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Wohnungen im Kreis Esslingen werden immer teurer und rarer. In der Serie „Wohnen im Kreis Esslingen“ wollen wird Fragen rund um den Immobilien- und Mietmarkt klären. Diesmal geht es um (un)günstige Mieten.

Kreis EsslingenDie Suche dauert immer länger, die Preise steigen: Wer diese Erfahrungen bei der Wohnungsuche nicht selbst macht, hört das Klagelied aus seinem Umfeld. Ein Überblick zum (un)günstigen Wohnen im Kreis Esslingen.

Der Status Quo: Die Angebotsmieten pro Quadratmeter in Esslingen liegen laut dem Homeday-Mietatlas derzeit bei 11,10 Euro kalt, noch höher sind sie auf den Fildern (je 11,80 Euro in Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern). Experten erklären das mit einfachen Marktmechanismen: Wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, können Vermieter mehr verlangen. Außerdem steigen auch die Kosten für Neubau und Instandhaltung. Zwar sind die Bestandsmieten in den vergangenen Jahren bundesweit weniger stark angestiegen als das durchschnittliche Nettoeinkommen der Menschen: 11,4 Prozent zu 13,3 Prozent zwischen 2013 und 2018 laut einer Studie im Auftrag der Linke-Bundestagsfraktion. Allerdings gehören Leinfelden-Echterdingen und Esslingen zu den Top 20 der Städte mit den höchsten Bestandsmieten in Deutschland und den höchsten Steigerungen innerhalb dieser fünf Jahre (22 beziehungsweise 16 Prozent). Mieten, die sich der genannten Studie zufolge kinderlose Paare und Alleinerziehende nur dann leisten können, wenn sie das von den Studienautoren berechnete bundesweite Medianeinkommen nicht oder nur gering unterschreiten. Geringverdiener geben für die Miete mehr als die empfohlenen 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens aus – und sind im Zweifel auf Hilfe vom Sozialstaat angewiesen.

Wie es so weit kommen konnte: Ursprünglich hatte man erwartet, dass die Einwohnerzahlen auch in der Region Stuttgart schrumpfen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Während Prognosen bundesweit weiter von einem Bevölkerungsrückgang ausgehen, rechnet der Regionalverband mittlerweile damit, dass bis 2035 Wohnraum für 87 000 Zuzügler in der ganzen Region gebaut werden muss, im Kreis Esslingen für 15 000. Aus diesem Grund herrscht schon jetzt ein hektischer Bauwille, mit dem die Baufirmen allerdings überfordert sind – ganz abgesehen davon, dass es immer weniger Flächen gibt, auf denen überhaupt gebaut werden kann, und auch die dünn besetzten Baubehörden überfordert sind. Auch aus diesen Gründen steigen die Preise immer weiter und die Bauvorhaben verzögern sich.

Warum Städte kaum Einfluss haben: In den 90er-Jahren war die Situation eine andere. Der Wohnungsmarkt war ausgeglichen und viele Kommunen waren verschuldet. Vor allem große Städte verkauften ihren kommunalen Wohnungsbestand. „Auch weil man gesagt hat: Die Privatwirtschaft kann das besser“, erinnert sich Herbert Rösch, ehemals Oberbürgermeister von Ostfildern und Jahrzehnte in der Kommunalverwaltung tätig. Zwar war Ostfildern ihm zufolge nie großer Wohnungsbesitzer, hat also auch nichts verkauft. Allerdings gilt auch für die Stadt auf den Fildern: „Es war ein Irrglaube der Politik, dass sozialer Wohnungsbau vernachlässigt wurde.“ Der fehlt Rösch zufolge nun flächendeckend. „Und bis der Rückstand wieder aufgeholt wird, dauert es halt.“ Bei der Ausweisung von Baugebieten machen Städte und Gemeinden mittlerweile Vorgaben an private Bauträger, sodass ein gewisser Anteil an Sozialwohnungen gewährleistet ist.

Wie viele Sozialwohnungen es gibt: „Tatsache ist, dass sozialer Wohnraum massiv geschrumpft ist“, sagt Herbert Rösch. Und wenn sich nichts tut, setzt sich diese Entwicklung fort, zeigen Hochrechnungen des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg: Während Ende 2017 noch 1844 Wohnungen im Kreis Esslingen unter Mietpreisbindung standen, könnten es Ende 2030 nur noch 1486 sein. Ein Grund ist, dass diese Mietpreisbindungen nach zehn bis 30 Jahren auslaufen. Meist sind Privatleute oder Firmen die Vermieter, die dafür, dass sie für einen gewissen Zeitraum die Miete um 20 bis 40 Prozent unter den ortsüblichen Preis senken und Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein zur Verfügung stellen, zinsfreie Darlehen oder andere Subventionen vom Staat erhalten. Dabei ist auch hier der Bedarf größer als das Angebot, wie das Beispiel Esslingen zeigt. Die Stadt hat Stand Mai 2019 Belegungsrechte für 1065 Wohnungen mit vergünstigter Miete. Den Vermietern schlägt sie Personen mit Wohnberechtigungsschein vor. Zudem gibt es weitere Sozialwohnungen, in die auch Bedürftige von außerhalb Esslingens einziehen können. All diese Wohnungen sind mit einer geringen Fluktuation quasi durchgehend belegt. Allerdings waren im Mai 216 Haushalte in der Notfallkartei verzeichnet, für die auch noch dringend eine Bleibe gesucht wurde, wie das Esslinger Sozialamt mitteilt. Bis 2021 rechnet die Stadt mit einem Bedarf von zusätzlich 120 bis 130 solcher Wohnungen pro Jahr.

Die Wohnbaugenossenschaften: Die großen Player in Esslingen und Umgebung sind die Esslinger Wohnungsbau (2752 Wohnungen und 309 Appartements) – je zur Hälfte in Hand von Stadt und Unternehmen –, die Baugenossenschaft Esslingen (3000 Wohnungen) und die FLÜWO (1898). Im Kreis Esslingen gibt es auch die Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen (1640 Ende 2018). Sie sind nicht so stark von der Rendite getrieben wie andere Immobilienunternehmen, weil sie auf die Genossenschaftsanteile ihrer Mitglieder zur Finanzierung zurückgreifen können und primäres Ziel ist, diesen Mitgliedern günstiges Wohnen zu ermöglichen. Die in Esslingen tätigen Organisationen geben an, das ganze Spektrum der Stadtgesellschaft als Mieter zu haben und dass ihre Preise unter Marktniveau liegen. Bei der Baugenossenschaft Esslingen beispielsweise im Schnitt um neun Prozent. Dennoch macht sich auch hier der Preisdruck bemerkbar, wie etwa Christian Brokate vom Vorstand der Baugenossenschaft an einem Beispiel verdeutlicht: „Uns ist in Esslingen ein bebaubares Grundstück zum Kauf angeboten worden für 1000 Euro je Quadratmeter.“ Rechnerisch ergebe sich damit 3,33 Euro pro Quadratmeter als Kaltmietanteil nur für das Grundstück. Unter Einbezug der Kostensteigerungen im Bausektor rechnet er in diesem Fall mit einer Kaltmiete von 16 bis 16,50 Euro. „Wir fragen uns, ob wir das wirklich machen sollen und haben uns entschieden, das wegen der zu hohen Miete nicht zu tun.“