Bürgermeister Elbl besichtigt mit Flüchtlingskoordinatorin Sabine Rau (Mitte) und Gertraud Sieler vom Freundeskreis Flüchtlinge das neue Gebäude. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Die ersten Flüchtlingsfamilien ziehen in einen neuen Wohnblock für bis zu 120 Personen in den Wernauer Lindenäckern ein.

Wernau Vom Container in eine Neubau-Wohnung: Für viele Flüchtlinge wird der Einzug in das Haus in den Wernauer Lindenäckern ein enormer Sprung in der Lebensqualität. Von Luxus könne aber keine Rede sein, betont Bürgermeister Armin Elbl, es sei relativ kostengünstig gebaut worden. Die Wohnbau Wernau hat das Haus für 5,3 Millionen Euro erstellt, das Land schießt 1,3 Millionen Euro zu, die Stadt mietet die 22 Wohnungen für 120 Flüchtlinge an.

Durch den Neubau wird die Stadt Wernau ihr Soll bei der Anschlussunterbringung für die Jahre 2017 und 2018 erfüllen. Schrittweise kann dadurch auch die Container-Siedlung neben dem Freibad abgebaut werden, die der Landkreis zur Erstunterbringung aufgestellt hat. Die Miet-Container zählen zu den teuren Varianten der Unterbringung, die Miete ist fast doppelt so hoch wie die Abschreibung für einen Massivbau.

Das neue, massive Gebäude unterscheidet sich kaum von anderen Wohnblocks in den Lindenäckern, jede Wohnung hat sogar einen Balkon. Bürgermeister Elbl weist jedoch den Vorwurf der AfD zurück, die auf ihrer Homepage die „Luxuswohnungen für Flüchtlinge“ anprangert. Man habe Kosten gespart, sagt Elbl, weil nur ein zentrales Treppenhaus gebaut worden sei und die Wohnungen über Laubengänge zugänglich sind. Die Nachbarhäuser haben drei Treppenhäuser. Bei Wärmedämmung und Lärmschutz – das Haus liegt direkt an der Landesstraße – halte man die geltenden Standards ein, sagt Elbl.

Es gibt Wohnungen mit drei, vier oder fünf Zimmern. Die Drei-Zimmer-Wohnungen sind mit einem großen Wohnraum und Balkon attraktiv und fänden auf dem freien Markt sofort viele Interessenten. Das Gebäude, so erklärt Bürgermeister Elbl, komme nach zehn Jahren auf den freien Markt und sei entsprechend geplant worden. Die ersten Jahre ist es aber für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen vorgesehen. Falls der Bedarf sinkt, steht es als sozialer Mietwohnraum zur Verfügung.

Als eine der ersten wird nächste Woche eine afghanische Familie – Eltern, zwei erwachsene Töchter und drei Söhne – in eine Vier-Zimmer-Wohnung einziehen. Die Zimmer sind etwa elf Quadratmeter groß. Die Küche ist einfach eingerichtet, mit einem altmodischen Plattenherd statt Ceranfeldern. Die Ausstattung im Sanitärbereich orientiert sich an den Gepflogenheiten, wie sie viele Flüchtlinge aus ihrer Heimat kennen: simple Aufputzmontage und eine Kette am oben montierten Spülkasten. Neben dem frei stehenden Klo ist ein Schlauch installiert, der den hygienischen Bedürfnissen der Zugezogenen entgegen kommt.

Vorwiegend Familien

Vorwiegend ziehen Familien in das Haus Lindenäcker ein. Für alleinstehende Männer aus Gambia und Eritrea sind die zwei oberen Etagen vorgesehen. Sie wohnen in Vier- oder Fünf-Zimmer-Wohnungen, wobei sich je zwei Männer ein Zimmer teilen. Der Neubau ermögliche, die anerkannten oder geduldeten Asylbewerber passend zusammenzulegen, sagt Sabine Rau, die Flüchtlingskoordinatorin der Stadt. Bei der Platzvergabe wurde sie vom Freundeskreis Flüchtlinge unterstützt. Man habe zunächst jene Geflüchtete ausgewählt, die eine Beschäftigung oder einen Ausbildungsplatz haben oder auf die Schule gehen, ergänzt Gertraud Sieler vom Freundeskreis. Im Haus sei der Tagesablauf geregelter und die Flüchtlinge kämen morgens fit zur Arbeit. Im Tohuwabohu des Containerdorfs sei das fast nicht möglich gewesen. Wer einen Job hat, muss eine Nutzungsgebühr zahlen, etwa acht Euro pro Quadratmeter.

Noch etwas Sorgen macht sich Gertraud Sieler, weil die Betreuung im Neubau noch nicht geregelt ist. Es gibt keinen Raum für Kurse oder Beratung. Nach mehr als 30 Jahren Arbeit in der Flüchtlingshilfe weiß sie, dass jemand ab und zu einen Blick in die Wohnung mit Einzelpersonen werfen muss. Dem widerspricht Elbl nicht, das könne dann der Integrationsmanager machen, den die Stadt bekomme. Ansonsten könnten sich die Flüchtlinge an die Koordinationsstelle im Rathaus wenden.