Haushalt an einem ungewöhnlichem Ort: Das Thema Gymnasium hat die Ratsrunde in die Stadthalle geführt. Foto: Andreas Kaier - Andreas Kaier

Obwohl die Sanierung des Gymnasiums die kommenden Haushaltsjahre in Plochingen diktieren wird, haben die Gemeinderäte 70 Anträge in die Beratung des Doppelhaushalts 2020/21 eingebracht.

PlochingenObwohl der Plochinger Gemeinderat dank Redezeitbeschränkung äußerst diszipliniert durch die Beratungen für den Doppelhaushalt 2020/21 galoppiert ist, war der Ritt durch 70 Haushaltsanträge eine mehrstündige Angelegenheit. Die erfreulichste Botschaft hatte Kämmerer Michael Hanus gleich am Anfang verkündet: Der Haushaltsentwurf mit den „bislang höchsten Investitionen in einem solchen Zeitraum in unserer Stadtgeschichte“ (SPD-Chef Joachim Hahn), hat im Vergleich zur Einbringung noch einmal erfreuliche Veränderungen erfahren. Eine geringere Kreisumlage als angesetzt, die Reduzierung der Gewerbesteuerumlage für die Kommunen, ein höherer Anteil an der Einkommensteuer und mehr haben dazu geführt, dass sich der Gesamtergebnishaushalt 2020 um 1,8 Millionen und im Jahr darauf um zwei Millionen gegenüber dem ursprünglichen Planansatz verbessert hat. Und das Ergebnis des Gesamtfinanzhaushalts steigert sich um 720 000 Euro, im Jahr darauf um 12 000 Euro. Der Zahlungsmittelüberschuss legt für 2020 um 1,8 Millionen, für 2021 um 2 Millionen zu. Das Investitionsvolumen beläuft sich für die beiden Jahre auf zusammengerechnet 17,3 Millionen Euro. Die Stadt kann im laufenden Jahr auf eine Kreditaufnahme verzichten, im darauf folgenden Jahr muss sie drei Millionen Euro aufnehmen.

Erwartungen an die Nachbarschaft

Das bringt dem Gremium auch etwas Erleichterung bei der Generalsanierung und Erweiterung des Gymnasiums, die mit 48,2 Millionen Euro auch die kommenden Jahre prägen und den städtischen Haushalt ohne weitere Hilfe von außen jährlich mit 1,55 Millionen Euro belasten werden. Deshalb machten alle Fraktionen in ihren Haushaltsreden noch einmal deutlich, dass sie sich von den Nachbargemeinden eine Beteiligung am Finanzierungsdelta erwarten.

Für die CDU verwies Ralf Krasselt auf die guten Jahre in der Vergangenheit. Aber bei dem großen Investitionsstau mit dem Gymnasium an der Spitze und den Brückensanierungen über Neckar, Hafen und Fils sei man auf noch viele weitere gute Jahren angewiesen. „Forderungen nach weiteren Bauprojekten im Freiwilligkeitsbereich, die einen zweistelligen Millionenbetrag verschlingen, sind an dieser Stelle einfach unseriös“, zielte er auf den Wunsch nach einem neuen Bad. Die CDU will unter anderem den Glasfaserausbau beschleunigen und im Rahmen des Projekts „inklusives Plochingen“ Maßnahmen zur Barrierefreiheit des Bahnhofs umsetzen. Einstimmig unterstützten die anderen Fraktionen ihren Antrag, den Pausenhof an der Panoramaschule endlich zu sanieren.

Für die SPD wies Joachim Hahn darauf hin, dass die Stadt in den guten vergangenen Jahren auch schon einiges erreicht habe. Allerdings sei man nicht so stark vom Schuldenstand heruntergekommen wie andere Kommunen. Denn „wir haben strukturelle Probleme in der Stadt, die uns immer wieder die Handlungsspielräume einengen“, weil man – zum Beispiel beim Gymnasium – deutlich mehr ausgeben müsse als andere Städte vergleichbarer Größenordnung. Die SPD trage mit großer Überzeugung das Planwerk mit, schließlich investiere man doch in Bildung und Betreuung, in die kommunale Infrastruktur, das Wohnen und andere wichtige Bereiche. Die Bad-Thematik sei noch nicht Thema des Doppelhaushalts 2020/21. Mit zwei ihrer Anträge will die Fraktion den Ausbau von Photovoltaikanlagen in der Stadt forcieren und mit dem Ausbau von Carsharing-Angeboten will sie die Verkehrswende beschleunigen.

