Matthias Gastel Foto: Holzwarth - Holzwarth

„Politik braucht Streit, aber Streit braucht Kultur“, sagte der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Matthias Gastel in einem Pressegespräch.

Kreis EsslingenDer Bundestag ist in der Sommerpause. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel aus Filderstadt zieht ein Zwischenfazit der Großen Koalition. In einem Pressegespräch sprach er über Fahrverbote, Zugverspätungen und die fehlende Streitkultur in der Politik. Gastels Schwerpunkt ist die Verkehrspolitik, doch er beginnt das Gespräch mit dem Thema, das die vergangenen Wochen dominiert hat – dem Unionsstreit und denen, die davon profitieren: „Die letzten fünf Wochen waren der Tiefpunkt politischer Verantwortungslosigkeit“, schimpft er. Während sich die Union untereinander zanke, sei die AfD als „Partei ohne Anstand“ aufgefallen, „die mit blankem Hass ins Parlament eingezogen ist“.

„Politik braucht Streit, aber Streit braucht Kultur“, sagt der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion: „Wenn die Politik zu hundert Prozent aus Wahlkampfgetöse besteht, dann wenden sich die Menschen mit Schaudern ab.“ Die CSU habe ihre „christlichen Wurzeln verraten und das politische Klima vergiftet“. Die AfD spalte die Gesellschaft „bewusst und gezielt“, die CSU nehme die Spaltung durch ihre Politik hin. Die wichtigste Aufgabe sei jetzt „endlich zu regieren“, fordert der 47-Jährige. Wie sehr der Asylstreit das Vertrauen der Menschen in die Politik erschüttert hat, habe er bei Bürgergesprächen mitbekommen. Positiv sei hingegen die Haltung der Menschen zur Europäischen Union: „Alle Leute, mit denen ich geredet habe, waren sich einig, dass die großen Herausforderungen nur im europäischen Kontext gelöst werden können.“

Inzwischen beherrscht wieder ein Thema die Schlagzeilen in Baden-Württemberg, für das sich der Verkehrspolitiker seit Langem einsetzt: saubere Luft in Stuttgart. Ab dem 1. Januar sollen bestimmte Dieselautos nicht mehr in der Landeshauptstadt fahren dürfen. „Es geht hier um die Gesundheit der Menschen, da konnte man nicht mehr länger mit einem Fahrverbot warten“, betont Gastel, stellt aber klar, dass Fahrverbote nie das Ziel gewesen seien: „Das Ziel war es, die hohen Stickoxidwerte zu senken. Das Fahrverbot ist ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen.“ Schuld an dem Fahrverbot habe zum einen die Automobilindustrie und zum anderen die Politik: „Wir hatten neun Jahre lang Bundesverkehrsminister, die dem Betrug nur zugeschaut haben. Die Fahrverbote haben eine politische Farbe, und diese Farbe ist Schwarz.“

Statt auf Straßen und Autos zu setzen, fordert Gastel, mehr in den Schienen- und Radverkehr zu investieren: „Wir brauchen einen Ausbau des Bahnangebots und bessere Radverbindungen, gerade auch in der Region Stuttgart.“ Er setzt sich für den 15-Minuten-Takt der S-Bahn nach Filderstadt und für die Fortführung der S-Bahn von den Fildern ins Neckartal ein: „Das könnte beispielsweise eine Verbindung von Neuhausen nach Wendlingen sein.“ Potenzial sieht Gastel auch für die Strecke Kirchheim–Göppingen. Er erwartet, dass die Reaktivierung der Strecke geprüft werde.

Als großen Erfolg sieht Gastel die Reform des VVS-Tarifs: „Die Tarifstruktur wird einfacher und Tickets werden auch kostengünstiger.“ Gastel: „Es ist ein klares Signal, das Auto stehen zu lassen.“ Um mehr Menschen von dieser Idee zu überzeugen, müsse aber noch einiges geleistet werden. Die Deutsche Bahn kämpfe immer noch mit Image-Problemen. Von ihrem Ziel 82 Prozent pünktlicher Züge im Fernverkehr sei das Unternehmen weit entfernt. Das liege vor allem daran, dass es schlicht an Zügen fehle. „Einerseits gibt es einfach zu wenig Züge, andererseits stehen die Züge oft zu lange in den Werkstätten, weil es an Personal fehlt.“ Andererseits würden „Züge aufs Gleis gesetzt, die eigentlich in die Werkstatt gehören.“ Deshalb fordert der Verkehrspolitiker: „Wir brauchen massiv höhere Investitionen in die Schiene und müssen uns beim Neubau von Straßen deutlich zurückhalten.“