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Bundesweit sind Imker derzeit besorgt, weil verunreinigte Wachsplatten im Umlauf sind. Diese können ganze Bienenvölker schädigen. „Bei uns sind bisher aber noch keine Beschwerden eingegangen“, sagt Ute Gasselin, Vorsitzende des Bezirksbienenzüchter-Vereins Esslingen. Sie führt das auch darauf zurück, dass die hiesigen Imker ihre Mittelwände oft aus ihrem eigenen Wachs herstellen.

Von Stephanie Danner

„Wir werben seit Jahren dafür, dass jeder Imker seinen eigenen Wachskreislauf aufbaut“, sagt die Imkerin aus Ostfildern, die diesem Hobby seit fast 20 Jahren nachgeht. Das bedeutet, dass das Wachs, das die Bienen selbst produzieren, eingeschmolzen und dann zu neuen Mittelwänden umgearbeitet wird. Die Mittelwände aus Wachs hängen die Imker in die Bienenstöcke. Darauf bauen die Bienen ihre Waben, um die Brut sowie Honig und Pollen abzulegen. Diese Mittelwände können auch zugekauft werden - und genau das wurde bereits einigen Bienenvölkern in Süddeutschland zum Verhängnis.

Klaus Wallner von der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim weiß von einem Imker im Allgäu, dessen Wachswände von der Drahtaufhängung gerutscht und dann zusammengebrochen sind. „Den eingelagerten Honig lecken die Bienen weg und lagern ihn in anderen Zellen ab“, weiß der Fachmann. Die Bienen nähmen somit keinen Schaden. Dem Allgäuer Imker sei das allerdings komisch vorgekommen, er habe das Wachs untersuchen lassen. So stellte sich heraus, dass Stearin beigemischt war. Ein anderer Bienenzüchter aus Bayern verwendete Mittelwände, in denen Paraffin nachgewiesen wurde.

Waben werden instabil

Beides mache Waben instabil, erläutert Wallner. Außerdem könne die Brut geschädigt werden. Wie genau, sei nicht im Detail untersucht. Möglicherweise würden sie durch die beigemischten Stoffe vergiftet. Denkbar sei auch, dass die Ammenbienen, die die Brut pflegen, einen fremden Geschmack wahrnehmen und daraufhin die Brut fressen. So könnten sich ganze Bienenvölker nicht entwickeln. Imkerin Gasselin erläutert, dass das verunreinigte Wachs gummiartig werden könne. Aus diesen Waben kommen die jungen Bienen dann nicht mehr heraus. Sie verkümmern. Noch ein Problem sieht Wallner: Wenn Imker, die nicht wissen, dass ihre Platten verunreinigt sind, diese einschmelzen und zu neuen Platten verarbeiten lassen, wird immer mehr Wachs verschmutzt.

Doch wie gelangen die fremden Stoffe in die Waben? Bienenexperte Wallner: „Das ist unklar. Man weiß nicht, ob es wissentlich oder unwissentlich in Umlauf gebracht wurde.“ Auch ist unbekannt, wie viel verunreinigtes Wachs kursiert. Eines aber sei sicher: „Das Ganze bedeutet einen großen Imageschaden für deutsche Imker.“ Bisher sei das Wachs aus deutschen Imkereien rein gewesen und auch von der Pharma- und Kosmetikindustrie nachgefragt worden.

Wallner plädiert für mehr gesetzliche Regelungen. Bisher sei der Begriff „reines Bienenwachs“ ungeschützt. Außerdem haben die Wachsplatten keine Chargennummern oder Herkunftsbezeichnungen. So lässt sich nicht nachvollziehen, woher die gepanschte Ware stammt. „Man steht der Sache hilflos gegenüber“, sagt Wallner. Er weiß auch, dass das Problem nicht neu ist. „Immer wenn die Preise für Bienenwachs steigen, wird es für Betrüger interessant.“ Seit vier, fünf Jahren kletterten die Preise, für Bio-Wachs gar in „abstruse Höhen“. Für ein Kilogramm zahle man 25 Euro oder mehr. Ein Kilogramm Paraffin - hergestellt aus Erdöl - kostet weniger als fünf Euro.

