Das frühere Gelände des Reitvereins nutzt seit einigen Jahren ein Ponyhof, die Reithalle hat der Verein verkauft. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Der Reitverein Denkendorf musste vor Jahren seine Anlage verlassen. Der Vorstand strebt nun die Fusion mit den Esslinger Reitern an. Neue Mitglieder bringen die dafür nötige Mehrheit.

Denkendorf Gibt es den Reitverein Denkendorf überhaupt noch? Das fragen sich manche Denkendorfer. Denn die Reitanlage in der Nähe des Freibads musste der Verein vor etwa vier Jahren räumen, die Halle verkaufte er. Aber noch existiert der Verein. Ganz überraschend hat er im vergangenen Jahr sogar Zuwachs bekommen: 35 neue Mitglieder. Und dank dieser neuen Mitglieder gibt es nun eine Mehrheit, um sich mit dem Reit- und Fahrverein Esslingen zusammenzuschließen – inklusive des Vereinsvermögens von 126 000 Euro.

Friedrich Brutsche, Vorsitzender des Reitvereins Denkendorf, ist überzeugt, dass der Zusammenschluss eine Chance ist, die Ideen des Vereins fortzuführen und wieder zu einer Reitanlage, Reitlehrern und Pferden zu kommen. Dagegen halten die meisten alten Mitglieder nichts von der Fusion und betrachten sie eher als feindliche Übernahme. Sie überlegen derzeit noch, wie sie den Beschluss anfechten können.

Bei einer Versammlung im Jahr 2016 waren die meisten der 15 anwesenden Mitglieder für die Auflösung des dahin vegetierenden Vereins – das Vermögen würde dann satzungsgemäß an den Württembergischen Landesportbund gehen. Das sollte jedoch erst auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung beschlossen werden.

2017 gab es allerdings keine Versammlung, erst Anfang 2018. Ein Pferdebesitzer, die seit vielen Jahren im Verein ist, hat sich gewundert, dass er auf dieser Mitgliederversammlung kaum jemand kannte. Eine Reiterin berichtet, dass die neuen Mitglieder aus dem Umfeld des Vorstands des Esslinger Reitvereins kommen. Bei der Abstimmung votierten 38 für den Erhalt des Vereins und Fusionsverhandlungen mit Esslingen, 13 Mitglieder stimmten für die Auflösung des Denkendorfer Vereins. „Das ist noch lange nicht durch“, sagt ein Denkendorfer Reiter, der in kleiner Runde über juristische Wege diskutiert hat.

Vorsitzender Brutsche hält es dagegen für seine Aufgabe, Vorschläge für die Zukunft des Vereins zu unterbreiten. Angesichts der aktuellen Lage auf dem Denkendorfer Ponyhof, dem der Verein vor vier Jahren weichen musste, könnte sich Brutsche theoretisch auch einen Neustart in Denkendorf vorstellen. Brutsche ist Wirtschaftsprüfer und hat das grob durchkalkuliert: Bis das Vertrauen in den neu aufgestellten Verein wieder vorhanden wäre, müsse man zwei Jahre die Pacht vorfinanzieren. Das wären an die 30 000 Euro. Dazu wenigstens sechs Pferde à 5000 Euro beschaffen, von denen jedes monatlich 400 Euro koste. Der größte Teil des Vermögens wäre so nach einem Jahr aufgebraucht, meint Brutsche. Im Übrigen habe er selbst durch geschicktes Verhandeln beim Verkauf der Halle für einen großen Teil des Vereinsvermögens gesorgt. Sinnvoller ist nach Brutsches Ansicht, die Mittel in einen anderen Verein einzubringen, der schon über Schulungspferde und Reitlehrer verfügt. Da könne man auch die einst innovativen Ansätze des Denkendorfer Vereins wieder aufgreifen, etwa das Wiedereinsteigerprogramm für Mütter, die ihre Kinder zum Reitunterricht bringen.

Ähnlich sieht es auch Friedrich Witte, Vorsitzender des Esslinger Reitvereins. Beide Traditionsvereine pflegten die gleichen Schwerpunkte, schrieb er bereits im Herbst 2016 an seine Vereinsmitglieder. Durch die Verschmelzung stärke man die Vereinsarbeit, die zunehmend schwieriger werde. Angesichts der vielen privaten Anbieter von Einstellmöglichkeiten für Pferde, insbesondere bei landwirtschaftlichen Betrieben, müssten die Vereine zusammenrücken, die sich auf Jugendarbeit und Reitsport konzentrieren. Die Jugend zu fördern und „Heimat für Turnierreiter“ zu sein, das haben die Vorstände der beiden Vereine in einem Eckpunktepapier vereinbart. Dort ist auch der vergrößerte Vorstand des fusionierten Vereins vereinbart, dem ein Denkendorfer Mitglied angehören soll.

Die Mutmaßungen, die in Denkendorf im Umlauf sind, die Esslinger hätten finanzielle Schwierigkeiten und zudem Platzprobleme, weist Witte zurück. Der Reit- und Fahrverein habe einen alten Reitplatz reaktiviert, der sei „superschön“ geworden. Dass der Verein finanzielle Probleme habe, sei eine „dreiste Unterstellung“, die er nicht weiter kommentieren wolle. Die Ablehnung der bisherigen Denkendorfer Mitglieder habe wohl emotionale Gründe. Er hoffe, so Witte, dass die „Verletzungen“, die aus früheren schwierigen Zeiten herrührten, im fusionierten Verein überwunden werden können.

Dass die Mehrheitsbeschaffung über die neuen Mitglieder ein Geschmäckle habe, findet der Denkendorfer Vorsitzende Brutsche nicht. Er habe als Vorsitzender nicht das Recht, Interessenten abzuweisen. Da sehe die Satzung nichts vor, und eine Änderung habe niemand beantragt. Würde er neue Mitglieder ablehnen, die ja Beiträge in die Kasse bringen, dann würde er vereinsschädigend handeln.

Im Galopp wird der Zusammenschluss nicht über die Bühne gehen. Brutsche will erst mal vier Monate abwarten, ob die Gegner rechtlich etwas unternehmen. Diese Frist empfehle sich aufgrund eines Gerichtsurteils zu einem ähnlichen Fall. Verlaufen die Fusionsverhandlungen erfolgreich, müssen die Mitglieder des Vereins informiert werden. Auf der folgenden ordentlichen Mitgliederversammlung muss im Beisein eines Notars eine Dreiviertel-Mehrheit zustande kommen. Das gilt für beide Vereine.