Rechts ist die große Eisen-Spundwand zu sehen, mit der das Baufeld zum Gleisbett abgetrennt ist. Später wird dort die Unterführung verlaufen. Foto: Holzwarth Quelle: Unbekannt

Von Sylvia Gierlichs

Die Bauarbeiten für die Unterführung, die den Bahnübergang an der Schützenstraße ersetzen soll, sind auch in den Wintermonaten fast ohne Unterbrechung weitergegangen. Oberbauleiter Arno Steiniger gewährte nun Einblicke in die Arbeiten.

Auf großes Zuschauerinteresse stießen die Bauarbeiten an der Nürtinger Straße im vergangenen November, als wegen der Errichtung von Bohrpfahlwänden die Bahnstrecke Stuttgart-Tübingen zwischen Wendlingen und Nürtingen gesperrt werden musste. Was passionierte Bahnfahrer möglicherweise etwas aus dem Tritt brachte, weil sie auf Ersatzbusse umsteigen mussten, freute etliche Zaungäste, die die Arbeiten mit der beachtlich großen Ramme im Baufeld genau unter die Lupe nahmen. Darunter waren offenbar auch viele Bewohner der neuen Seniorenwohnanlage Taläcker. „'Besser als Fernsehen' sagte einer der Senioren“, erzählte Oberbauleiter Arno Steiniger von der Baufirma Wolff und Müller schmunzelnd von einer besonders netten Begegnung.

Bei der sogenannten überschnittenen Bohrpfahlwand wird zunächst jeder zweite Betonpfahl - Primärpfahl genannt - in die Erde gebohrt und betoniert. In die Zwischenräume, die kleiner als der Durchmesser eines Bohrpfahls sind, werden dann sogenannte Sekundärpfähle eingebracht, wobei diese in die bereits stehenden Bohrpfähle einschneiden. Die Sekundärpfähle werden mit bewehrtem Beton verfüllt. Der Effekt: Das Baufeld wird gegen eindringendes Wasser abgedichtet. Das ist vor allem deswegen wichtig, weil die Baustellentiefe mittlerweile bereits das Grundwasserniveau unterschritten hat.

Mit einer sogenannten Spundwand aus Eisen, die ebenfalls in den Boden gerammt wurde, hat die Baufirma Wolff und Müller zudem das Baufeld zum Gleisbett der Bahn abgetrennt. Auch hier wird mit einer Art Nut-und-Feder-Technik gearbeitet, bei der eine Spundwanddiele in die nächste eingefädelt wird. Trotz der Größe der Spundwanddielen ist hier eine ruhige Hand vonnöten, um die Dielen aneinanderzufügen. Die Spundwand auf der Baustelle an der Nürtinger Straße wird dort übrigens nicht dauerhaft bleiben, sie dient derzeit nur der Stabilisierung des Gleisbetts, während vor und hinter dem Gleisbett Erdaushubarbeiten gemacht werden. Dort, wo heute die Spundwand verläuft, wird später die Unterführung eingebaut.

15-Meter-Anker sichern Bohrpfähle

Da das anstehende Erdreich gegen die Bohrpfähle drückt, muss jeder zweite Pfahl mit einem 15 Meter langen Anker nochmals abgesichert werden. „3000 Quadratmeter beträgt die Fläche der Bohrpfahlwand. Und wenn alle Anker gesetzt sind, würden diese aneinandergereiht eine Länge von 3,3 Kilometern haben“, verdeutlicht Arno Steiniger von der ausführenden Baufirma Wolff und Müller, dass die Dimensionen an der Wendlinger Großbaustelle alles andere als mickrig sind. Auch die 25 000 Kubikmeter Erdaushub, die notwendig sind, um die Unterführung unter den Bahnschienen zu erstellen, sind eine ordentlich große Menge.

Bis Mitte März, schätzt Steiniger, werden die Anker- und Erdaushubarbeiten noch andauern. Dann erfolgt ab April bereits der Einbau des Betons der Bodenplatten für die einzelnen Abschnitte der sogenannten Grundwasserwanne und der Bahnunterführung.

Bis November stehen dann der Einbau von einer Verschubbahn und zwei Bahnhilfsbrücken an, über welche die Eisenbahn weiter auf ihrem Gleis fahren kann. Unterhalb dieser Bahnhilfsbrücken kann der Aushub für den späteren Bau der Unterführung unter den Bahngleisen erfolgen.

Dann ist im November eine zweite Sperrung der Bahnstrecke notwendig, diesmal 120 Stunden. In dieser Zeit werden die Hilfsbrücken wieder ausgebaut und die Unterführung in die Endlage im Gleisbereich verschoben. Baustellenfans sollten sich den November also schon einmal vormerken, denn dann gibt es in der Nürtinger Straße bestimmt wieder einiges zu sehen - möglicherweise Besseres als im TV.