Matthias Spitzner vom Referat Prävention (links) und Polizeihauptmeister Manfred Heinzelmann bemängeln die geschlossenen Läden am Haus. Foto: Dietrich - Dietrich

Übervolle Briefkästen und heruntergelassene Rollos wirken einladend auf Einbrecher. Wir haben Polizisten in Ruit auf ihrer Präventionsstreife begleitet und uns Tipps eingeholt.

OstfildernIm kompletten unteren Stockwerk eines Hauses sind die Rollläden heruntergelassen, und das tagsüber. So etwas sei geradezu eine Einladung für Einbrecher, sagt Matthias Spitzner vom Referat Prävention beim Polizeipräsidium Reutlingen. Zusammen mit Polizeihauptmeister Manfred Heinzelmann ist er für einige Stunden auf Präventionsstreife in Ruit unterwegs. Die beiden sind eines von drei Teams, die an diesem Nachmittag nach vorab festgelegten Routen den Ort durchstreifen. Etwas anderes gefällt den beiden Polizisten an diesem Haus noch viel weniger: direkt über dem Boden, neben dem Hauseingang, ist ein Kellerfenster gekippt. Es ist nicht vergittert und groß genug, dass ein Erwachsener durch das Loch schlüpfen kann. „Einmal kräftig dagegen und ich bin drin“, sagt Spitzner. Er klingelt.

Ist im Haus jemand da, sprechen die beiden Polizisten mit den Bewohnern, warnen sie vor den Gefahren. Und wenn niemand öffnet? Dafür gibt es große Karten, auf denen die Präventionsstreife die jeweilige Beobachtung ankreuzt und dann die Karte in den Briefkasten wirft.

Gekippte Fenster gibt es bei diesem Rundgang nicht besonders viele, bei Temperaturen nur wenig über Null. Manchmal stören sich die Polizisten auch nicht am gekippten Fenster, weil es entweder vergittert ist oder in unerreichbarer Höhe liegt. Die Größe oder besser Kleinheit eines Fensters ist allerdings nicht unbedingt ein beruhigendes Argument. „Einbrecher haben schon Kinder eingesetzt“, sagt Heinzelmann. Mehrmals sind in Ruit die Läden tagsüber zu, doch nach dem Klingeln macht trotzdem jemand auf. Einmal ist der große Laden geschlossen, weil sonst immer der Hund am Fenster hochgeht, woanders ist jemand beim Fernsehen. Überquellende Briefkästen, eine weitere Einladung für Einbrecher, fallen diesmal keine auf.

Mehrmals erschrecken Bewohner zuerst einmal, als die Polizei bei ihnen klingelt. „Es ist nichts passiert“, beruhigen Spitzner und Heinzelmann als allererstes, um dann ihre Hinweise zu geben. „Das ist von meinem Sohn, ich werde es ihm sagen“, sagt die Frau, die über einem Geschoss mit geschlossenen Läden wohnt. Spitzner und Heinzelmann kennen die Gebiete, die Einbrecher bevorzugen: Sie sollten verkehrlich gut erschlossen sein, per Autobahn oder S- und U-Bahn, eine Ortsrandlage oder ein Arbeitsplatz auf der Terrasse hinter hohen Hecken sind sehr willkommen.

Etwa jeder zweite Versuch eines Einbruchs, erläutert Spitzner die polizeiliche Statistik, werde abgebrochen. Nach drei bis fünf Minuten, so die Erfahrung, gebe der Einbrecher auf. Die erfolglosen Versuche seien eine Folge zunehmender Sicherheitstechnik, oft nach einer polizeilichen Beratung installiert. Eine Frau im Mettinger Weg hatte Glück: Vor etwa einem Jahr hat sie an ihrer Terrassentür und am benachbarten Fenster erfolglose Einbruchsspuren entdeckt. „Kurz zuvor hatten wir nachgerüstet und die Schlösser erneuert“, erzählt sie Spitzner und Heinzelmann, als diese wegen eines gekippten Fensters im Erdgeschoss bei ihr klingeln. Das Fenster war okay, die Bewohnerin war ja zuhause und hatte es im Blick.

Auffällig ist, wie viele Häuser bei diesem Rundgang durch Ruit leer stehen. Dieses Haus stehe schon seit Jahren leer, sagt eine Nachbarin in der Hedelfinger Straße. Er sehe viele solche Häuser, sagt Spitzner. Oft gehörten sie Erbengemeinschaften, die sich nicht einig seien. Heinzelmann blickt bedauernd auf ein etwas heruntergekommenes, leerstehendes Haus mit Garage auf einem großen Eckgrundstück, ruhig gelegen und dennoch nicht weit von der U-Bahn-Station entfernt: „Das ist doch eine tolle Lage.“

In der Brühlstraße fallen erneut heruntergelassene Rollläden auf. Doch es stehen viele Schuhe vor der Tür, dazu ein Kinderwagen. „Die Schuhe vor der Tür sind in der Regel ein gutes Zeichen, dass jemand da ist“, sagt Spitzner. Sein Kollege verweist auf eine untergeschätzte Gefahr: „Im Sommer haben wir immer wieder Einschleichdiebstähle. Die Bewohner sind im Garten und merken nicht, dass jemand durch die offene Tür in die Wohnung schleicht.“ Das ist derzeit eher nicht zu befürchten, doch zugenommen haben aggressive Bettler. Sie kommen teils zu dritt oder viert und drücken sich, nachdem geöffnet wurde, rabiat in die Wohnung. „Für ältere Leute kann es gefährlich sein, die Tür zu öffnen“, sagt Spitzner.

Ein Rundgang mit ständigem Blick auf Rollläden, Türen und Fenster, kann man das als Polizist auch wieder abstellen, wenn man nicht im Dienst ist? Spitzner ist sich nicht sicher: „Ich gehe in sechs Wochen in den Ruhestand. Ich hoffe, das verfolgt mich nicht.“

Das Referat Prävention des Polizeipräsidiums Reutlingen bietet allen Haus- und Wohnungsbesitzern Beratungen zum Einbruchschutz an. In Esslingen ist dafür in der Agnes-Promenade 4 ein Ausstellungsraum eingerichtet. Er ist donnerstags von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Die Polizei bittet um Terminvereinbarung unter Telefon 07121/942-1202. Unter dieser Nummer können auch Beratungen in der eigenen Wohnung vereinbart werden.