Trikots für Quartiersforscher in Denkendorf: Barth, Eininger, Lucha (v.l.). Foto: Krytzner - Krytzner

Das Land fördert Quartiersarbeit in Kommunen: Auch Ostfildern und Denkendorf haben Mittel erhalten. Sozialminister Lucha hat sich vom richtigen Einsatz der Gelder überzeugt.

Kreis EsslingenDie Förderung der Quartiere im Ländle liegt dem Minister für Soziales und Integration in Baden-Württemberg am Herzen. Aus diesem Grund startete das Ministerium einen Ideenwettbewerb. Im vergangenen Jahr wurden 53 Kommunen für die eingereichten Ideen ausgezeichnet, darunter auch Ostfildern und Denkendorf. Am Freitag hat Minister Manfred Lucha die beiden Gewinnergemeinden im Landkreis besucht und war von der Quartiersarbeit beeindruckt.

Dafür gibt es kein Patentrezept. Die Bedarfe, Strukturen und die konkreten Angebote vor Ort sind ganz unterschiedlich. Die Projekte sind auf das jeweilige Quartier passgenau zugeschnitten. Die Landesstrategie „Quartier 2020 – Gemeinsam. Gestalten“ wird mit zwölf Millionen Euro gefördert und ist ein Leuchtturmprojekt des Ministeriums. Diese soll Antworten auf die Fragen des künftigen Zusammenlebens der Generationen geben: „Die Lösungen liegen in den Quartieren vor Ort. Es braucht die Nachbarschaft, in der Menschen Verantwortung füreinander übernehmen.“ Vor Ort sei der demografische Wandel längst spürbar, erklärte der Sozialminister. Er versprach, dass die Gemeinden, Städte und Landkreise über das Sonderprogramm finanzielle Zuschüsse erwarten können.

Ostfildern ist ein „ Lichtblick“

Das Nachbarschaftshaus im Scharnhauser Park leistet seit Jahren Pionierarbeit. Dort finden Interessierte den Bürgertreff, eine Beratungsstelle, Wohnungen für Menschen mit Behinderung und ein Pflegeheim. Ein offenes Atelier und die bürgergestützte Wohngemeinschaft „Lichtblick“ runden das Angebot unter einem Dach ab. Oberbürgermeister Christoph Bolay freute sich über die Auszeichnung des Sozialministeriums und verdeutlichte: „Das Konzept hat sich bewährt, es ist mit Leben gefüllt und erfreut sich einer hohen Akzeptanz.“

Doch die Stadt ruht sich nicht auf den Lorbeeren aus. Seit Herbst 2017 gibt es eine langfristige Planung bis ins Jahr 2030. Das Herzstück ist die Quartiersplanung, wie Bolay erläuterte. Ein Teil sei mit „WiPs“ (Wir in der Parksiedlung) bereits umgesetzt und als Nächstes steht der Stadtteil Nellingen im Fokus. Mit dem Projekt „Gutes Älterwerden in Nellingen – Bürger gestalten ihre Zukunft“, soll die Bevölkerung erneut eingebunden werden und mitgestalten. Nellingen sei ein lebendiger Stadtteil, begründete Christoph Bolay den nahen Projektstart in Nellingen.

Auch das letztjährig eröffnete Reparatur-Café im Treffpunkt Parksiedlung hat sich bewährt. Dieses ist rein bürgerschaftlich organisiert. Die Organisation trifft sich in einem Austauschgremium alle sechs bis acht Wochen. Da besprechen alle Vertreter für die Quartiersprojekte diverse Punkte und Visionen. Dabei stellte die Stadtverwaltung erfreut fest, dass sich immer mehr jüngere Leute an der Planung und Umsetzung beteiligen.

Quartiersforscher im Einsatz

Der Kreis Esslingen hat das prämierte Projekt „Quartiersforscher – Gestaltung lokaler Altenhilfelandschaften“ gestartet. Dies ist eine Kooperation des Landkreises mit neun Kommunen. Aichtal, Denkendorf, Erkenbrechtsweiler, Köngen, Kohlberg, Leinfelden-Echterdingen, Neckartailfingen, Neckartenzlingen und Wendlingen haben gemeinsam eine Strategie entwickelt. Im Landkreis Esslingen leben derzeit knapp über 105 000 Menschen in der Altersgruppe von 65 bis 90 Jahren. Bis ins Jahr 2035 soll diese Altersgruppe nach Angaben des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg auf über 140 000 Menschen anwachsen.

Dieser Entwicklung trugen die neun Kommunen Rechnung und schufen ein einmaliges Projekt. Landrat Heinz Eininger erklärt die Idee: „Wir wollten viele Gemeinden und Städte für die Gestaltung der lokalen Altenhilfelandschaften gewinnen. Heute können wir bereits erste Ergebnisse der Umsetzung präsentieren.“ Am Beispiel des Kooperationspartners Denkendorf zeigte Landrat Eininger den Vertretern des Sozialministeriums, wie erfolgreich Quartiersarbeit in einer Gemeinde aussehen kann. Das Rathaus, der Pflegestützpunkt sowie ein Sinnesgarten mit Betreuungsangebot für ältere Menschen sind an einem Ort vereinigt, mitten in Denkendorf. „Weiter ist der Aufbau einer Tagespflege im ehemaligen Notariat geplant.“

Ralf Barth, Bürgermeister in Denkendorf freut sich über die Kooperation: „Wir bekommen dadurch einen erweiterten Blick für die dritte Fortschreibung unseres Altenhilfeplanes.“ Stolz zeigte Barth dem Sozialminister den Ort. In der Museumsscheuer findet jährlich ein Sommerfest für Menschen mit und ohne Demenz statt, erklärte der Bürgermeister. Barth lobte Anne Demuth, die den Sinnesgarten initiiert hat: „Sie pflegt diesen Ort der Begegnung und Erinnerung gemeinsam mit ehrenamtlichen Helferinnen der katholischen Nachbarschaftshilfe.“ Die Quartiersforscher seien in allen Kommunen im Einsatz, ergänzte Landrat Eininger, und würden mit offenen Augen und Ohren durch die Quartiere gehen, um weitere Ideen zu sammeln.

Lucha zeigte sich beeindruckt: „Wir können voneinander lernen und gemeinsam die Zukunft gestalten. Hier darf man auch voneinander abgucken – Copy und Paste sind ausdrücklich erwünscht.“ Er wünscht sich, dass alle an einem Strang ziehen und sich viele weitere Kommunen an der Quartiersforschung beteiligen.