Das Kernteam des Wendlinger Zeltspektakels in seinem Besprechungskeller bei Familie Fritz. Vorne das Plakat des ersten Zeltspektakels von 1983, im Hintergrund das Plakat des 35. Zeltspektakels von 2017. Foto: Dietrich Quelle: Unbekannt

Am Anfang stand der Traum, BAP ins Zelt zu holen. Dieser Traum hat sich bislang nicht erfüllt, doch bisher 34 Zeltspektakel sind auch ohne die Rocker aus Köln eine beachtliche Leistung. Dahinter steckt ein engagiertes und sehr treues Kernteam, umgeben von ganz vielen Helfern.

Von Peter Dietrich

Hervorgegangen ist das Zeltspektakel aus den Jugendhäusern in Köngen und Wendlingen. Doch nach neun Jahren sollte Schluss sein. Nichts da, befanden einige Leute und druckten T-Shirts mit einer Ankündigung des zehnten Zeltspektakels. „Für dieses haben ein paar Verrückte einen Verein gegründet“, sagt Michael Pukrop alias Puki. Dass es „Zeltspektakel Wendlingen-Köngen e.V.“ auch noch ein Vierteljahrhundert später geben sollte, daran dachte damals noch keiner. Entschieden wurde jedes Jahr neu: „Machen wir noch eins.“ Das hat sich inzwischen geändert: Da viele Künstler lange Buchungsfristen haben, wird nun immer schon für übernächstes Jahr entschieden.

„Wir bleiben dran“, verspricht Puki im Hinblick auf BAP. Als die Kölner Gruppe die Schleyer-Halle füllte, sei der Traum vorübergehend entschwunden, doch er sei wieder auferstanden. Und immerhin sei Frontmann Wolfgang Niedecken ja schon mal solo im Zelt gewesen, zu einer Lesung. Den Widerholrekord hält Grachmusikoff, die Gruppe tritt in diesem Jahr bereits das vierte Mal beim Zeltspektakel auf - bevor sie Ende 2017 in Rente gehen will.

Für die Auswahl der Künstler sorgt eine Programmgruppe: Ist ein Künstler oder eine Gruppe finanzierbar, hat sie Zeit, zieht er oder sie genügend Besucher an? Die Vorschläge werden dem Ausschuss vorgetragen. Das Team hatte schon Glück, wenn Künstler zwischen Buchung und Auftritt an Popularität zugelegt hatten. Guildo Horn war beim Zeltspektakel gut besucht, einige Monate später sang er beim Grand Prix. Dafür musste das Team eine andere lehrreiche Erfahrung machen: „A cappella läuft bei uns nicht“, sagt Puki. Das gelte auch für Gruppen, die anderswo ausverkauft seien.

Hat die Begeisterung nachgelassen? Mitnichten, viele aus dem Team sind seit langem dabei. Das gilt etwa für Karlheinz von Boetticher, der zum ersten Zeltspektakel im Jahr 1983 als Besucher kam, ein Jahr später Mitarbeiter wurde und es bis heute blieb. Es komme immer öfter vor, dass einem das Kreuz wehtue, räumt Esther Müllerschön ein, und Matthias Göltenboth gibt zu, dass das Team schon mal größer war. Doch das wird durch Professionalität wettgemacht. Die langen Zeltnägel werden nicht mehr mit dem Vorschlaghammer eingeschlagen, sondern mit dem elektrischen Rüttler - und mit dem Radlader wieder herausgezogen. Das Zelt ist größer geworden, fasst nun 650 Leute sitzend oder 850 Leute stehend. Dann ist Schluss, seit dem Unglück auf der Love Parade sind die Vorschriften streng geworden. Eine extra Feuerwache braucht es nicht, denn zum Team gehören mehrere Feuerwehrleute. Nur das Deutsche Rote Kreuz muss extra kommen. „Das können wir noch nicht abdecken“, sagt Müllerschön. Doch wie praktisch, dass mit Florian Rapp ein Meister der Veranstaltungstechnik Mitglied ist. Jeder hat seinen Bereich, nur der Bereich „Sponsorenwerbung“ ist noch unterbesetzt. Aber wichtig, denn das Zeltspektakel zielt regelmäßig gerade so auf die schwarze Null. Das geht nur dank Ehrenamt, rund 50 zusätzlichen Helfern und sehr entgegenkommenden Technikverleihern.

Die Kinder haben keine Wahl

Für Puki heißt das jedes Jahr zwei Wochen Urlaub, die drei Tage Erholung nach dem Zeltspektakel einkalkuliert. Sonntags endet das Zeltspektakel, bei gutem Wetter ist der Platz beim Wendlinger Freibad am Dienstagabend leer. Blöd ist dagegen, wenn das Zelt wegen Nässe nicht abgebaut werden darf, dann kann sich der Abbau hinziehen. Am Ende müssen auch alle Töpfe, Messer, das Werkzeug und vieles mehr aus den privaten Hauhalten wieder geputzt und verteilt werden. „Wem gehört das?“ Bleibt die Frage offen, hilft eine Rundmail mit Foto.

Was ist mit den Familien? „Die Kinder haben keine Wahl“, sagt Müllerschön. Manche helfen nun als zweite Generation mit. Hannah Fritz, nun 17 Jahre alt, war mit ihrer Zwillingsschwester ganz scharf darauf, mit 16 Jahren endlich richtig mithelfen zu dürfen. Für Kinder, so sagt ihre Mutter Ulrike Fritz, sei das Zeltspektakel ein großer Abenteuerspielplatz. Freiwillig oder wegen erzieherischer Pflichten Daheimgebliebene müssen aber nicht mehr solange auf die Partner warten wie früher, denn die Nachsitzungen sind kürzer geworden. Der frühere tägliche Kassenbericht nachts gegen zwei Uhr ist längst der Gelassenheit gewichen.

So manches bleibt unvergesslich: Im Jahr 2002 gab es im Zelt eine Hochzeit, zehn Jahre später wurde bei „Auto, Auto“ zu Musik von Peter Tschaikowski ein Opel Kadett zerlegt. Bei einer fulminanten Zauberschau machten die beiden Vorhangbediener ganz unterschiedliche Erfahrungen. Bei manchen Tricks waren sie überrascht, wie einfach diese waren, auch wenn sie fürs Publikum gut wirkten. Andere Tricks durchschauten sie hingegen nicht, auch wenn sie ganz nah dran waren.

So günstig wie sonst keiner, das ist ihr Lohn, können die treuen Helfer das Zeltspektakel erleben: Zwei Abenden Arbeit stehen zwei Abende freier Eintritt gegenüber.

Das Programm des 35. Zeltspektakels

Donnerstag, 5. Oktober, 20 Uhr: Irische Nacht mit Moria, Beoga und Pigeons at the Gate, Vorverkauf 22 Euro, Abendkasse 25 Euro.

Freitag, 6.Oktober, 20 Uhr: SWR Big Band & Max Mutzke, 30/34 Euro.

Samstag, 7. Oktober, 20 Uhr: Grachmusikoff Abschiedstour 2017, 20/23 Euro.

Sonntag, 8. Oktober, 11 Uhr: Frühschoppen mit Kinderbasteln, Der Eintritt ist frei.

Sonntag 8.Oktober, 19 Uhr: Maxi Schafroth, Faszination Bayern, 21/24 Euro.

Derzeit sind an den Vorverkaufsstellen in Köngen und Wendlingen noch für alle Veranstaltungen Karten zu bekommen, zu Grachmusikoff nur noch wenige. Dauerkarten kosten im Vorverkauf 80 Euro.