Von Thomas Krazeisen

Bad Cannstatt - Diesmal haben die beiden „Königskinder“ vom Forggensee „ihren“ Kini zuhause gelassen; schließlich war ihm im Sommer ausgiebig in Füssen sowohl im Festspielhaus als auch auf einem Schiff schon ausgiebig gehuldigt worden. Doch auch ohne einen Titel aus den alten und neuen Ludwigs-Musicals war dieser Adventszauber der „Cannstatter Zeitung“ - der dritte in der schönen Cannstatter Stadtkirche - ein voller musikalischer Erfolg. Neben den beiden Wahl-Füssenern Janet Chvatal und Marc Gremm, die traditionell für das Programm verantwortlich zeichnen, war mit Michael Pflumm ein Adventszauberer der ersten Stunde, der im vergangenen Jahr, als er krankheitsbedingt hatte absagen müssen, sehr vermisst wurde, nun wieder mit von der Partie. Nicht mehr missen möchte man auch Sabrina Weckerlin, die im vergangenen Jahr ihr Adventszauber-Debüt gegeben und sich auf Anhieb in die Herzen der Zuhörer gesungen hat.

Sehr gut harmonierendes Quartett

Dieses Vokalquartett, das sich jetzt gefunden hat, harmoniert unüberseh- und -hörbar bestens. Chvatal mit ihrem hellen lyrischen und Weckerlin mit ihrem mezzogetönten Sopran ergänzen sich ebenso trefflich wie Bariton Gremm und Tenor Pflumm. Und das Duo Theolin mit Violinistin Theodora Christova und ihrem Partner, dem Pianisten Venelin Filipov, sorgte für den passenden Live-Sound in diesem großartigen gotischen Sakralbau.

Im Gepäck hatten die vier Gesangssolisten geistliche und weltliche Weisen - Titel aus ihren jeweiligen Musical- beziehungsweise Opernrepertoires, aber auch Klassiker aus der Welt der Operette und des Pop. Die Arrangements dieses besinnlich beschwingten Programms funktionierten auch bei den Songs mit eingespielten Orchesterklängen nicht zuletzt dank der außergewöhnlich guten Akustik dieser Kirche. Mit ihrem einfühlsam intonierten „You raise me up“, einem nicht nur bei Hochzeiten in Kirchen gern gespielten Evergreen mit irisch-norwegischen Wurzeln, entzündeten Chvatal und Gremm ein erstes stimmungsvolles Highlight vor dem liturgisch passend in violettes Licht getauchten Chorraum.

Sabrina Weckerlin, derzeit in der Disney-Produktion „Tarzan“ in Oberhausen auf der Bühne, schwang sich eigens zu diesem Abend in ihre schwäbische Heimat auf. Die vielbeschäftigte Affenmutter Kala konnte zwar nicht die im vergangenen Jahr versprochenen selbstgebackenen Weihnachtsplätzchen fürs Publikum mitbringen - dafür gab sie vokal dem Affen Zucker: mit der wunderschönen Phil-Collins-Ballade „Dir gehört mein Herz“ und Kostproben ihrer erfolgreichen jüngsten Engagements in Fulda als „Päpstin“ sowie in „Der Medicus“, einer Musical-Adaption nach dem Bestseller von Noah Gordon. Im Duett mit Janet Chvatal entführte Weckerlin das Publik mit dem West-Side-Story-Klassiker „There‘s a place for us“ (Somewhere) dann an den Broadway.

Musikalisch ist der vielseitige Michael Pflumm, unter anderem ein gefragter Tony-Interpret, natürlich auch dort unterwegs. An diesem Abend demonstrierte der Tenor mit Wurzeln im Hohenzollerischen, der an den ganz großen Häusern wie der Mailänder Scala, dem Madrider Teatro Real oder der Pariser Oper zuhause ist, seine stimmliche Exzellenz unter anderem mit dem Arien-Hit „Nessun dorma“ aus Puccinis Oper „Turandot“ und Lehárs Ohrwurm „Dein ist mein ganzes Herz“.

Vom operettenseligen „Land des Lächelns“ ging‘s direkt, aber mit einer charmanten Umdeutung, zurück an den Neckar: „Cannstatt, Du Stadt meiner Träume“. Klar, dass sich nach einer solchen Liebeserklärung in der Stadtkirche das obligatorische „O du fröhliche“ im Mitsing-Finale gleich noch einmal so fröhlich sang.