Fast 32 Jahre lang hat Beate Hahn (Mitte) in der Reha-Einrichtung in Denkendorf mit Menschen mit psychischen Erkrankungen gearbeitet. Quelle: Unbekannt

Knapp 32 Jahre nach ihrem Dienstantritt hört die 64-Jährige auf und sagt: „Ich bin dankbar für dieses Arbeitsleben“

DenkendorfFast 32 Jahre lang hat Beate Hahn, ehemals Hill, in der Reha-Einrichtung in Denkendorf mit Menschen mit psychischen Erkrankungen gearbeitet. Jetzt verabschiedet sich die 64-Jährige in den Ruhestand. Sie begann als WG-Mitarbeiterin in der Einrichtung, die vom Reha-Verein zum Aufbau sozialer Psychiatrie im Landkreis Esslingen getragen wird. Zuletzt war sie 15 Jahre therapeutische Leiterin.

Die Fachkenntnisse hat sich die gelernte Psychiatrie-Krankenschwester, die zunächst in großen Kliniken arbeitete, unter anderem durch eine Ausbildung zur Transaktionsanalytikerin angeeignet. Der Wechsel von der Klinik in die Reha-Einrichtung war ein Sprung ins kalte Wasser, den Beate Hahn nie bereut hat: „Das wurde mein Traumjob. Alles war anders als in den Kliniken. Hier konnte man richtig gut arbeiten.“ Gut zu arbeiten, heißt für sie, nicht nur Teil eines Teams zu sein, das Verantwortung übernimmt, sondern auch, die Klienten, wie die psychisch Kranken genannt werden, ernst zu nehmen, sie zu fördern, aber auch fordern. Dazu braucht es Mut, ein weites Herz und die Fähigkeit, für seine Überzeugung sowie Haltung einzustehen – und Hahn ist eine Frau der klaren Worte. Das kam bei den Mitarbeitern und Klienten gut an. Dinge zum Wohle der ihr anvertrauten Menschen zu verändern, ist ihr wichtig.

Die Anfangsjahre in der Reha-Einrichtung waren geprägt von einer Aufbruchstimmung. „Unsere Therapiemethoden waren anfangs umstritten“, erzählt Hahn und fügt nicht ohne Stolz hinzu: „Heute wird vieles auch von anderen Einrichtungen so gemacht.“ Zudem werde die Arbeit der Reha-Einrichtung in der Öffentlichkeit stärker wertgeschätzt. Doch immer noch beschäftige sich die Psychiatrie viel zu stark mit Strukturen und Finanzen. „Ich wünschte mir, dass vor allem im ambulanten Bereich mehr inhaltlich gearbeitet wird. Denn über Regelungen vergisst man oft die Beziehungsarbeit.“

Diskussionen wie vor 30 Jahren

Immer wieder habe sich Beate Hahn mit den Veränderungsmöglichkeiten in der psychiatrischen Versorgung auseinandergesetzt, sagt Geschäftsführer Albrecht Schumacher. Zudem sei es ihr wichtig gewesen, in die Gesellschaft hineinzuwirken und gegen Ausgrenzung aktiv zu sein.

Als therapeutische Leiterin gehörte zu Hahns Aufgaben die Therapieplanung, die Sicherung der Belegung und die Arbeit in Gremien. „Manchmal war es schwer auszuhalten, dass wir dort immer noch die gleichen Dinge diskutieren wie vor 30 Jahren“, sagt sie. Umso wichtiger war es ihr, nah an der Alltagsarbeit zu sein. „Erfolgreiche Arbeit funktioniert nur über langfristige Beziehungen“, betont Hahn. „Sie hatte immer einen langen Atem“, bestätigt Schumacher. Dazu eine „zugewandte, warmherzige, aber auch klare und entschiedene Art, mit Bewohnern insbesondere in kritischen Situationen umzugehen“. Ein Reha-Mitarbeiter übernehme eine gewisse Elternfunktion. Sie sei aber nicht wirklich die Mutter, sondern müsse sich „auch abgrenzen und meine eigenen Grenzen annehmen“, ergänzt Hahn.

Dass ihre Arbeit auch Scheitern beinhalten kann, war ihr klar. „Es ist wichtig, die Menschen in ihrer Selbstverantwortung zu achten.“ Das bedeute Fürsorge anzubieten und Wege aufzuzeigen. „Aber den Weg gehen müssen die Klienten selbst.“ Heute seien diese viel jünger, viele seien nicht mehr die klassischen Fälle, sondern hätten tiefgreifende Persönlichkeitsstörungen. „Das macht unsere Arbeit schwieriger“, sagt Hahn.

Edith Kamp wird Nachfolgerin

Drei Jahrzehnte hat sie mit Freude ihre Arbeit getan. Sie verhehlt aber nicht, dass dies Kraft kostete. „Ich habe gegeben, was ich geben konnte.“ Jetzt wolle sie sich anderem zuwenden. „Ich möchte über meine Zeit selbst bestimmen.“ Aber sie betont: „Auch wenn es schwierige Zeiten gab – für dieses Arbeitsleben bin ich dankbar.“

Hahns Nachfolgerin ist Edith Kamp.