene setzt. Vor der Premiere am Samstag, 8. Februar, um 19.30 Uhr im Schauspielhaus sind die beiden regelmäßig bei den Proben dabei, um letzten Schliff an die Ausstattung zu legen.

„Diese Arbeit im Team macht einfach Spaß“, findet die Niederländerin Rebekka Wörmann. Tom Blokdijk und Koos Terpstra haben die Bühnenfassung zum Roman geschrieben. Nun bringt die WLB die deutschsprachige Erstaufführung heraus. „Gemeinsam eine szenische Lösung zu finden für die Fantasien der Autorinnen und Autoren“, das reizt auch Julian Maiwald. In der dunklen Fabel des schwedischen Schriftstellers Lindgren, der 2017 starb, geht es um tausende von Kaninchen, die eine Krankheit in ein Dorf bringen und die sich rasant vermehren.

Wie bringt man die Tiere denn auf die Bühne? Da will der Künstler noch nicht zu viel verraten. Nur so viel: An einer realistischen Darstellung liegt ihm keineswegs. „Mein Ziel ist es, mit dem Licht und mit Räumen Atmosphäre zu erzeugen.“ Wichtig ist ihm, über den Spielraum einen Bezug zwischen Publikum und Schauspielern zu schaffen. Neonröhren und Stühle stehen im Mittelpunkt seines Bühnenraums, den er zunächst als Computersimulation entworfen hat.

Der gebürtige Münsteraner studierte Theatertechnik an der Kunsthochschule in Amsterdam. „In Holland gibt es die Möglichkeit, Lichtdesign und Technik im Studium zu vertiefen.“ Diese Verzahnung von Theorie und Theaterpraxis sei in Deutschland schwieriger. Deshalb habe er sich zunächst für das Studium im Nachbarland entschieden. Schnell wurde ihm da aber klar, dass ihn der kreative Part am meisten reizt und er wurde Bühnenbildner. „Das Licht“ ist seine sechste Arbeit mit Casper Vandeputte. Dass er mit ihm nun in Deutschland an der WLB arbeiten kann, gefällt Maiwald. Durch das Studium sei er sonst eher in der niederländischen Theaterszene vernetzt.

In Holland lernte der technikbegeisterte Bühnenbildner auch Rebekka Wörmann kennen. Sie studierte Modedesign an der Kunsthochschule in Utrecht. Als Abschlussarbeit habe sie „sieben Herrenkostüme entworfen“, erinnert sie sich lachend. Selbst Kostüme nähen zu können und um die Schwierigkeiten zu wissen, das findet sie wichtig. Schon bald habe sie die Faszination des Theaters entdeckt, erinnert sich die Künstlerin. Als Assistentin von Greta Goiris arbeitete sie mit bekannten Regisseuren wie Johan Simons und William Kentridge an mehreren Opernproduktionen mit. Die Arbeit an den großen Opernhäusern in Paris und Salzburg fand sie spannend. Im Theater Toneelgroep in Amsterdam, das der belgische Regisseur Ivo van Howe leitet, arbeitete sie viel mit experimentellen Formen des Theaters.

Wie schaffen die beiden Künstler es denn, ihre Entwürfe für Bühnenbild und Kostüm bei den Werkstätten durchzusetzen? „Da wir beide viel praktische Erfahrung haben, wissen wir, was möglich und was eher schwierig ist“, sagt Julian Maiwald. Das will er gemeinsam mit den Mitarbeitern ausprobieren, auch offen für ihre Vorschläge sein. Bei der Arbeit mit seinen freien Gruppen der holländischen Szene hat er gelernt, dass man auch mit knappen Etats überzeugende künstlerische Lösungen finden kann. „Wir sprechen die gleiche Sprache“, sagt Rebekka Wörmann über die aus ihrer Sicht sehr entspannte Kooperation mit der Schneiderei der Landesbühne. Eng arbeitet sie auch mit den Maskenbildnerinnen zusammen. Der Modedesignerin ist es wichtig, gemeinsam die beste Lösung für eine Produktion zu finden. Das sieht auch Julian Maiwald so: „Dass ich die Technik im Theater von der Pike auf kennengelernt habe, hilft mir da sehr.“

Wie stellen die zwei denn die Epoche visuell dar, in der ein Stück spielt? Für „Das Licht“ hat Wörmann Kostüme geschaffen, die sie „überzeitlich“ nennt. Die Figurinen oder Kostümpuppen, die sie für die Esslinger Produktion gezeichnet hat, tragen Jeans und schicke Anzüge. Dass sie der Blick auf die Gegenwart reizt, ist da deutlich zu spüren. Die Entwürfe hat sie fein säuberlich in einer Mappe geordnet. Schon im Vorfeld der Proben hat Rebekka Wörmann die Spielerinnen und Spieler beobachtet, hat für jeden und für jede die passende Kleidung gefunden: „Wie sich die Kostüme bewegen, haben wir dann zusammen in den Proben herausgefunden.“ Da griffen die zwei kommunikativen Künstler auch gerne Anregungen aus dem Ensemble auf.

Licht ist für den Bühnenbildner Julian Maiwald eine faszinierende Möglichkeit, das Tempo einer Regiearbeit zu steuern. Mit den Möglichkeiten der Lichtregie hat sich der Künstler schon im Studium beschäftigt. Da komme es bei den Proben auf Details an. In den letzten Wochen vor der Premiere gebe es da noch so manches zu feilen. Doch gerade diese „Magie der Endproben“, wenn sich auf scheinbar unlösbare Probleme plötzlich die perfekte Antwort findet, reizt Maiwald und Wörmann besonders. Wie sich die Computersimulation im Spiel bewährt oder was bei den gezeichneten Kostümentwürfen noch angepasst werden muss, finden dann alle gemeinsam heraus. Das macht für das Duo die besondere Faszination des Theaterprozesses aus.

Was sind aus Sicht der beiden Künstler die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem niederländischen Theater? „Hier sind die Abteilungen sehr viel stärker getrennt, da gibt es eher Spezialisten“, meint Wörmann zum Beispiel mit Blick auf die Maske. In den Niederlanden werde da mehr kooperiert, gebe es mehr „Allrounder“, die sich um vieles kümmern. Ebenso wie Julian Maiwald findet sie es daher spannend, mal in der deutschen Theaterlandschaft zu arbeiten und die Strukturen der WLB mit ihrem Abstecherbetrieb zu erleben.

Am 8. Februar hat die deutsche Erstaufführung von „Das Licht“ im Schauspielhaus Premiere. Im Vorfeld lädt die WLB Esslingen am Sonntag, 2. Februar, um 11 Uhr zur Matinee ins Podium des Theaters ein. Die Dramaturgin Barbara Schöneberger informiert gemeinsam mit dem Ensemble über das Regiekonzept von Casper Vandeputte und über Hintergründe der Inszenierung mit dem niederländisch-deutschen Produktionsteam.