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Bei der 36. Auflage von „Pop und Poesie in Concert“ präsentiert SWR1 in Wendlingen Hit-Klassiker und ihre deutschen Übersetzungen in einer Mischung aus Konzert, Lesung und Comedy.

WendlingenAnnemie Hertzog kommt seit 20 Jahren regelmäßig zum Wendlinger Zeltspektakel: „Super, was dieser Verein in einer Stadt wie Wendlingen auf die Beine stellt. Das Publikum ist schön gemischt. Letztes Jahr war ich mit meiner Oma da, heute bin ich mit Freunden hier. Wenn’s ausverkauft ist, rückt man zusammen, und die gute Stimmung ist garantiert.“ Ob im großen Gastro-Bereich oder im Bühnenzelt – am ausverkauften Eröffnungsabend zur 36. Auflage des Kulturspektakels beim Wendlinger Freibad war die Vorfreude groß auf die SWR1-Kultveranstaltung „Pop und Poesie in Concert“, die Hit-Klassiker und ihre deutschen Übersetzungen in einer Mischung aus Konzert, Lesung und Comedy präsentiert.

Verblüffende Einsichten

Auch Tim Lehrer war schon mehrfach beim Zeltspektakel: „Die Leute sind alle sehr entspannt, es ist immer eine tolle Atmosphäre. Und im Programm ist immer für jeden Geschmack etwas dabei. ‚Pop und Poesie‘ kenne ich live noch nicht, ich hoffe, sie spielen auch einen Titel von meiner Lieblingsband Queen.“ Der Musikfan aus Nürtingen wurde nicht enttäuscht, Queens „Don’t Stop Me Now“ war unter den Juwelen der Pop- und Rockgeschichte, die das Ensemble im Gepäck hatte. Textsicher sang das Publikum mit – und nicht nur bei Freddie Mercurys „ladada-dadadadada“-Zwischenzeile. Die Fans – wenige ganz Junge, viele Junggebliebene und jede Menge ältere Semester – gingen mit, wippten im Takt, schnippten, klatschten, johlten, pfiffen und trampelten vor Begeisterung. Die deutschen Übersetzungen der Texte der Rock- und Pop-Songs, die jeder viele Male im Original gehört hat, fördern Verblüffendes zutage: Vieles ist lebensklug beobachtet, anderes zum Niederknien poetisch wie Billy Joels „Piano Man“, bei dem sich die nächtlichen Barbesucher „den gleichen Drink namens Einsamkeit“ teilen. Künftig wird sich keiner mehr unbedarft mit Bob Geldofs „I Don’t Like Mondays“ den Frust einer neuen Bürowoche aus der Seele grölen. Weil er nun weiß, dass eine 16-Jährige mit einer Schießerei an einer amerikanischen Grundschule erklärte, dass sie Montage nicht möge.

Stefan Morgner aus Reutlingen, der sich die Show „zum x-ten Mal“ gönnte, kennt diesen Überraschungseffekt bereits: „Da trifft einen so ein Lied plötzlich mit voller Wucht. Ich bin auf ewig Fan von ‚Pop und Poesie‘. Meine Frau hat heute den Elternabend übernommen, damit ich hierher konnte. Das ist übrigens eine Super-Location mit Super-Atmosphäre, in der diese Super-Show zu Höchstform aufläuft.“ Das bestätigte auch Matthias Holtmann, der das Konzept entwickelt hat, Regie führt und den Abend moderiert: „Die Stimmung hier im Wendlinger Zelt ist formidabel, einzigartig und unbeschreiblich.“ Für viele steht und fällt „Pop und Poesie“ mit Holtmann, einst Schlagzeuger bei Triumvirat, später Musikredakteur, dann langjähriger SWR-Moderator. Seine Fans lieben ihn und entschuldigen großzügig seinen ästhetisch fragwürdigen Camouflage-Anzug. Sie lieben seine Parodien der Sangeskünste von Bob Dylan, Heinz Rühmann und Theo Lingen. Sie schätzen den frotzelnden Umgang des Ensembles untereinander: „Holtmann, heul‘ leiser!“ Und sie nehmen es Holtmann nicht übel, wenn er auch mal eher seichte Witze erzählt oder ABBAs „Thank You For The Music“ dergestalt zum Besten gibt, dass sich sogar seine Band mit Grausen abwendet. Sie schätzen sein immenses Wissen über Pop-Musik, sie lieben seine Ironie und seine Spötteleien, und sie ziehen den Hut, wie offensiv und souverän er mit seiner Parkinson-Diagnose umgeht: „‚Pop und Poesie‘ hält die Band finanziell und mich gesundheitlich am Leben“, sagt er und ergänzt: „‚Feelin‘ Alright‘, das ist meine aktuelle Statusmeldung, und ich hoffe, dass das lange so bleibt. Ich fühle mich zurzeit einfach gut, und dieses Lebensgefühl soll die neue Show rüberbringen.“

Aufwendige Licht- und Farbeffekte

Dass das gelingt, daran hat die Band mit Patrick Schwefel, Michael Endersby, Klaus-Peter Schöpfer und Carl-Michael Grabinger um Pianist und Arrangeur Peter Grabinger großen Anteil. Ebenso wie die Schauspieler Simone von Racknitz-Luick und Jochen Stöckle, der Sänger Alexander Kraus und die unglaubliche Jazz-, Rock- und Soul-Stimme von Britta Medeiros. Das Ensemble präsentiert die Songs als aufwendiges Licht- und Farbspektakel mit Scheinwerferschwenks und Bühnennebel, mit Wumm und Schmackes: Ob Aretha Franklins „Respect“, ABBAs persiflierte „Dancing Queen“, AC/DCs „Hells Bells“ mit der „Pommes-Gabel“ als Gruß an die Heavy-Metal-Gemeinde oder „Smoke On The Water“ als Rausschmeißer.