Für die OGL betonte Stefan Kirchner, dass Maßnahmen im Klima- und Umweltschutz auch mit Geld hinterlegt werden müssten – im Haushalt habe das bislang aber keinen Niederschlag gefunden. Die OGL will die Lücken im ÖPNV-Fahrplan sofort schließen und dem Kreis das Geld dafür notfalls vorstrecken, fand dafür jedoch keine Mehrheit. Auch ihre Unterstützung der Fahrradinitiative Plochingen, die auf dem Gelände der Bahngebäude entlang der Eisenbahnstraße gerne ein Fahrradparkhaus hätte, blieb erfolglos. Ihre Anträge, bei Neubauten künftig auf Photovoltaikanlagen zu bestehen und den ZOB nicht erst 2022 verbessern, wurden in den Ausschuss verwiesen. ULP-Chef Harald Schmidt forderte von der Verwaltung eine zügigere Verarbeitung der Jahresabschlüsse. Hier sei Plochingen weit entfernt von der gesetzlichen Halbjahresfrist. Seine Haushaltsrede und die Anträge seiner Fraktion zielten darauf, künftig mehr mit tatsächlichen als mit angenommenen Zahlen operieren zu können. Die ULP würde angesichts der langjährigen Sanierung des Gymnasiums am liebsten wieder weg von den Doppelhaushalten – blieb damit aber alleine.

Laut Klaus Hink (fraktionslos) ist Alt-BM Eugen Beck samt Landesgartenschau 1998 an dem Sanierungsstau schuld. Er geißelte die Bauvorhaben Moltkebehälter und Bruckenwasen als schnelle Einnahmequellen für die Stadt. Unter seinen 20 Anträgen findet sich auch der Wunsch, die Planungen für ein „Schul- und Sportbad, das für die Öffentlichkeit zugänglich ist“ voranzutreiben, um gegebenenfalls schnell in Fördertöpfe greifen zu können.

Streifzug durch die Antragsflut – Von der Hauswand bis zur Zweitwohnungssteuer

Redefluss: Der Antrag der CDU, einen Stadtrat ohne Zustimmung der Ratsrunde nicht mehr als zweimal zu einem Thema sprechen zu lassen, ist durchgegangen. Klaus Hink kündigte Protest an.

Bündnis Jugend: Hier haben sich junge Stadträte aus OGL und ULP zusammengetan. Ihr Antrag, bestimmte Wände für Graffitis zur Verfügung zu stellen, wurde angenommen. Ihr Wunsch, den Dettinger Park abends länger offen zu lassen, wurde allerdings nicht erfüllt.

Zurückgezogen: Die OGL hat ihren Antrag, dass die Stadt von der Kirche das Dietrich-Bonhoeffer-Haus erwerben soll, vorerst zurückgenommen – weil zu früh. Ihr Antrag auf eine Fahrradgarage wurde ebenso abgelehnt wie eine Mittelumschichtung zugunsten des ÖPNV.

Zweitwohnungssteuer ade: Klaus Hink (fraktionslos) beantragte erfolgreich, die Zweitwohnungssteuer abzuschaffen. Grund: Sie lohnt sich nicht angesichts des hohen Verwaltungsaufwands.

Finanztechnisches: Der Antrag der ULP auf Abschaffung des Doppelhaushalts ist abgelehnt. Die Kämmerei versichert, die Jahresabschlüsse schnellstmöglich zu bearbeiten.

Nächste Runde: Die Anträge der SPD zum Thema Photovoltaikanlagen und e-Carsharing sind wie zahlreiche weitere Anträge in die zuständigen Ausschüsse verwiesen worden. Insgesamt haben die vier Fraktionen und Klaus Hink exakt 71 Haushaltsanträge aufs Papier gebracht.