Ariel Cohen (rechts) spricht in „Abfall der Welt“ mit erstaunlich distanziertem Sarkasmus über den Trash in ihrem Körper. Foto: Felix Grünschloß/Badisches Staa - Felix Grünschloß/Badisches Staatstheater

Ob die Koproduktion von Rampe, Badischem Staatstheater, Choreografin Nicki Liszta und weiteren der EZ-Kritikerin gefällt, erfahren Sie hier.

StuttgartMerkwürdig, wenn man in einem Stück über den „Abfall der Welt“ mehr über Ballett erfährt als über die Unmengen von Plastikmüll, der unsere Weltmeere verunreinigt. Die neueste Uraufführung des Autors Thomas Köck, bis vor Kurzem Stipendiat der Akademie Schloss Solitude, kreist im Theater Rampe um Erinnerungen im allerweitesten Sinne. In seinem ausufernden, monologisierenden Gedankenstrom geht es um politische Systeme, amerikanische Geschichte, virtualisierte und duplizierte Körper, um das digitale Löschen und sehr viele private Erinnerungen, vor allem die von Tänzerinnen.

Wohl spricht Ariel Cohen mit einem erstaunlich distanzierten Sarkasmus über den Trash in ihrem Körper. Aber wen interessieren die Stories über Tanzshows und Auditions? Irgendwann sind die Begriffe Müll und Abfall inflationär auf so ziemlich alles anwendbar, zwischen körperlichem und globalem Verfall verlieren sich viele coole Symbole im leeren Raum. „All plots trend to move trashwards“, alle Handlungen neigen zum Abfallkorb, wird fast wie ein Refrain wiederholt.

Die Aufführung ist eine Koproduktion der Rampe mit dem Badischen Staatstheater, der Backsteinhaus-Produktion von Choreografin Nicki Liszta, der Akademie Schloss Solitude und der Ludwigsburger Akademie für Darstellende Kunst. Das sind viele Institutionen für einen so trockenen Theaterabend, der Textfläche an Textfläche klebt, Erinnerungsfetzen an erfundene Erinnerungen. Ein fahrbares Metallgeviert liefert das nüchterne Bühnenbild, bunte Bänder hängen von seinen hohen Stangen herab, irgendwann wird meterweise rotweißes Absperrband abgewickelt. An der Hinterwand rufen rote, geklebte Buchstaben Parolen wie „Only Revolutions!“.

Erstaunlich sparsam kommt, vergleicht man den Abend etwa mit Köcks „paradies fluten“, der harte Performance-Stil Nicki Lisztas zum Einsatz. Wohl schleifen sich die sieben Schauspieler und Tänzerinnen gegenseitig an Gliedmaßen oder am Kinn über den Boden, dann sitzen sie wie die Geier auf ihren Kollegen und treiben diese zum erniedrigenden Vorwärtsrobben an. Britta Gemmer hangelt sich halsbrecherisch durch Seilschlaufen, die vom Metallgeviert herabhängen, insgesamt aber wird weit mehr über Tanz gesprochen als getanzt. Erstaunlich beiläufig ergänzt von den elektronischen Beats eines DJ-Pults, wirkt die Inszenierung von Rampe-Intendantin Marie Bues seltsam untheatralisch, oft statisch wie ein Vortrag. Nicht dass man in der Rampe Entertainment und Konfetti erwartet, aber selbst hier kommt sinnfälliges Theater direkter zum Zuschauer.

Weitere Termine: 4., 5., 7., 25., 26., 27. Mai. www.theaterrampe.de