Besucherinnen betrachten interessiert die Vitrine mit Heiligenfigur und Abendmahlkelch. Foto: Bail - Bail

Plattenhardt feiert 750. Geburtstag. Anlässlich dieses Jubiläums ist in Bonlanden derzeit eine abwechslungsreiche Sonderausstellung zur Historie der Gemeinde zu sehen.

FilderstadtDas wäre einst undenkbar gewesen: der Heilige aus Plattenhardt wird in Bonlanden gezeigt. Gemeint ist die Plattenhardter Heiligenstatue des Sankt Antonius aus dem 15. Jahrhundert, die aufgrund des Bilderverbots während der Reformationszeit in einer Sakramentsnische versteckt werden musste. Erst 1964 wurde sie entdeckt. Jetzt ist die 60 Zentimeter große Figur aus der Plattenhardter Kirche eines der bemerkenswerten Ausstellungsstücke in der Sonderausstellung im Filderstadt-Museum in Bonlanden.

Das mache die Weiterentwicklung der Stadt deutlich, sagte Oberbürgermeister Christoph Traub bei der Eröffnung anlässlich des 750-Jahr-Jubiläums von Plattenhardt. „Eine Reise durch die Ortsgeschichte in Objekten“ verspricht die Schau, die nicht nur für Einheimische mit Bezug zur örtlichen Tradition interessant ist. Ob ein 180 Jahre alter Hochzeitsschrank, oder das Fragment einer Fensterscheibe mit der Inschrift „Eduard M.“ aus dem Jahr 1829 – alle Gegenstände erzählen eine spannende Geschichte und wurden von Stadtarchivar Nikolaus Back und seinem Team ansprechen in Szene gesetzt.

Die Rückschau auf einen Stadtteil mit Vielfalt und Besonderheiten wird laut Traub ergänzt durch einen bedeutungsschweren Heimatband. Der 24. Band der Filderstädter Schriftenreihe liest sich spannend wie ein Historienkrimi. Vieles, was aus Platzgründen in der Ausstellung nur angedeutet wird, kann im Buch ausführlich nachgelesen werden – nette Anekdoten und heitere Überlieferungen dazu. Man muss sich allerdings sputen. Von den 1500 Exemplaren der ersten Auflage sind 90 Prozent verkauft.

Keramikscheiben aus der Jungsteinzeit

Das älteste Objekt in den Vitrinen sind Keramikscherben aus der Jungsteinzeit und ein römischer Reliefstein mit zwei Göttinnen, der 1880 in der Uhlbergstraße gefunden wurde. Der Grund der Feier, die Urkunde von 1269 mit der ersten urkundlichen Erwähnung Plattenhardts, ist als Kopie zu sehen. Ein Dokument von 1483 befasst sich mit einem Streit, ob die Bernhauser für Grundstücke in Plattenhardt Steuern bezahlen müssen oder nicht.

Der in seiner Schlichtheit bestechende Abendmahlkelch aus dem 15. Jahrhundert ist nicht nur eine Augenweide, er hat auch eine spannende Geschichte. Ein schwedischer Offizier schenkte ihn 1632 als Ersatz für den gestohlenen der Kirchengemeinde. Der Stadtarchivar vermutet, dass auch dieser gestohlen war. Hochinteressant ist der Plattenhardter Schrank, angefertigt 1836 für Michael und Barbara Dast, die 17 Kinder hatten, wovon neun überlebten.

Ein großes Kapitel umfasst die Plattenhardter Vereine und alte Ansichtskarten, häufig mit dem Uhlbergturm als Motiv – die Touristenattraktion seit 1903. Sieben der 15 Plattenhardter Sagen aus der Feder des Amerika-Auswanderers Martin Bürkle, der die frei ausgelegten Erzählungen 1891 in „gewalttätigem Schwäbisch“ verfasste, hat Elisa Fischer für die Ortschronik leicht lesbar nacherzählt, Albrecht Weckmann hat sie dramatisch illustriert.

Auch Martin Langs reizende Mundarterzählung von „D‘ Fuierehr vo‘ Plattahardt“ aus dem Jahr 1912 bekommt ihren Platz. Bonlanden und Plattenhardt hatten eine gemeinsame Feuerspritze, die in Bonlanden untergebracht war, erzählte Back. Brannte es in Plattenhardt, musste sie im Nachbarort geholt werden. In der Chronik kann man nachlesen, dass auch die Feuerglocke nicht gezogen werden konnte, wenn die Polizei-Marie am Glockenseil die Wäsche hängen hatte und dass in der Eile schon mal die Dreschmaschine statt der Feuerspritze erwischt wurde. Beispiele des Handwerks finden sich in Exponaten aus Paul Löfflers Seilerei und aus der Zigarrenfabrik Bachofer. Passfotos von Zwangsarbeitern sind unter anderem trauriges Zeugnis aus der NS-Zeit. Eine Broschüre zum 25. Tennis Grand Prix mit Tennislegende Martina Navratilova auf dem Cover erzählt von fast drei Jahrzehnten, in denen Plattenhardt im Rampenlicht der internationalen Tenniswelt stand.

Veranstaltungen zum Jubiläum: Freitag, 31. Mai, 22 bis 24 Uhr, „lebendige Bilder“ in 15 Stationen mit 150 Darstellern im Ortskern. 5. bis 7. Juli Festwochenende mit Umzug am 7. Juli. Die Ausstellung dauert bis 17. November.