Beinahe wären die Gemeinde Reichenbach und der Schäferhundeverein gegeneinander vor Gericht gezogen. Jetzt sind sich beide Seiten doch noch einig geworden im Streit um das Vereinsgelände, das die Gemeinde als Überschwemmungsfläche für den geplanten Hochwasserdamm braucht. Sie kauft die Fläche und hilft dem Verein bei der Suche nach Ersatz, auch außerhalb ihrer Gemarkung.

Von Karin Ait Atmane

Im Frühjahr schien die Lage komplett verfahren: Bürgermeister und Vereinsvorstand beschuldigten sich gegenseitig, nicht zu kooperieren. Das Gelände des Schäferhundevereins Reichenbach, eine weitläufige Wiese mit Vereinsheim, liegt ein Stück oberhalb des geplanten zehn Meter hohen Hochwasserdamms im Reichenbachtal und wird damit zur potenziellen Überschwemmungsfläche. Der Verein sei mit seinen Hunden durchaus höherklassig unterwegs, bis hin zur Deutschen Meisterschaft, betont der Vorsitzende Michael Buchmann, der im November mit seinem Hund bei der Weltmeisterschaft im Schutzhundesport in den USA war.

Das Angebot der Gemeinde, den Platz als Trainingsgelände zu belassen und das Vereinsheim auf ein etwas höher liegendes Nachbargrundstück zu verlegen, lehnte der Verein ab, was die Gemeinde akzeptiert hat. Man sehe, dass das „aus rein praktischen Gründen“ nicht gehe, sagt Bürgermeister Bernhard Richter. So könne man auf einer Überschwemmungsfläche keine elektrischen Leitungen verlegen, die fürs Licht beim Training gebraucht würden, und das Vereinsheim wäre - auch für Zuschauer bei Turnieren - zu weit entfernt.

Da beide Seiten vor einem Rechtsverfahren zurückschreckten, setzte man sich noch einmal zusammen und fand folgende Lösung: Die Gemeinde kauft dem Verein das Gelände ab, er kann es aber bis Ende 2017 nutzen. Gleichzeitig unterstützt die Verwaltung den Verein bei der Suche nach einem neuen Standort auch über Reichenbach hinaus. Denn auf der eigenen Gemarkung bieten sich kaum Möglichkeiten, ist doch wegen der bellenden Hunde ausreichend Abstand zur Wohnbebauung gefordert. Derzeit habe man 77 Mitglieder, wovon etwa 20 mit ihren Hunden aktiv seien, sagt Buchmann.

Über den Kaufpreis für die Fläche schweigen sich Richter wie Buchmann aus. Dass damit beide Seiten gut leben können, zeigt sich im Abstimmungsergebnis der beteiligten Gremien: Der Gemeinderat hat ebenso wie die außerordentliche Mitgliederversammlung des Vereins die Lösung einstimmig befürwortet. Es handle sich um eine „Win-win-Situation“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Ein Standort in Lichtenwald wurde schon gesichtet und steht jetzt zur Diskussion. Sollte es damit nicht klappen, werde man gemeinsam weiter suchen. Container für ein neues Vereinsheim hat Buchmann bereits angeschafft, sie würden dann am neuen Standort so verkleidet, dass sie sich in die Umwelt einfügen. „Dann sind wir innerhalb von zwei Wochen wieder startklar“, sagt er.

Das Planfeststellungsverfahren für das Rückhaltebecken ist bereits fortgeschritten, die Anregungen dazu sind eingegangen und der Erörterungstermin steht bevor. Auch mit einem weiteren Eigentümer, der zunächst nicht umziehen wollte, habe man eine Lösung gefunden, berichtet Richter. Er gehe davon aus, dass das Verfahren für das Vier-Millionen-Euro-Projekt im Frühjahr abgeschlossen sei und dann die Bauarbeiten ausgeschrieben werden. Baubeginn ist voraussichtlich 2018.

Der zehn Meter hohe Damm soll 100 000 Kubikmeter Wasser stauen und damit Hochwasser in Reichenbach verhindern. Denn bei starkem Regen schwellen die Schurwaldbäche rasant an und sammeln sich im Tal. Zuletzt stand 2007 die Ortsmitte unter Wasser. Ein Jahr später, also vor acht Jahren, begannen bereits die ersten Planungen und die Sichtung möglicher Varianten für den Hochwasserschutz.