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Drei Jahre lang schult Susanne Kopp die Erzieherinnen des Kindergartens Stadtmitte. Sie vermittelt Methoden, wie sie Kindern im Alltag Sprache vermitteln können.

WendlingenDer Kindergarten Stadtmitte in Wendlingen ist jetzt eine „Sprach-Kita“. Leiterin Andrea Zaiser nimmt mit ihrem Team seit Herbst 2017 teil am Bundesprogramm des Familienministeriums, das allen Kindern eine „alltagsintegrierte Sprachbildung“ ermöglichen will. Seit Januar arbeitet Susanne Kopp nun als Fachkraft in dem Kindergarten mit zehn Krippen- und 45 Kindergartenplätzen mit. Ihre Aufgabe ist es, den Erzieherinnen in Schulungen zu vermitteln, wie man den Spracherwerb der Jungen und Mädchen auch im Alltag stärkt. „Das beginnt damit, dass wir das Schuhe binden mit einfachen Sätzen begleiten“, nennt Kopp ein Beispiel, wie das spielerisch funktionieren kann.

Über dieses Angebot ist Kindergartenchefin Andrea Zaiser sehr glücklich. „Viele der Kinder, die zu uns kommen, sprechen daheim in ihren Familien nicht deutsch.“ Sie kämen dann im Kindergarten das erste Mal mit der Sprache in Kontakt. Die Erzieherin und Sozialpädagogin Kopp, nebenbei auch in der Erwachsenenbildung tätig, qualifiziert das Team für die tägliche Arbeit weiter. Weil der Wendlinger Kindergarten einen relativ hohen Anteil von Jungen und Mädchen aus Migrantenfamilien hat, ist das Programm des Bundesfamilienministeriums für Zaiser und ihr Team maßgeschneidert. Kopps halbe Stelle wird weitgehend über die 25 000 Euro Jahreszuschuss finanziert, die der Bund der Stadt Wendlingen bewilligt. Drei Jahre arbeitet die Sprachfachkraft mit dem Team.

Wie schult die Expertin nun die Erzieherinnen in der täglichen Praxis? „Wir durchlaufen einen sehr spannenden Prozess“, ist Susanne Kopp überzeugt. Um den Kindern in alltäglichen Situationen Sprache anschaulich zu vermitteln, hat sie mit dem Team gemeinsam Bilderbücher und Fingerspiele durchforstet. Auch bei den Ritualen wie dem Ankommen am Morgen oder dem gemeinsamen Essen wird jetzt mehr gesprochen. „In den Entwicklungsgesprächen mit den Eltern hat Sprache jetzt hohen Stellenwert.“ Kopp ist überzeugt, dass dem Elternhaus eine Schlüsselrolle zukommt. Dennoch müssten auch jene Kinder eine faire Bildungschance bekommen, bei denen die Mütter und die Väter daheim mit den Kleinen eine andere Sprache sprechen.

Wir kommt dieses Konzept bei den Eltern an? „Ich habe sehr viel gelernt, denn auch wir Mütter und Väter bekommen Tipps“, findet Sabine Wenninger. Beim Anziehen spricht sie jetzt mit ihrer Tochter, beschreibt die einzelnen Schritte. „Früher musste es einfach schnell gehen.“ Über die Kommunikation im Alltag ermuntere sie das Kind, auch über andere Dinge zu sprechen. Der bewusste Umgang mit der Sprache zuhause macht Mutter und Tochter großen Spaß. Im nächsten Kindergartenjahr soll es nach Kopps Worten darum gehen, Elemente einer inklusiven Pädagogik weiter zu stärken. „Die Kita soll ein sicherer und anregender Lernort sein, an dem es normal ist, dass alle verschieden sind.“

Betreut wird das Team des Kindergartens Stadtmitte von Sabrina Martin. Die Esslinger Kindergärten Schelztorstraße, Gartenstadthaus, St. Bernhardt, Zollberg und Parkstraße bilden gemeinsam mit dem Kinderhaus Vogelwiesen in Altbach und dem Kindergarten Stadtmitte in Wendlingen einen sogenannten Projektverbund. „Der Austausch über Erfahrungen mit dem Bundesprogramm bringt allen Beteiligten viel“, ist Martin überzeugt. Die Sprachfachberaterin unterstützt ihre Kolleginnen vor Ort, wenn es mal Probleme gibt. Bei regelmäßigen Treffen der Sprachfachkräfte, an denen auch die Leiterinnen der Kindergärten teilnehmen, tauscht man sich über Erfahrungen mit dem Bundesprogramm aus.

Dass Sprachförderung im Kindergarten Stadtmitte schon immer hohen Stellenwert hatte, ist nach Martins Worten eine sehr gute Voraussetzung für das Projekt. „Das gehört seit jeher zu den Aufgaben der Erzieherinnen und Erzieher“, sagte Bürgermeister Steffen Weigel. Und da werde überall in Wendlingen sehr wertvolle Arbeit geleistet. Nun habe man in dem Kindergarten, der in städtischer Trägerschaft ist, die Möglichkeit, Prozesse zu optimieren und die Qualität weiter zu optimieren.

Leiterin Andrea Zaiser ist froh über die Verstärkung durch die Sprachfachkraft. „Aber der Prozess ist sehr zeitintensiv“, sagt die Erzieherin, die selbst Sprache und Lesen der Kinder nach Kräften fördert. Dass Elke Stanger von der Stadtverwaltung den aufwendigen Antrag für das Bundesprogramm mit auf den Weg gebracht hat, ist nach Zaisers Worten ein großer Gewinn für den Kindergarten. „Es ist einfach schön, wenn die Kinder gerne sprechen und lesen.“ Deshalb bekommen die Knirpse immer wieder gut gefüllte Leserücksäcke mit nach Hause.

„Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“

Bundesprogramm: Mit dem dreijährigen Programm stärkt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die alltagsintegrierte sprachliche Bildung, die inklusive Pädagogik sowie die Zusammenarbeit mit Familien in den Kitas.

Fördermittel: Im Januar 2016 ist das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ gestartet. Mit der Verdopplung der Mittel ab 2017 auf jährlich 200 Millionen Euro können insgesamt bis zu 7000 halbe Fachkraftstellen in Kitas und in der Fachberatung geschaffen werden. Der Bund stellt für die Programme „Sprach-KItas“ und „Kita-Einstieg“ zwischen 2016 und 2020 Mittel von einer Milliarde Euro zur Verfügung. Weitere Informationen zum Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ unter www.fruehe-chancen.de/sprach-kitas

Drei Bausteine: Erstens werden Methoden erprobt, den Spracherwerb in den Alltag zu integrieren. Zweitens fußt das Konzept auf inklusiver Pädagogik. Es geht darum, die Kinder mit dem Anderssein vertraut zu machen. Gesellschaftliche Vielfalt ist das Lernziel. Drittens geht es in dem Konzept darum, die Familien ins Erlernen der Sprache einzubinden und auch Eltern Methoden beizubringen.