23.7.2017 Haindling schloss mit seinem Auftritt die diesjährigen Burgkonzerte ab.

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Es gibt Musik, die kann man immer und immer wieder hören, und auch wenn ein starker Song schon zum hundertsten Mal aus dem Radio klingt, empfinden viele Zuhörer Glücksgefühle. Mit Hits wie „I mog di“, „Lang schon nimmer g’sehn“ oder „Ganz weit weg“ hat sich die bayerische Kult-Combo Haindling eine treue Fan-Gemeinde erobert - und das seit 35 Jahren. Hinter allem steht mit Hans-Jürgen Buchner ein musikalischer Nonkonformist, Komponist und Multiinstrumentalist, der jedem Song seinen unverwechselbaren Stempel aufdrückt. Und er kombiniert Popmusik virtuos mit volkstümlichen und jazzigen Einflüssen. Zusammen mit seinen Musiker-Kollegen Michael Braun, Peter Enderlein, Reinhold Hoffmann, Michael Ruff und Wolfgang Gleixner ist Buchner am 23. Juli auf der Esslinger Burg zu Gast. Hans-Jürgen Buchner gibt im Gespräch mit unserer Zeitung Einblick in sein musikalisches Credo.

Haindling ist seit den 80er-Jahren eine feste Größe in der deutschen Musikszene. Wie hält man die Begeisterung so lange hoch?

Buchner: Es macht mir jeden Tag aufs Neue einen Riesenspaß, wenn ich die Songs, die ich selbst geschrieben habe, mit einer tollen Band vor Publikum präsentieren darf. In jedem dieser Titel steckt ganz viel von mir selbst, weil alles bei mir zuhause im Studio entstanden ist. Ich spiele ganz viele Instrumente und bin immer wieder neugierig, was ich noch alles anstellen darf. Manchmal steuern auch meine Musiker Ideen zu einzelnen Stücken bei, aber wir sind nicht das ganze Jahr zusammen. Deshalb freuen wir uns immer wieder, wenn wir zusammen auf Tour gehen. Das ist für jeden etwas Besonderes und mit einer gewissen Leichtigkeit verbunden. Ich glaube, das spürt unser Publikum. Nur wenn man gern auf der Bühne steht, kann man dem Publikum diesen Spaß vermitteln. Dafür haben die Leute ein feines Gespür, und wenn es unserem Publikum Freude macht, was wir ihm bieten, dann schwappt das auf die Bühne zurück.

Titel wie „Lang schon nimmer g’sehn“ vermitteln ansteckende gute Laune, aber Sie können auch anders: Manche Ihrer Songs haben einen politischen Anspruch ...

Buchner: Das ist mir ganz wichtig. Mich für den Naturschutz einzusetzen, ist fast so etwas wie meine Mission. Aber man kann anspruchsvolle Texte in einer Art und Weise rüberbringen, dass die Leute gerne zuhören. Es ist klar, dass ich anspruchsvolle Texte nicht so verpacke, dass den Leuten ständig die Kinnlade runterfällt. Bei vielen habe ich inzwischen das Gefühl, dass sie es geradezu von mir erwarten, dass ich mich für ernsthafte Anliegen einsetze. Und dass sie froh sind, wenn wir das aussprechen, was sie denken. Wir sind keine Partyband, sondern haben etwas mitzuteilen. Und das ist ja das Schöne - für uns und für viele Zuhörer.

Kommt das heute in der Musik etwas zu kurz? Leute wie Wader, Wecker oder Sie werden rarer ...

Buchner: Zum Glück gibt es noch Leute wie Wader oder Wecker. Wenn ich manchmal im Radio eine dieser neuen Dialektgruppen höre, graust es mich. Ich würde mich niemals trauen, so einen belanglosen Wörter-Schmarrn daherzubringen, aber die sind da offenbar schmerzfrei. Gott sei Dank sind wir anders.

Was muss denn passieren, damit sich Hans-Jürgen Buchner hinsetzt und eine kritischen Song schreibt?

Buchner: Kürzlich habe ich im Radio gehört, dass auf einer Insel im Pazifischen Ozean, die zum Weltkulturerbe gehört, riesige Mengen Plastikmüll angeschwemmt wurden. Sowas ist der Wahnsinn, und da mache ich gleich ein Lied draus.

Im Musikgeschäft ist es üblich, dass man gern in Schublädchen gepackt wird: Neue Volksmusik, Pop, Jazz - passt das oder ist Haindling einfach nur Haindling?

Buchner: Mei, wenn man liest, was so alles über einen geschrieben wird, wundert man sich manchmal schon. Einflüsse aus dem Jazz spürt man sicher, weil ich aus dieser Ecke komme. Zurzeit mache ich eine Klavier-Platte teilweise mit Gesang, als nächstes kommt ein Studioalbum mit Blasinstrumenten. Mir ist es wichtig, dass ich das machen kann, wonach mir gerade ist. Meine Bandbreite ist ziemlich groß. Deshalb ist es für mich das schönste Kompliment, wenn Leute sagen: „Man muss bloß die ersten zwei Takte hören und weiß, dass das Haindling ist.“ Das liegt sicher auch daran, dass ich alle Instrumente für die Platten daheim in meinem Studio selbst einspiele. Wenn Haindling ein Bandprojekt wäre, würde manches anders klingen. Immer wieder neu und trotzdem unverwechselbar - was will man mehr?

Wenn ich mit Ihnen spreche, darf die Frage nach dem Dialekt nicht fehlen. Warum setzen Sie konsequent aufs Bayerische?

Buchner: Hochsprache kann auch verzaubern, aber Dialekt geht tiefer - wenn man ihn beherrscht und nicht nur irgendwelchen Blödsinn singt. Die Leute spüren, ob man es mit dem Dialekt ernst meint oder ob das einfach nur irgendeine Masche ist. Ich spreche und singe auch deshalb gerne im bayerischen Dialekt, weil ich anderen Mut machen will, zu ihrem Dialekt zu stehen, auch wenn sie dafür von anderen schräg angeschaut werden.

Wer so lange erfolgreich ist, sammelt Hits, und die will das Publikum immer wieder hören. Macht es Spaß, zum 1000. Mal „Lang schon nimmer g’sehn“ zu spielen?

Buchner: Ja klar. Warum soll ich mich denn für gute Lieder schämen, nur weil sie auch nach vielen Jahren noch oft und gern gehört werden? Dann müsste ich mich ja für mich selbst schämen, weil alles aus meiner Feder stammt. Was gibt es Schöneres, als anderen Menschen mit seiner Musik Freude zu bringen? Wenn ich sehe, dass viele im Publikum strahlen, wenn sie Titel wie „Paula“ oder „Ganz weit weg“ hören, ist das für mich das schönste Kompliment. Das sind die Momente, in denen man als Musiker wahres Glück empfindet. Man denkt, dass solch ein Abend einzigartig bleiben wird, und dann ist im nächsten Konzert alles nochmal so schön.

Interview: Alexander Maier