Man dürfe jetzt aber nicht alle Wachsverarbeiter über einen Kamm scheren, warnt Bernd Spanbalch. Der Imker aus Esslingen-Wäldenbronn ist Bienensachverständiger und betreibt seit 2013 in Stuttgart-Wangen eine Wachsverarbeitung. Er betont: „Das Nonplusultra ist ein eigener Wachskreislauf.“ Mit seinen Produkten wolle er vor allem Jungimker unterstützen. Deshalb verarbeite er auch kleinste Mengen an Wachs, obwohl das unwirtschaftlich sei. „Aber so bekommt ein Jungimker sein eigenes Wachs.“ In seinem Betrieb sei garantiert, dass der Imker immer das eigene Wachs zurückerhalte. Dafür sei jedoch ein großer bürokratischer Aufwand nötig, weil alle Lieferungen und Chargen dokumentiert werden müssen. „Da sehe ich mich in der Verantwortung“, betont Spanbalch. Die erwartet er allerdings auch von den Imkern, die Ware anliefern. Erst kürzlich habe er Wachs eingeschmolzen, das bei 85 Grad bereits fest wurde. Für Waben taugt das nicht, weil es sicher kein reines Bienenwachs ist. „Damit macht man am besten Kerzen.“

Analysen machen Wachs teurer

Spanbalch setzt auf Transparenz, um das Vertrauen seiner Kunden zu behalten. „Für unsere Branche ist das eine heikle Situation“, sagt er. Deshalb lässt er inzwischen jeden Kessel eingeschmolzenes Wachs analysieren. Dadurch steige der Preis für ein Kilo Wachs um etwa einen Euro, erläutert er.

Christian Marquardt, Amtsleiter im Veterinäramt des Kreises, erklärt auf Anfrage, dass im Kreis aktuell keine Fälle von verunreinigten Mittelwänden bekannt seien. Er beruhigt: „Von 14 Honigproben in diesem Jahr wurde keine beanstandet.“ Der Verbraucher müsse keine Qualitätseinbußen beim Honig befürchten. Durch das Schleudern würden mögliche Wachsrückstände vom Lebensmittel getrennt. Auch Fachmann Wallner beziffert den Wachsanteil im Honig auf den Mikrobereich.

So funktioniert der Kreislauf

Der Wachskreislauf: Wachs wird zunächst von Honigbienen für das Bauen der Bienenwaben erzeugt. Die ursprünglich hellgelben Waben nehmen nach einiger Zeit im Bienenvolk durch das Bebrüten eine braun-schwarze Farbe an. Der Imker entnimmt aus hygienischen Gründen die alten Waben. Diese werden anschließend durch Hitze und Wasserdampf eingeschmolzen. Nach der Trennung der Schmutzstoffe entsteht wieder ein helles, reines Wachs. Daraus werden neue Wachsmittelwände gegossen, die die Imker in ihre Völker geben und auf denen die Bienen dann erneut Waben bauen. „Heraus kommt meist mehr als man braucht“, sagt Ute Gasselin. Wachs, das nicht benötigt werde, könne etwa für Kerzen verwendet werden.

Das Einschmelzen der Waben kann der Imker mit einem Dampfwachsschmelzer oder einem Sonnenwachsschmelzer selbst vornehmen. Der Imkerfachhandel kauft zum Teil alte Waben oder tauscht sie gegen frisch gegossene Wachsmittelwände ein.

Die Erzeugung von neuem Bienenwachs durch die Bienen kostet laut Wikipedia sehr viel Energie. Es wird geschätzt, dass die Bienen zur Produktion von einem Kilogramm Wachs etwa sechs Kilogramm Honig verbrauchen.

Der Verbrauch: Pro Bienenvolk benötigt ein Imker 10 bis 15 Wachsplatten pro Jahr, erklärt Ute Gasselin. „Das produziert das Volk locker selbst.“ Bereits im Frühjahr könne damit begonnen werden, Wachs zu entnehmen. „Seitdem ich imkere habe ich kein Wachs zugekauft“, erzählt die Imkerin, die 25 eigene und 15 Bienenvölker im Bienengarten in Oberesslingen pflegt.