Die Hindenburgstraße in Nellingen ist eine der meistbefahrenen Straßen in der Stadt Ostfildern. Nächstes Jahr soll sie umgestaltet werden. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Die günstige Verkehrslage macht Ostfildern zu einem gefragten Standort in der Region. Unternehmer und Anwohner schätzen die Nähe zur Autobahn und zum Flughafen, zeigt die EZ Mobilitätsserie.

OstfildernDie günstige Verkehrslage macht Ostfildern zu einem gefragten Standort in der Region. Unternehmer schätzen die Nähe zur Autobahn und zum Flughafen. Junge Familien ziehen gerne in die Filderkommune, weil sie einen Anschluss an das Stadtbahnnetz hat. Gerade wegen dieser Anbindung ist der Scharnhauser Park zu einer Erfolgsgeschichte geworden. Auf einem früheren Kasernengelände leben heute 8500 Menschen. Viele genießen den Vorzug, mit der Bahn in 20 Minuten am Hauptbahnhof der Landeshauptstadt zu sein. Ostfilderns OB Christof Bolay weiß um die kluge Entscheidung, die Anfang der 90er-Jahre unter seinen Vorgängern Gerhard Koch und Herbert Rösch gefällt worden ist. Den 9.9.2000 – an diesem Tag wurde die Stadtbahnlinie eingeweiht – zählt er deshalb zu den Meilensteinen in der Stadtgeschichte. Dieser Anschluss rechnet sich seit Jahren auch. „Die Fahrgastzahlen sind kontinuierlich gestiegen“, berichtet Fachbereichsleiterin Stephanie Wunderle. Deshalb muss die Stadt keinen Betriebskostenzuschuss mehr an die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) bezahlen.

Mit dem regionalen Busnetz ist Ostfildern ebenfalls gut verknüpft. Verbessert wurde die Anbindung an Esslingen. Früher fuhren der 119er und der 120er fast hintereinander her, heute sind die beiden Linien mit dem Vorteil einer besseren Taktung entzerrt. Mit der Linie 122 gelangt man bequem zu Flughafen und Messe. Gut genutzt werde auch der Nachtbus, der am Wochenende auf zwei Linien verkehrt, berichtet OB Bolay. Dass 1978 die Straßenbahn nach Esslingen eingestellt wurde, wird heute angesichts des zunehmenden Autoverkehrs allenthalben bedauert. Deshalb keimt immer wieder die Hoffnung nach einer Verlängerung der Stadtbahnlinie von Nellingen bis nach Esslingen auf. Erst vor ein paar Jahren wurde wieder ein Vorstoß unternommen. Ob die Strecke wirtschaftlich betrieben werden könnte, will die SSB bis zum Herbst berechnen. Beim Ostfilderner Rathauschef überwiegt die Skepsis. Natürlich wäre das ein Gewinn für die Stadt, sagt er. Doch ob sich eine teure Untertunnelung von Nellingen rechnen würde, bezweifelt er. „Und dass die Strecke oberirdisch durch die Ludwig-Jahn-Straße verläuft, kann ich mir wie viele meiner Stadtratskollegen nicht vorstellen.“

Der Autoverkehr ist für viele Bürger Ostfilderns eine große Belastung, vor allem für die, die an einer Ortsdurchfahrt wohnen. Etwas weniger Lärm haben sie zu verkraften, seit auf manchen Strecken nachts Tempo 30 gilt. Dieses Limit ist Teil des städtischen Lärmaktionsplans. Am Zuschnitt des Straßennetzes wird sich mittelfristig nicht viel ändern. Der Regionalverband hat zwar jüngst eine neue Variante für eine Tangente zwischen Neckartal und Filder ins Spiel gebracht, die vor allem für die Kemnater eine deutliche Entlastung bringen könnte. Weil aber noch überhaupt nicht geklärt ist, wer die Kosten tragen könnte, ist das Projekt für Bolay bislang nicht mehr als ein schönes Planspiel.

Verbesserungen im Verkehrsfluss verspricht sich die Stadt, wenn 2019 die Hindenburgstraße in Nellingen umgebaut wird. Unter anderem soll dazu ein Kreisel an der Einmündung zur Esslinger/Denkendorfer Straße beitragen. Anlieger benachbarter Straßen befürchten, dass dadurch mehr Verkehr an ihren Häuser vorbeifließen könnte. Sämtliche Simulationen von Verkehrsexperten kämen zu dem Schluss, dass diese Verkehrsverlagerungen ausblieben, sagt der OB. Wenn dies doch eintreffen würde, könnte man mit einem Alternativplan reagieren.

