Michael Wucherer im neuen DRK-Look bespricht sich mit Daniela Schilling, Leiterin der Krankentransportwache Nürtingen. Foto: Krytzner - Krytzner

Feierabend ist für Michael Wucherer eher ein Fremdwort, denn ganz abschalten kann er nie ganz. Als Einsatzleiter des DRK-Rettungsdienstes ist er rund um die Uhr einsatzbereit.

Kreis Esslingen Seit fast 30 Jahren ist Michael Wucherer beim Deutschen Roten Kreuz im Rettungsdienst tätig. Seit mehreren Jahren leitet er dort den Rettungsdienst. Dazu gehören, wie er erklärt, nebst der Verantwortung für den Rettungsdienst, auch die Leitung über die Krankentransporte und die Integrierte Leitstelle, in der die Notrufe ankommen. Am Telefon sitzen Disponenten, die festlegen, welche Fahrzeuge eingesetzt werden. Manchmal müssen sie blitzschnell entscheiden, ob ein Rettungswagen samt Notarzteinsatzfahrzeug oder nur ein Krankentransportwagen losgeschickt wird. Der Einsatzleitrechner nennt den Disponenten in Sekundenschnelle das am Einsatzort nächstgelegene Fahrzeug.

Als Rettungsdienstleiter hat Michael Wucherer Geschäftsführerfunktion, er kümmert sich auch ums Personal und hat die wirtschaftliche Verantwortung. „Wir sind als Unternehmen autark“, sagt er, „als Gesellschafter fungieren die beiden DRK-Kreisverbände Nürtingen-Kirchheim und Esslingen.“ Mit über 300 hauptamtlichen Mitarbeitern zählt der Rettungsdienst im Kreis Esslingen zu den fünf größten im Land. Diese betreuen ein mehr als 640 Quadratkilometer großes Gebiet mit rund 530 000 Einwohnern.

ICE-Tunnel neue Herausforderung

Den Rettungskräften stehen acht Notarzteinsatzfahrzeuge, 23 Rettungswagen, 18 Krankentransportwagen sowie je ein Schwerlastauto zur Verfügung. Zwei Kommandowagen sind vorgehalten. Im vergangenen Jahr legten diese Fahrzeuge bei 39 181 Notfalleinsätzen und 30 385 Krankentransporten 1,78 Millionen Kilometer zurück. „In unserem Einsatzgebiet herrscht das größte Gefahrenpotenzial“, sagt Wucherer: „Wir haben die Autobahn A8, einige Bundesstraßen, eine umfangreiche Industrie sowie den Flughafen.“ Dazu kommen die Flüsse und Badeseen sowie die Schwäbische Alb. „Als neue Herausforderung sehen wir die ganzen Eisenbahntunnel entlang der neuen ICE-Trasse.“ Der Rettungsdienst ist an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr einsatzbereit. Die Notfallrettung arbeitet in Zwölf-Stunden-Schichten. „Am Tag können im Notfall sechs Notärzte und 13 Rettungswagen samt Besatzung sofort losfahren.“ Als einer der ersten im Land habe der Rettungsdienst im Kreis Esslingen auch nachts zwei Krankentransporter zur Verfügung.

Michael Wucherer führt mehrere Teamleiter, die verschiedene Abteilungen betreuen: Bildung, die Teilnehmer am Freiwilligen Sozialjahr, Dienstplanung, Administration im Rettungsdienst, Fuhrpark und die Medizinprodukte. Michael Haack, organisatorischer Leiter bei Notfalleinsätzen, sagt: „Wenn es von Firmen Rückrufaktionen gibt, müssen wir blitzschnell handeln und fehlerhafte Teile sofort aus dem Verkehr ziehen und austauschen.“ Er denkt dabei an Schläuche bei Atemgeräte oder Defibrillatoren. „Wenn da etwas nicht funktioniert, geht es sofort um Menschenleben.“ Weil die Retter stark ausgelastet sind, „prüfen wir diese Dinge vor allem Samstagfrüh“. Wirklich Feierabend habe man im Rettungsdienst kaum, sagt Michael Wucherer. „Die Tätigkeit hört abends nicht auf.“ Für ihn sei es wichtig, immer ansprechbar zu sein. In besonderen Situationen seien 50 Wochenstunden keine Seltenheit. Seine Erklärung für die hohe Einsatzbereitschaft: „Es geht am Schluss immer um Menschen.“

Wenn Michael Wucherer im Büro am Hohen Gestade in Nürtingen sitzt, kümmert er sich hauptsächlich um die strategische Ausrichtung des Rettungsdienstes und verfolgt Veränderungen im medizinischen Bereich. Es sei ein üblicher Bürojob, „E-Mails lesen und beantworten, viele Sitzungen“. Aber die Führungsarbeit macht Wucherer Spaß und er mag den stetigen Kontakt zu anderen Hilfsorganisationen oder zur Polizei. Fahrdienst übernimmt er nicht mehr. „Außer wenn es eben gemäß der festgelegten Alarm- und Ausrückeordnung nötig ist.“ Er rückt also aus, wenn es schwere Verkehrsunfälle gibt, bei Bränden mit Verletzen oder wenn bei Einsätzen andere Hilfsorganisationen dazu kommen. Ebenso wird Wucherer bei Verbrechen mit Verletzten sowie bei Unfällen im Flug- und Schienenverkehr gerufen.

Familie ist der Ruhepol

Wer mit dem Rettungsdienst in Berührung kommt, hat etwas erlebt, was nicht täglich passiert. Für diese Fälle ist der Rettungsdienstleiter gewappnet. „Man muss sich bei diesem Beruf zum einen in die Mitarbeiter und zum anderen in die Patienten oder Angehörigen hineinversetzen.“ Deshalb gehört ein hohes persönliches Engagement genauso zum Job wie die Bereitschaft, am Wochenende auf Abruf zu sein. Zeit für Hobbys hat Wucherer kaum. „Mein Ruhepol ist die Familie zuhause.“ Einen großen Freundeskreis hat er nicht. Kein Wunder: „Wer im Rettungsdienst unterwegs ist, kann kaum vorausplanen. Die Einsätze passieren, wann sie wollen.“ Trotzdem beteuert er: „Ich würde es genauso wieder machen.“ Er ist davon überzeugt, bis zur Rente beim Rettungsdienst zu bleiben. Die Arbeit macht ihm Spaß. „Ich arbeite ja nicht nur im, sondern auch am Unternehmen.“ Schmunzelnd erklärt er: „Selbst am letzten Arbeitstag werde ich noch was dazu lernen, wo ich dann sag, das hätte ich schon früher besser machen können.“