Von Klaus Harter

Transporter stehen im Halbkreis um das Gebäude, drinnen herrscht emsige Geschäftigkeit. In der Markthalle im Scharnhauser Park läuft der Endspurt. Die Inneneinrichtung ist fertig, die Theken und Auslagen müssen nun noch mit Inhalten gefüllt werden: Backwaren, Fleisch und Wurst, Obst und Gemüse sowie Feinkost. Gekocht wird dort ebenfalls. Die Markhalle ist Bestandteil des Gebäudekomplexes, den das Siedlungswerk Stuttgart für 17 Millionen Euro zwischen Niemöllerstraße, Kreisverkehr und Stadtbahnhaltestelle errichtet hat. Am Donnerstag, 1. Dezember, wird sie eröffnet.

Eigentlich wollte die Stadt Ostfildern auf der jahrelang als Parkplatz genutzten Fläche am östlichen Eingang des Stadtteils ein Hotel, fand aber keinen Betreiber. Schließlich gewann sie das Siedlungswerk als Investor für ein Wohn- und Geschäftsgebäude. Alle 52 Eigentumswohnungen sind bereits verkauft, berichtet Projektleiter Alexander Kentsch. Sie werden im Frühjahr fertig, kündigt er an. Belegt seien die Gewerbeflächen im Erdgeschoss entlang der Niemöllerstraße. Dort ziehen die Kreissparkasse, ein Hörakustiker, eine Reinigung und an der Piazza eine Eisdiele ein.

Die Wohnhaus GmbH richtet in dem Komplex eine Wohngruppe für zwölf Menschen mit Behinderung ein. Und auf Wunsch der Stadt hat das Siedlungswerk direkt neben der Markthalle eine Behindertentoilette eingebaut, die mit einem Euroschlüssel zugänglich ist.

Die Markthalle befindet sich im Erdgeschoss eines zweigeschossigen Baus, der sich an das fünfgeschossige Gebäude angliedert. Rainer Lechner, Erster Bürgermeister von Ostfildern und Geschäftsführer der städtischen Entwicklungs- und Sanierungsgesellschaft (SEG), habe die Idee gehabt, auf dem letzten freien Grundstück im Scharnhauser Park eine Markthalle zu bauen und sei damit 2011 auf das Siedlungswerk zugekommen, erzählt Alexander Kentsch. Für die gemeinnützige Gesellschaft für Wohnungs- und Städtebau sei es das erste Projekt dieser Art. Sie habe gerne den Wunsch der Stadt aufgegriffen, „etwas Innovatives zu machen“.

Von Anfang an habe es Überlegungen gegeben, in der Markthalle regionale Spezialitäten anzubieten, sagt der Projektleiter. Mit der Stadtbäckerei Schultheiß zieht ein lokaler Anbieter ein. Sie produziert in Nellingen, im Scharnhauser Park eröffnet sie ihr 23. Fachgeschäft, sagt Frank Schultheiß. „Wir backen alles nach eigenen Rezepturen“, betont er. Die Bäckerei habe „ein eigenes Reinheitsgebot“. Obst- und Gemüseanbau Welz kommt aus Fellbach und hat dort bereits eine Markthalle, teilt Dominic Welz mit. „Ich sehe uns ein bisschen als täglichen Wochenmarkt.“ Sein Betrieb sei vor knapp zehn Jahren in die Direktvermarktung eingestiegen biete frisches Gemüse und Obst vorwiegend aus eigenem Anbau. Die Gärtnerei verfüge über 40 Hektar Anbaufläche, einen Teil bewirtschafte sie biologisch.

Die Metzgerei Häfele hat ihren Sitz in Winnenden. Sie produziere nicht nur Wurst und Fleischwaren, sondern habe auch einen eigenen Schlachthof, berichtet Max Häfele. Dort schlachte sie nur junge weibliche Rinder, weil das Färsenfleisch „viel zarter“ sei. Die Schweine beziehe die Metzgerei direkt von Bauern aus einem Umkreis von weniger als 50 Kilometern. Markthallen sind für Max Häfele „die Zukunft der Bäcker und Metzger“. Für seinen Betrieb sei es nach Winnenden die zweite, die dritte sei in Planung. Häfele bietet täglich, außer sonntags, einen Mittagstisch mit drei Gerichten an und hat dafür drei Köche eingestellt.

Joseph Khoury und Adnan Alrajab, zwei Flüchtlinge aus Syrien, haben mediterrane Feinkostspezialitäten und täglich syrische Gerichte im Angebot. Khoury, ein studierter Chemiker, wollte sich zusammen mit dem Koch Alrajab als Gastronom selbstständig machen - am liebsten in der Nähe der Stadtbahnhaltestelle. Im April fragte er beim Siedlungswerk an und rannte offene Türen ein, erzählt Monika Weber. Ihr war ein Feinkostanbieter wegen Krankheit abgesprungen. Für die Finanzierung ihres Projekts benötigten sie einen Kredit. Die Kreissparkasse und Bürgerschaftsbank beriefen deshalb extra Vorstandssitzungen ein, weil die Flüchtlinge keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung haben - und gaben grünes Licht. Ihre Geschäftsidee überzeugte.