Bei der Frage, wie fahrradfreundlich die Stadt ist, gehen die Meinungen weit auseinander. Man habe in der Vergangenheit, in vielen Bereichen für Verbesserungen gesorgt, sagt OB Bolay, und verweist unter anderem auf neue Beschilderungen und die Schutzstreifen für die Radler in Scharnhausen und Ruit. Außerdem würden nun bald zwei langersehnte Projekte realisiert: Zusammen mit der Stadt Esslingen will man einen Radweg an der Champagne bis zur Parksiedlung schaffen. Außerdem soll noch dieses Jahr der Radweg über das Körschtalviadukt geschaffen werden. „Auf beide Vorhaben warten wir seit 20 Jahren“, relativiert Thomas Rumpf, der Kreisvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). Das zeige, wie wenig Bedeutung die Kommunalpolitik in der Vergangenheit dem Radverkehr eingeräumt habe. Rumpf: „Da muss Ostfildern die Schlagzahl deutlich erhöhen.“ Es gebe beispielsweise noch zu wenig Fahrradboxen für Pendler und zu wenig geeignete Abstellmöglichkeiten. Er nennt zwei weitere Negativbeispiele: An der Haltestelle Zinsholz höre der Radweg abrupt auf. Und in der Bonhoeffer-Straße im Scharnhauser Park habe man den Fußweg zwar für Radler geöffnet, doch ende der leider an der Landschaftstreppe, also deutlich vor dem Zentrum des Stadtteils.

Das Thema Elektro-Mobilität spielt nach Aussagen von Baubürgermeisterin Monika Bader in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle. In der Verwaltung gebe es bereits eine kleine Flotte mit E-Fahrzeugen, die man noch ausbauen wolle. Im Scharnhauser Park befinden sich zwei Ladestationen mit zwei Ladepunkten. Ebenfalls zwei Ladestationen werde man bald auch in Nellingen installieren. Ferner startet an diesem Samstag in Ruit das Forschungsprojekt „E-Mobility-Allee“. Zehn Haushalte in der Belchenstraße testen ein halbes Jahr lang E-Mobilität im Alltag, die Netze BW erforscht derweil die Auswirkungen auf das Stromnetz. „Es geht darum, was ein intelligentes Stromnetz leisten muss“, erklärt der Rathauschef.

Stärken und Schwächen bei der Mobilität in Ostfildern

Anschluss an das Stadtbahnnetz der Region Stuttgart mit den Linien U 7 und U 8 mit guter Taktung.

Gute Busverbindungen nach Esslingen und zum Flughafen/Messe.

Nachts auf einigen Ortsdurchfahrten im Stadtgebiet aus Lärmschutzgründen Tempo 30.

Radverbindung von der Pliensau bis zur Parksiedlung in Planung.

Ladestationen für Elektrofahrzeuge im Scharnhauser Park und bald auch in Nellingen.

Beim Projekt „E-Mobility-Allee“ testet die Netze BW die Auswirkungen auf das Stromnetz, wenn regelmäßig viele Elektro-Fahrzeuge geladen werden.

Starker Durchgangsverkehr sorgt in allen Stadtteilen für eine große Lärmbelastung. Vor allem die Kemnater warten seit langem auf eine Entlastungsstraße.

Unvollständiges Radwegenetz, Verbindungen für Radler an vielen Stellen unterbrochen.

Zu wenig geeignete Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.

Parkplatzmangel in fast allen Stadtteilen. Parkhaus an der Halle in Nellingen kaum genutzt.

Geschichte von Ostfildern: Die Stadt ist im Jahr 1975 durch den Zusammenschluss der Gemeinden Nellingen, Ruit, Kemnat und Scharnhausen entstanden. Seit einigen Jahren zählen die in der Nachkriegszeit erbaute Parksiedlung und der Scharnhauser Park als eigene Stadtteile. Der Scharnhauser Park ist in den vergangenen 25 Jahren auf dem früheren US-Kasernengelände „Nellingen Baracks“ errichtet worden. Heute leben dort 8500 Menschen. Damit ist die Einwohnerzahl der Gesamtstadt auf knapp 40 000 gewachsen.