Philip Rößler lässt Kinder den jungen Steinkauz streicheln. Zuvor hat er dem Jungvogel, der demnächst flügge wird, einen Ring verpasst, ihn vermessen und gewogen. Foto: Eberle - Eberle

Die Kinder haben den kleinen Steinkauz Felix getauft. Bevor er flügge wird, verpasste ihm Philip Rösler von der Artenschutzgruppe des Nabu Köngen-Wendlingen zuvor einen Ring. Zahlreiche Neugierige schauten dabei zu. Die Nabu-Aktiven sorgen sich um den Bestand der bedrohten kleinen Eulenart.

KöngenNicht sein Name, sondern „HF91129 Radolfzell Germany“ steht auf dem kleinen, silberfarbenen Ring, den Felix nun trägt. Er ist knapp drei Wochen alt, wiegt 133 Gramm, hat zwei Geschwister und wohnt irgendwo in einer Röhre auf einer Streuobstwiese am Ortsrand von Köngen. Die Artenschutzgruppe Steinkauz im Nabu Köngen-Wendlingen hatte am Freitagabend zur öffentlichen Beringung von Jungvögeln dieser bedrohten Eulenart eingeladen. Felix nannten die Kinder den kleinen gefiederten Kerl. Sie durften ihn sogar streicheln.

Als vor 42 Jahren ein Kaminfeger ein kleines verrußtes Etwas zu Dieter Schneider brachte, ahnte er nicht, dass er damit den Grundstein für eine lebenslange Leidenschaft legen würde. Das kleine Etwas war ein Steinkauz. Der Steinkauz ist eine der kleinesten Eulenarten in Baden-Württemberg. 1976 gab es nur noch wenige lokale Restbestände des Steinkauzes in Köngen und Umgebung. Kontinuierlich hat sich der Bestand seitdem erholt, dank des Engagements von Dieter Schneider und seiner Mitstreiter in der Artenschutzgruppe. Das Gebiet, das die Artenschutzgruppe betreut, ist ebenfalls immer weiter gewachsen, seit längerer Zeit dabei sind Jesingen, Notzingen, Oberboihingen und Dettingen. Dort haben sie kürzlich einen Steinkauz aus Frankreich entdeckt, „das war natürlich ein Highlight“, berichtet Schneider.

Ein Jungvogel hat Blut am Schnabel

Ein anderer Steinkauz ist vor mehreren Jahren aus Fulda in den Süden gezogen, „er hat drei Mal Junge hochgezogen und wurde dann tot im Nest aufgefunden“. Eine Lebenserwartung von drei bis fünf Jahren in der freien Natur sei allerdings normal. Die sorgenfreie Zeit im Nest dauert für Jungvögel nur rund 30 Tage, dann werden sie von den Eltern vertrieben, meist bleiben sie aber in der Region. „2016 war bisher unser bestes Jahr, wir hatten 74 beringte Jungvögel, 2017 waren es nur 66. In diesem Jahr rechnen wir mit weniger Brutpaaren, dafür aber mit mehr Jungvögeln.“

Zur Nahrung zählen Insekten und Regenwürmer, bevorzugt aber Mäuse, vor allem im Winter. Ein Geschwisterchen von Felix hatte noch Blut am Schnabel, „der hat wohl kürzlich was zu Fressen bekommen“, erklärt Philip Rößler. Er war ebenso wie Jens Polzien in der Jugendgruppe des Nabu, beide sind Mitte 20 und beide engagieren sich seit Jahren dafür, dass sich die Bestände des Steinkauzes in der Region erholen. Dazu zählt, dass die Röhren regelmäßig gereinigt, ausgebessert und neue angebracht werden, außerdem haben sie die Brutröhren so optimiert, dass ein Marder eigentlich keine Chance hat, das Nest zu plündern.

Treffpunkt der öffentlichen Steinkauzberingung an diesem sonnigen Spätnachmittag war der Friedhof in Köngen. Rund 50 Neugierige kamen, darunter viele Kinder. Im März gibt es immer die öffentliche Anhörung, dabei wird der Ruf des Steinkauzes künstlich imitiert und die Steinkäuze antworten, so können die Experten die Population dieser Eulen sehr genau erhoben. Bei dieser Beringung konnten die Kinder das Steinkauzkind fast hautnah erleben. Es war nicht nur interessant, sondern für viele ein beglückendes Gefühl, diesem ungewöhnlichen Vogel so nahe zu kommen und mindestens ein Mädchen möchte nun unbedingt in der Nabu-Jugendgruppe mitmachen. „Wir freuen uns, wenn wir ein Bewusstsein für die Natur und deren Erhalt wecken können, denn jeder kann etwas für die Natur tun“, sagt Schneider. Und wer sich ganz konkret in der Artenschutzgruppe engagieren wolle, sei natürlich ebenfalls herzlich willkommen.

Immer wieder tauchte die Frage auf, wo denn wohl die Eltern der Jungvögel seien, ob es sie denn nicht störe, wenn Menschen ihre Jungen berühren. „Wo sie genau sind, wissen wir nicht“,antwortete Jens Polzien. Entweder sie ruhen sich für die Jagd in der Dämmerung und Nacht gerade in ihrer eigenen Röhre aus, oder sie beobachten das Geschehen aus der Ferne, erklärte er. Ein wenig gestresst wirkten die Jungvögel schon, während sie gemessen und gewogen wurden, aber sobald sie wieder im Nest sind, ist alles schnell vergessen und anders als viele denken, macht Vögeln der Menschengeruch nichts aus. „Es gibt nur wenig Vogelarten, die einen starken Geruchssinn haben“, weiß Polzien. Die Daten aus Köngen werden an die Vogelwarte in Radolfzell gemeldet, im Max-Planck-Institut für Ornithologie werden sie dann zentral erfasst und ausgewertet. Sie erlauben Rückschlüsse über die Entwicklung des Bestandes und das Verhalten der Vögel.

Felix hat fast schon das Gewicht eines ausgewachsenen Steinkauzes erreicht, er ist recht groß, wirkt gut genährt und gesund. In wenigen Tagen wird er auf sich alleine gestellt sein, einen Ort für sich finden und selbst Mäuse und Insekten jagen.

Wer einen Ring findet, kann den Fund ganz einfach über www.ring.ac melden. Und wer Lust hat, sich in der Artenschutzgruppe zu engagieren, selbst einen geeigneten Standort für eine Röhre anbieten oder eine Patenschaft übernehmen möchte, wendet sich einfach an E-Mail: ag-steinkauz@gmx.de