Foto: Ait Atmane - Ait Atmane

Von Karin Ait Atmane

Aichwald - Wenn das Zeltdach komplett aufgezogen ist, gibt es Mittagessen, früher nicht. Natürlich haben die Helferteams am Samstag beim Aufbau fürs Motocross in Aichwald dieses Tagesziel erreicht – bei der 57. Auflage des Großevents auf dem Schurwald zeigt sich die Routine. Dennoch wird immer weiter verbessert und gefeilt. So war der Profi Greg Atkinson vor ein paar Tagen zu Besuch auf dem Gelände zwischen Aichschieß und Schanbach, um die Rennstrecke zu optimieren.

Bei Ralf Kurrle, dem Pressewart des veranstaltenden Motorsportclubs (MSC) Eiserne Hand Aichwald, steigt spürbar das Motocross-Fieber, wenn er über das Gelände geht und die leicht modifizierte Rennstrecke anschaut. Greg Atkinson hatte für den Feinschliff gesorgt, einen Radius etwas aufgeweitet, Neigung in die Kurven gebracht, die Startgerade verkürzt. „Er hat das so hinmodelliert, dass es flüssiger wird und doch nicht zu schnell“, erklärt Kurrle. So sei es „für die Fahrer besser und für die Zuschauer spektakulärer“. Ohnehin sind die Aichwalder stolz auf die „gewachsene“ Naturstrecke auf Erdboden. Sie ist idyllisch in die Landschaft gebettet und weist einen Höhenunterschied von 50 Metern auf. „Da fliegen die schon zehn, 20 Meter runter“, sagt Kurrle beim Blick von einer der Rampen nach unten. Nach dem Rennwochenende am 24. und 25. Juni werden die Anlagen wieder abgebaut, die Modellierungen eingeebnet und eingesät. Denn zum Befahren freigegeben ist das Gelände nur für das Rennen – vorab trainieren kann dort niemand.

500 Helfer sind im Einsatz

Nach einigen Jahren Pause ist heuer erstmals wieder die Seitenwagen-Klasse vertreten und die Organisatoren freuen sich wie viele Zuschauer auf die Gespanne. „Das ist eine komplett andere Welt“, sagt Rennleiter Holger Scharpf. „Da muss das Zusammenspiel einfach passen.“ Er baut mit einigen anderen das Abnahmezelt auf, in dem sich die Fahrer mit ihren Maschinen und Helmen präsentieren werden. Entlang der Strecke wird gerade mit Motorsensen gemäht, damit das Publikum nicht im nassen Gras oder in Brennnesseln stehen muss. „Jeder hat bei uns seine Aufgabe, das ist über Jahre und Jahrzehnte gewachsen“, sagt Kurrle. Alles in allem sind rund ums Motocross etwa 500 Helferinnen und Helfer im Einsatz.

Etwa 50 Mann sind unter der Aufsicht von Zeltmeister Harald Marquardt stundenlang damit beschäftigt, das 1500 Quadratmeter große Festzelt aufzustellen. Sie richten mit Hilfe von Maschinen das Gestänge auf, setzen Querbalken ein, hauen meterlange Bodennägel ins Erdreich. „Mehr Aichschieß“, „Schanbach“ oder auch mal „a bissle mehr Krummhardt“ sind dabei gängige Kommandos und angesichts der umliegenden Ortsteile eindeutiger und anschaulicher als „rechts“ oder „links“.
Spätestens, wenn die Dachplanen aufgezogen werden, fließt der Schweiß: Das ist Tauziehen von zwei Teams, allerdings nicht gegeneinander, sondern gegen die Plane. Im Laufschritt wird sie an großen Tauen über den Giebel gezogen. Hündin Paula rennt jedes Mal mit und packt gelegentlich auch mit den Zähnen das Tau an. „Irgendwann kriegt sie einen Herzinfarkt“, sagt Herrchen Marc Schweizer, der selbst ordentlich gefordert ist. „Wir sind alle schon über 40, da muss man ein bisschen aufpassen“. Spricht’s und schickt zwei Jungs zum Bierholen.

Auf der anderen Zeltseite sorgen Nick und Laurens, beide zwölf Jahre alt, dafür, dass die Seile fürs Rückholen der Taue sauber mit übers Dach laufen und sich nicht verheddern. Sie sprinten jedes Mal mit, wenn Zug kommt. Die beiden machen das nicht zum ersten Mal und können genau erklären, was rundum vor sich geht. Viele der Erwachsenen haben wie sie in jungen Jahren angefangen.

Alte Hasen optimieren Abläufe

„Ich mag, wenn es harmoniert, die Kameradschaft, das Miteinander“, sagt der „Ur-Schanbacher“ Achim Dreizler, der manche Leute genau einmal im Jahr trifft: bei den Vorbereitungen zum Motocross. Noch so viel Erfahrung schließt allerdings nicht aus, den einen oder anderen Ablauf weiter zu optimieren. Später beim Mittagessen diskutiert der Ehrenvorsitzende Rudolf Dorn, wie immer während des gesamten Aufbaus mitten im Getümmel, mit dem Zeltmeister hingebungsvoll einige Details. Auch Elektriker Manfred Maier und sein Bruder Walter zählen zu den alten Hasen. Auf dem Gelände liege schon einiges im Boden, sagt Maier, deshalb sei der Aufwand nicht allzu groß. Und präzisiert dann: Mit einem vierköpfigen Helferteam brauche man eine Woche.

Der Stromverbrauch am Rennwochenende entspricht dem eines kleinen Dorfs, aus dem Netz allein wäre das gar nicht zu machen. Deshalb sind mehrere Aggregate in Betrieb und alles ist doppelt abgesichert, damit bei einem Stromausfall die wichtigsten Funktionen erhalten bleiben. „Sonst käme man ja in Teufels Küche“, sagt Maier.

Über der ganzen Szenerie kreisen zwei Drohnen. Sie filmen, ebenso wie zwei Vereinsmitglieder am Boden. „Ich mache jedes Jahr einen Trailer davor und einen als Rückblick“, erzählt Thomas Augustin. Außerdem schneidet er eine etwa zweistündige Dokumentation zusammen. Mit der werden die Mitglieder beim Clubabend im Frühjahr auf das nächste Rennwochenende eingestimmt.