Durch das Ende des Werkrealzuges der Schlossgartenschule in Wernau (unten) hat die Burgschule ab Herbst mehr Schüler als gedacht. Fotos: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Die Stadt Plochingen lehnt die von Wernau beantragte Schließung der dortigen Werkrealschule ab. Das hat der Gemeinderat mehrheitlich beschlossen. Denn Kinder aus der Nachbarkommune gefährden die Abwicklung des Plochinger Werkrealzuges. Für die klamme Hundertwasserstadt könnte das immense Kosten bedeuten. Das Rathaus will mit dem Veto ein Schlichtungsverfahren provozieren. „Am Ende stellt sich die schlichte Frage, wer die letzte Werkrealschule im Raum haben soll“, sagte Bürgermeister Frank Buß.

Von Greta Gramberg

Die Werkrealschule entwickelt sich zum Schwarzen Peter für die Kommunen rund um Fils und Neckar. Züge dieser Art gibt es noch in Plochingen, Reichenbach und Wernau. Und in allen drei Kommunen sind die Anmeldungen für die fünfte Stufe fürs kommende Schuljahr so gering, dass keine eigenständigen Klassen gebildet werden können. In der Reichenbacher Lützelbachschule kommt nur eine Kombiklasse 5 und 6 zustande und die Gemeinde geht davon aus, dass bald die Auflösung des Werkrealzuges (WRS) angeordnet wird. Ähnlich sah es bis vor Kurzem in Plochingen aus. Doch weil vor einigen Wochen die Nachbarstadt Wernau entschieden hat, ihr Angebot an der Schlossgartenschule zu schließen, sind die Anmeldezahlen an der Plochinger Burgschule um zwei auf 16 Kinder angestiegen - die Schwelle für eine eigenständige fünfte Klasse. Die fremden Schüler ablehnen kann die Kommune nicht.

Diese Nachricht hatte bereits im Verwaltungsausschuss vor zwei Wochen für große Diskussionen gesorgt, weshalb das Plochinger Rathaus Wernau um Fristverlängerung für die Stellungnahme bitten musste. Denn für die Hundertwasserstadt ist die Entscheidung der Nachbarkommune mehr als ungeschickt. Zum einen muss sie nun die laufenden Kosten des Ganztagesbetriebs der WRS mit Mensa und Schulsozialarbeit weitertragen, die bei der Schließung des Zuges weggefallen wären. Da künftig auch die Realschule die Möglichkeit bietet, einen Hauptschulabschluss zu machen und die Stadtkasse mit einem Defizit im Ergebnishaushalt zu kämpfen hat, sehen das Plochinger Rathaus und die Mehrheit der Gemeinderatsfraktionen diese „Parallelstrukturen“ kritisch, wie der Bürgermeister in der jüngsten Gemeinderatssitzung deutlich machte.

Zum anderen ist das Auslaufen dieser Schulform essenziell für das Sanierungsvorhaben Unteres Schulzentrum. Die Pläne für das Großprojekt sehen einen Gebäudetausch der Realschule, die großen Platzbedarf hat, mit der Burgschule vor. Denn diese hätte mit Wegfall der WRS nur noch Grundschulklassen und somit Kapazitäten. Der frei werdende Nebenbau der jetzigen Realschule könnte dann als Ausweichgebäude für die Gymnasiasten während der Sanierung ihrer Schule dienen. Doch wenn der WRS-Zug an der Burgschule bliebe, wäre all das aus Platzmangel nicht möglich, das gesamte Projekt nur mit Ersatzbauten in Millionenhöhe zu realisieren, wie Buß klarmachte.

Die Überlegungen der Stadt Wernau, die den Grundschulzug der Schlossgartenschule vom engen Schloss in die neueren Räume des WRS-Zuges verlegen will, seien legitim, sagte Frank Buß den Stadträten. Die ablehnende Stellungnahme zu den Plänen richtet sich ihm zufolge nicht gegen Wernau, sie ist vielmehr eine Formalie. „Wir müssen den kommunalen Dissens herbeiführen, weil wir sonst nicht mehr in der Lage wären, Gespräche zu führen“, so der Bürgermeister.

Denn mit dem Veto geht ein Aufruf an das Staatliche Schulamt Nürtingen und das Regierungspräsidium Stuttgart einher, zwischen den Kommunen Wernau, Plochingen und Reichenbach zu schlichten, um die Grundsatzfrage zu klären, wer die letzte Werkrealschule haben soll. Er halte es für notwendig, Gespräche mit den anderen Schulträgern zu führen, um am Ende die beste Lösung zu finden, so Buß. Außerdem hat der Gemeinderat das Rathaus nun beauftragt, selbst das Ende der WRS an der Burgschule zum Herbst 2018 zu beantragen.

Die Mehrheit des Gemeinderates stimmte dem Vorschlag des Rathauses zu, nur aus der SPD-Fraktion gab es zwei Gegenstimmen und mehrere Enthaltungen zu Veto und Auflösung der WRS. SPD-Stadtrat Thomas Fischle kritisierte, dass die pädagogischen Argumente von Schulleiterin Eva Marggraf für den Erhalt des Zuges nicht berücksichtigt wurden. Die anderen Fraktionen betonten dagegen die finanzielle Mehrbelastung durch den Erhalt und überstimmten die SPD-Räte. „Wir müssen klar Fahne bekennen, sonst können wir in der Schulentwicklung in Plochingen gar nichts mehr bewegen, sonst ist alles auf Eis gelegt“, mahnte CDU-Fraktionschef Reiner Nußbaum an. Die Schulbehörde müsse wissen, was der Gemeinderat denke.