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Die Show „Party Pieces“ des Stuttgarter Balletts versammelt Gelegenheitschoreografien, die etwa für Galas oder Wettbewerbe entstanden – getanztes Fingerfood für Gourmets.

StuttgartIn Party-Stimmung befinden sich das Stuttgarter Ballett und seine Zuschauer schon seit ein paar Tagen, jetzt gab es im Schauspielhaus den passenden Abend dazu. „Party Pieces“ versammelt Gelegenheitschoreografien, die für Galas, Wettbewerbe oder Preisverleihungen entstanden – getanztes Fingerfood sozusagen, aber in der Kaviar-mit-dem-Löffel-Version. Und ein Beleg dafür, dass die Kreativität in der Ära des scheidenden Intendanten Reid Anderson oft reichlich wie Champagner-Perlen sprudelte.

Zumal bei diesen Gästen: Mit Marijn Rademaker und Daniel Camargo waren zwei von Andersons schönsten Entdeckungen von Het Nationale Ballet in Amsterdam gekommen. Dessen Direktor Ted Brandsen geht offensichtlich gerne in Stuttgart einkaufen, hat er doch mit Constantine Allen gerade den dritten Ersten Solisten geschnappt, den Reid Anderson hier sorgfältig aufgebaut und strahlend herausgebracht hatte. Ob die Herren in Amsterdam ebenso umjubelt werden wie hier? Das Publikum jedenfalls schien seinen Liebling Camargo, noch immer atemberaubend mit seiner raubtierhaften Geschmeidigkeit und fulminanten Attacke, geradezu nach Stuttgart zurückklatschen zu wollen, so viele Vorhänge bekam er. Ein seltsam symbolischer Auftritt, geht es in Katarzyna Kozielskas hochvirtuosem Solo „Firebreather“ doch um eine bewusste Rückkehr an den Ort, wo man zu den riskanten Sprüngen, zu den Rampenlichtern dieser Welt aufgebrochen ist.

Rademaker tanzte das Solo aus dem Chopin-Stück „Ssss…“ und stellte den subtilen Assoziationsreichtum des Choreografen Edward Clug heraus, auch er eine Entdeckung Andersons, die auf den Bühnen Europas groß herausgekommen ist. Ums Rampenlicht und das Sich-Selbst-Finden ging es auch in den Solos „Limelight“, kreiert von Kozielska für Elisa Badenes, und „Allure“ von Demis Volpi, letzteres kam wegen einer Verletzung Jason Reillys kurzfristig ins Programm. Bei Volpis Duo „Little Monsters“, getanzt von Badenes und David Moore, konnte man ins Staunen kommen, warum der ehemalige Hauschoreograf diese Miniaturen so wunderbar subtil, mit meisterhafter Hand kreiert hat (allein wie er hier mit der Symmetrieachse spielt!), warum sein Bewegungsvorrat aber bei großen Werken wie „Salome“ so schnell aufgebraucht war.

„Arcadia“, toll getanzt von Hyo-Jung Kang und Martí Fernández Paixà, lieferte den erstaunlichen Beweis, dass der frühere Erste Solist Douglas Lee als Choreograf nicht nur kühle Bewegungsstudien betreibt. Aber wie anders sieht dagegen, selbst in der hundertsten Wiederholung seit Andersons Antrittsjahr 1996, „Kazimir’s Colours“ von Mauro Bigonzetti aus, wo Anna Osadcenko und Friedemann Vogel auf kleinem Raum eine so bittere Spannung aufbauen.

Keine Gala ohne Goecke

Erstaunlicherweise stammten die meisten der „Party Pieces“ von den Noverre-Abenden und waren Anfängerwerke ihrer Choreografen. „Are you as big a me“ etwa, der Wettlauf dreier Jungs, die sich durch den Wahnsinn der Welt schlagen – blauäugig, verbissen und mit liebenswert abgehobener Eleganz interpretiert von Alessandro Giaquinto, Matteo Miccini und Louis Stiens. Im August wird Roman Novitzkys witziges Trio beim World Ballet Festival in Japan gezeigt, der spektakulärsten Ballettgala der Welt, auch Rolando d’Alesios müdes Tango-Duo „Come neve al sole“ hat schon viele Galas bereist. Miriam Kacerova und Roman Novitzky langweilten einander dezent und richteten sich doch gegenseitig wieder auf, was für ein reicher, vielsagender Pas de deux. Auch Bridget Breiners schlingernd-groteske Ritterballade „Sirs“ stammt aus einem Noverre-Abend, sie wurde früher pfiffiger getanzt.

Aber allein dafür lohnten sich die „Party Pieces“: Um Friedemann Vogel endlich wieder Marco Goecke tanzen zu sehen – „Fancy Goods“ war mit seinen rosa Federfächern einst ein Geschenk zu Andersons 60. Geburtstag und bricht die Folies Bergère in dunkel-schillernde Splitter. Keine Gala ohne Goecke, hoffentlich bleibt das in Zukunft so!

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