Foto: Gaby Weiß - Gaby Weiß

Ehrenamtliche Paten pflegen das "Rosen-Stückle" im Gewann Rosswürger in Köngen. Rosenpaten können sich jederzeit anschließen.

KöngenMan hat von dort aus eine herrliche Aussicht und einen weitläufigen Blick auf das Neckartal, Albvorland und die Schwäbische Alb, man kann Durchschnaufen, auf einer Bank Platz nehmen und sich zwischen den bewirtschafteten Feldern an einem kleinen Rosengarten freuen, den Ehrenamtliche pflegen. Das Köngener „Rosen-Stückle“ liegt im Gewann Rosswürger: An Friedhof und Spielfeld vorbei, den nächsten geschotterten Feldweg rechts, findet sich das kleine Paradies unterhalb einer großgewachsenen Birke, sehr zur Freude von Naturliebhabern, Spaziergängern und Joggern.
Vor rund 30 Jahren haben das Ehepaar Roth einen schmalen Keil einer Ackerparzelle, den die Bauern mit ihren Maschinen nicht bearbeiten konnten, gepachtet und dort die ersten Rosen gepflanzt. Als Hildegard Roths Mann, ein Landschaftsarchitekt, starb und die Gemeinde die Fläche, zu der der Rosengarten gehört, kaufte, hatten Hildegard Roth und Ursula Koch vom Bauamt der Gemeinde die Idee, das „Rosen-Stückle“ künftig ehrenamtlich zu bearbeiten. Seit etwas fünf Jahren kümmern sich nun Rosen-Paten um das kleine Fleckchen Natur.
Einer der Helfer hält das Gras zwischen den Rosen kurz, eine Gönnerin stiftete eine Sitzbank, als die alte aus dem Leim ging, und wenn es anstrengende Arbeiten zu tun gibt, helfen die Bauhof-Mitarbeiter aus. Die Rosen-Paten pflegen das ein bisschen verwilderte Paradies, schneiden zurück, halten den Wildwuchs im Zaum und entfernen Totholz, wie Brigitte Di Lembo erzählt: „Wir haben so viel Freude mit den Rosen und auch miteinander, da merken wir die Arbeit überhaupt nicht.“ Ihre Mitstreiterin Anne Rahm hofft, „dass sich immer mal wieder ein paar neue Ehrenamtliche finden, damit dieses Kleinod hier oben erhalten bleibt.“
Hildegard Roth hat ein wenig nachgeforscht: „Dieses Gelände war schon in der Jungsteinzeit besiedelt und ist damit einer der ältesten besiedelten Punkte auf der Gemarkung.“ Sie ist überzeugt, dass auch der Dichter Eduard Mörike, der 1827 für ein halbes Jahr Vikar in Köngen war, diesen Ort zu schätzen wusste: „Er war ein begeisterter Wanderer, ich bin sicher, dass er diesen schönen Blick liebte.“ Sie kann sich durchaus vorstellen, dass ihn dieses Fleckchen Erde zu seinem Gedicht „Um Mitternacht“ inspiriert hat, das er während seiner Köngener Zeit schrieb: „Die hervor rauschenden Quellen, die er im Gedicht nennt, gab es hier oben tatsächlich. Viele sind vermutlich der Flurbereinigung zum Opfer gefallen. Aber wenn es stark regnet, erscheint eine der Quellen auch heute noch“, erzählt die 84-Jährige.
Dem Ehepaar Roth lag es am Herzen, eine große Palette von Rosensorten zu zeigen: Historische und moderne, niedrige und hohe. Wer genau hinschaut, entdeckt auf kleinen Tafeln die Namen der Rosen und ihrer Züchter. Da finden sich außen die ganz hohen Sorten wie stachelige Kartoffel-Rosen. Die Kletter-Strauchrose „Dortmund“ bildet ebenso wie die „Rotilia“ bildschöne Hagebutten aus, die Strauchrose „Mozart“ entwickelt ganze Dolden winziger dunkelroter Rosenfrüchte. Eine Mai-Rose mit ungefüllten gelben Blüten ist jedes Jahr die erste, die blüht, und die niedrig wachsende „Gärtnerfreude“ macht ihrem Namen alle Ehre. Hildegard Roths Hätschelkind, die „Souvenir de la Malmaison“, gilt als Königin der Bourbon-Rosen und ist dem Rosengarten der Kaiserin Josephine gewidmet. Besonders stolz ist die 84-Jährige auf mehrere uralte Sorten, die in Köngen gedeihen: „Eine Rosa Sancta, die bereits als Kranz in Pharaonen-Gräbern gefunden wurde. Und eine Rosa Alba namens Maxima, von der die Römer ganze Schiffsladungen für ihre Feste liefern ließen.“ Die ehrenamtlichen Helfer profitieren von Hildegard Roths Rosen-Wissen, das die gelernte Gärtnerin und Floristin großzügig teilt: „Rosen gießt man nur einmal sehr gründlich, wenn man sie neu pflanzt. Außer in ganz trockenen Sommern wie in diesem Jahr, brauchen Rosen kein zusätzliches Wasser.“ Manche Rosen werden geschnitten, um eine zweite Nachblüte zu erzielen, andere nicht, damit sich Hagebutten ausbilden: „Das sieht nicht nur schön aus, sondern ist auch Futter für die Vögel.“ Der kleine Rosengarten wird mit viel Bewusstsein für die ökologischen Zusammenhänge bewirtschaftet.
Abgesehen von etwas kompostiertem Mist wird weder gedüngt noch gespritzt. Unter Schädlingen leiden die Pflanzen selten: „Rosen wollen Luft. Und hier oben weht immer ein kleiner Luftzug, da gibt es kaum Blattläuse“, weiß Hildegard Roth. Kürzlich ließen die Rosen-Paten eine Wildblumenwiese stehen. „Die hat sich prompt verselbstständigt und alles zugewuchert“, lacht Roth. Ganz bewusst ist das „Rosen-Stückle“ nicht eingezäunt: „Bei uns darf jeder hereinkommen, durchlaufen, gucken und sich an den Pflanzen freuen“, betonen die Rosen-Paten.
Wer sich den Rosen-Paten anschließen möchte, meldet sich bei Ursula Koch von der Gemeinde unter 07024/800762.