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Seit 50 Jahre sorgt das Büro Fritz Deufel für die Standsicherheit von Hochhäusern und Industriebauten. Als Spezialist für Windkanäle hat sich die Firma einen Namen gemacht.

Deizisau Statiker stehen bei Bauprojekten eher im Hintergrund, so auch die Ingenieurgesellschaft Fritz Deufel, die nun ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Doch ohne Tragwerksplanungen kann nicht gebaut werden. Und die Firma aus Deizisau ist auf ihre Projekte so stolz, dass sie in ihrer Festschrift behauptet: „Wir haben die Stuttgarter Skyline geprägt“. Fast alle Hochhäuser habe man berechnet, sagt Michael Hartmann, einer der vier Chefs. Aber auch in Saudi-Arabien verlässt man sich man auf das Know-how der 25 Deufel-Leute. Dort wird gerade der 265 Meter hohe Sail Tower Jeddah errichtet. In der Automobilindustrie ist das Büro als Spezialität für Windkanäle gefragt.

Firmengründer Fritz Deufel kennt man in Deizisau. Er saß viele Jahre im Gemeinderat und war dort als Fachmann geschätzt. 1968, nach einer Maurerlehre und dem Studium der Tragwerksplanung, gründete er die Firma. Sie wuchs stetig und zog 1994 mit 20 Mitarbeitern in den eleganten und funktionalen Neubau in der Sirnauer Straße ein. 2004 leitete Deufel die Nachfolgeregelung ein und machte seine Projektleiter Andre Bittner und Michael Hartmann zu Geschäftsführern und Mitgesellschaftern. 2015 löste Sohn Tilo Deufel den Firmengründer, damals 75 Jahre alt, als Geschäftsführer ab. Seither ist noch Mitarbeiter Michael Schätzle in die Gesellschafterrunde aufgenommen worden. Die vier Chefs, alle Bauingenieure, scheinen sich zu verstehen und lange Betriebszugehörigkeiten sprechen für ein gutes Arbeitsklima. Die Firma bildet Bauzeichner aus und betreut Studenten der Hochschule für Technik bei ihren Abschlussarbeiten – in der Hoffnung, dass der ein oder andere hängen bleibt.

Gebäude immer komplizierter

Ein Blick auf die Rubrik „Projekte“ auf der Homepage des Büros lohnt sich. Beeindruckende Bauten sind dort abgebildet, oft mit großen Namen verbunden. Man findet den Skyline-Wohnturm Stuttgart, Verwaltungsbauten von Banken in Ulm und Moskau, Forschungsgebäude von Industriekonzernen, Kaufhäuser wie das Esslinger ES oder Gerber in Stuttgart, das Nürtinger Krankenhaus. Momentan mischt Deufel im Raum Stuttgart beim boomenden Hotelbau mit und bei der Vielzahl von Brücken für Stuttgart 21. Stolz sind die Deizisauer darauf, einer von weltweit drei oder vier Spezialisten für Windkanäle zu sein. „Wir sind eine Firma, die mit Erfahrung und Verständnis rangeht“, sagt Hartmann, deshalb übertrage der ganz große Anbieter aus den USA die Aufträge in Deutschland an Deufel.

Diese ovalen Betonröhren, circa 100 Meter lang und 50 Meter breit, müssen so konstruiert sein, dass der Wind absolut gleichmäßig durchströmt. Deufel hat den Windkanal für BMW (siehe Foto oben) und VW berechnet. Fünf Jahre beschäftigt so ein Projekt das Büro und macht etwa ein Drittel des Umsatzes aus. Kein Gebäude kommt ohne Gründung, ohne Stützen, Wände und Decken aus. Bei der Platzierung der Stützen setzen Architekt manchmal andere Prioritäten, dann muss sich der Bauingenieur mit Stützen und Wandstärken jonglieren. „Das Erdgeschoss ist meistens das Spannende“, sagt Tilo Deufel, denn hier ist in der Regel eine andere Nutzung als in den Obergeschossen geplant; die Tiefgarage darunter macht es nicht einfacher, sie hat ihre Funktion zu erfüllen. Michael Schätzle bringt die Arbeit auf einen Nenner: „Solange Stützen und Wände aufeinander stehen, ist es einfach. Wenn nicht, wird’s anspruchsvoll.“

Die Digitalisierung verändert die Arbeit der Tragwerksplaner gewaltig. Bei BIM (Building Information Modelling) sei Deufel im Raum Stuttgart führend, sind sich die Geschäftsführer einig. Mit diesen digitalen dreidimensionalen Modellen werden die Betonkonstruktion, die Fassade und die komplette Haustechnik dargestellt. Alle, die am Bau beteiligt sind, haben somit Zugriff auf die gleiche Datenbasis. Material- und Personalplanung werde einfacher, die Ausführung genauer planbar und die Kostensicherheit erhöht. „Die Gebäude werden immer komplizierter, wodurch immer mehr Kollisionspunkte entstehen“, erläutert Schätzle den Hintergrund. Mit dem Gesamtmodell erkenne man Konfliktpunkte frühzeitig. „BIM entwickelt sich rasant“, stellt Hartmann fest. Doch Deutschland, so ergänzt Tilo Deufel, hinke hinterher.