Seit Dienstag ist der Radweg auf dem Körschtalviadukt eröffnet. Quelle: Unbekannt

24 Jahre haben die Radfahrer darauf warten müssen: Am Dienstagmittag ist der neue Radweg auf dem Körschtalviadukt eröffnet worden.

OstfildernKlaus Mierke ist längst im Ruhestand. Aber diesen Termin am Dienstagmittag wollte sich der frühere Fahrradbeauftragte der Stadt Leinfelden-Echterdingen keinesfalls entgehen lassen: die Einweihung eines Radwegs über den Körschtalviadukt. Schon 1994, als die Brücke gebaut wurde, habe er diese Verbindung als vordringliches Projekt in sein Radwege-Konzept für die Filder aufgenommen, erinnert sich Mierke. 24 Jahre später ist seine Forderung von damals umgesetzt worden. „Endlich“, mehr will Thomas Rumpf, der Kreisvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), zu dem leidigen Thema eigentlich gar nicht sagen. Doch er ist froh, dass der Weg nach jahrzehntelangem Kampf nun doch Realität wurde. Endlich brauche man sich als Radfahrer nicht mehr die anstrengenden Anstiege aus dem Körschtal hochquälen. Rumpf ist überzeugt: Davon profitierten nicht nur viele Berufspendler, sondern auch viele Schüler aus Neuhausen, die in Nellingen zur Schule gehen.

Selbstverständlich kam der ADFC-Kreischef mit seinem Pedelec, um die neue Strecke gleich zu testen. Die Hauptpersonen des Festakts, Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Regierungspräsident Wolfgang Reimer, traten ebenfalls in die Pedale. Doch ließen sie ihre Fahrräder von Mitarbeitern herschaffen, um schöne Bilder zu bekommen.

In den vergangenen Wochen hatte es viel Ärger um diese Baustelle gegeben . Ärger, der daher rührte, dass sich die Bauarbeiten viel länger hinzogen als geplant. Die Brücke war seit Ende Juli nur einseitig befahrbar. Ein Großteil der täglich rund 25 000 Fahrzeuge rollte daher durch Nellingen. Vor allem bei den Bewohnern der Neuhauser Straße hatte sich in den vergangenen Monaten viel Ärger angestaut. Regierungspräsident Reimer hatte viel von dem Groll zu spüren bekommen. Er entschuldigte sich deshalb bei allen, die unter der Baustelle zu leiden hatten.

Eröffnungsdatum mehrmals verschoben

Die halbseitige Sperrung habe man zweimal verlängern müssen. Zum einen habe man gleich zu Beginn der Arbeiten größere Schäden als erwartet am Brückenbauwerk entdeckt. Zum anderen habe die beauftragte Firma Probleme mit der Lieferung der Leitplanken bekommen. „Das hat uns nochmals zwei Wochen gekostet“, berichtete Reimer. Doch bat er um Verständnis. Auf Baustellen müsse man immer mit Verzögerungen rechnen, zumal in Zeiten boomender Baukonjunktur, in denen es oft schwierig sei, Baufirmen zu finden. Reimers Behörde, das Regierungspräsidium (RP), hatte wegen der Verzögerungen öffentlich Prügel bezogen, unter anderem von Ostfilderns OB Christof Bolay. Er hatte das RP scharf kritisiert: Mit so einem unzuverlässigen Bauzeitmanagement schwinde das Vertrauen in die Behörde. Reimer konterte beim Festakt mit einem Zitat aus der Bergpredigt: „Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, den Balken aber in deinem Auge bemerkst zu nicht.“ Die Stadt habe die Verkehrssituation in der Neuhauser Straße selbst noch verschlimmert, weil sie einem Investor erlaubt hatte, für den Bau eines Mehrfamilienhauses einen Kran aufzustellen, der weit in die Straße hineinragte.

Verkehrsminister Hermann versuchte, die Wogen zu glätten: Die Aufregung über Verzögerungen bei Baustellen sei „manchmal nicht mehr nachvollziehbar“. Aber ohne Geländer hätte man die Brücke nun mal nicht wieder eröffnen können. Das Land habe 2,5 Millionen Euro investiert, um die „ärgerliche“ Lücke im Radwegenetz zwischen Ostfildern und Neuhausen endlich zu schließen. Damit bekämen die vielen Alltagsradler eine attraktive ebenerdige Verbindung. Rund zwölf Millionen Euro gebe das Land jedes Jahr aus, um das Radwegenetz auszubauen, berichtete der Minister. Zudem fördere man die Bemühungen der Kommunen, mehr Autofahrer zum Umstieg aufs Rad zu bewegen. Ziel sei, den Anteil des Radfahrverkehrs bis 2020 auf 16 Prozent und bis 2030 auf 20 Prozent zu erhöhen.

ADFC-Landeschefin Gudrun Zühlke bezeichnete den neuen Radweg als Meilenstein, dies umso mehr als Brücken oftmals ein Hindernis für Radfahrer darstellen. Moderne Verkehrspolitik müsse bei allen Bauprojekten den Radverkehr immer von vorneherein mitdenken.

Die Rampen, die auf Ostfilderner und Neuhausener Straße eine Anbindung an das bestehende Radwegenetz ermöglichen, sind ebenfalls fertiggestellt. Eine Beschilderung fehlt noch. Ebenfalls nachgebessert werden muss bei der Sauberkeit. Bei der Eröffnung war die Rampe auf Ostfilderner Gemarkung so verschmutzt, dass man sie kaum befahren konnte.