Der überdimensionale Biber flößt den kleinen Besuchern eine Menge Respekt ein. Foto: Dietrich - Dietrich

Das Umweltzentrum Neckar-Fils in Plochingen hat den Biber Kindern gestern mit einem Aktionstag näher gebracht. Er fand im Rahmen einer Ausstellung des Nabu statt.

PlochingenWenn der Biber auf Lateinisch Castor fiber heißt, dann ist ein Mensch in einem XXL-Biberkostüm wohl ein Castor fiber maximus. Die kleine Benedetta hatte jedenfalls am Anfang gehörigen Respekt vor ihm. Doch dann merkte sie, dass da ein Mensch drinsteckt und war sofort beruhigt. Spielerischer Spaß und ernsthafte Inhalte passten am Biber-Aktionstag des Umweltzentrums Neckar-Fils in Plochingen gut zusammen mit der aktuellen Ausstellung über den Nager.

Mit Willi Amann und Harald Brandstetter hatte der Naturschutzbund (Nabu), der die Ausstellung erarbeitet hat, beim Aktionstag gleich zwei Biberberater aufgeboten. Sie haben beide beim Regierungspräsidium Stuttgart einen Kurs absolviert und sollen künftig bei Konflikten mit dem einst im Land ausgerotteten und inzwischen streng geschützten Biber vermitteln. Vier solcher Biberberater gibt es im Kreis Esslingen. Sie kommen, wenn etwa einer der großen Nager das Wasser so hoch staut, dass die Felder eines Bauern unter Wasser stehen, oder wenn er seine Fällarbeiten auf einer Obstbaumwiese erledigt hat. Die Berater klären ab, was dann zu tun ist, ob der Biberdamm eine Drainage bekommen soll, die Obstbäume mit einem Drahtschutz versehen werden, oder ein Biber sogar umgesiedelt werden muss, weil er mit seinem unterirdischen Bau eine Straße untergräbt und deshalb zum Sicherheitsrisiko wird.

Durch seine Bauarbeiten fördere dieser ganz besondere Architekt und Landschaftsgestalter die Artenvielfalt, durch das aufgestaute Wasser schaffe er Lebensraum für viele andere Tiere, betonten beide Biberberater unisono. Wurden im Jahr 2013 im Kreis Esslingen nur zwei Biber gezählt, waren es 2017 schon 15 Exemplare. Die Tiere sind aus Bayern und der Schweiz zu uns eingewandert. Solange es noch freie Reviere gebe, sagen beide Experten, werden die Zahlen weiter zunehmen. In einer Frage waren sich Amann und Brandstetter aber nicht einig: Wie gut kann ein Biber abschätzen, in welche Richtung ein Baum fallen wird, wie strategisch beginnt er mit seinen eisenhaltigen, sehr harten Vorderzähnen zu nagen? Es soll schon passiert sein, dass ein Biber vom selbst gefällten Baum erschlagen wurde.

Ausgerottet war der Biber im Land unter anderem wegen seines sehr begehrten Fells, das sich viel weicher anfühlt als erwartet. Das lag auch am Bibergail, dessen Wirkstoff sich auch in Kopfwehtabletten findet und in der Medizin verwendet wurde. Und es lag daran, dass das Fleisch der Biber von Menschen gegessen wurde. Durch das Fischmuster auf der Kelle, seinem markanten Schwanz, hatten die Menschen das Nagetier zum Fisch erklärt, somit war der Verzehr auch in der Fastenzeit erlaubt.

Der Biber selbst ist ein konsequenter Vegetarier, er frisst keine Fische. Im Winter gibt es weniger Nahrung, dann dient die Kelle als Fettspeicher. Am Aktionstag bot ein Rätselbogen Kindern noch vier weitere Plätze zum Eintragen der vielseitigen Verwendung der Kelle: Der Biber benutzt sie beim Schwimmen zum Lenken und Steuern, als drittes Standbein beim Nagen und um Wärme abzugeben, was er sonst am Körper durch sein Fell nicht kann. „Das ist wie die Zunge beim Hund“, sagte Harald Brandstetter. Ein weiterer Zweck: Um Artgenossen bei Gefahr zu alarmieren, schlägt ein Biber mit der Kelle auf das Wasser.

Das Revier eines Bibers muss gar nicht groß sein, bei optimalen Bedingungen reicht ein Flusslauf von einem Kilometer. Dämme baut der Biber, um den Wasserstand zu regulieren, denn der Eingang zu seiner Burg muss immer unter Wasser sein. Meist bekommt der Mensch von den scheuen Tieren nur die Spuren zu sehen. Dass einem ein Biber vor die Kamera läuft, so wie bei Harald Brandstetter frühmorgens an den Wernauer Baggerseen, das ist ein Glücksfall.

Der Biber hört und riecht gut, sieht aber schlecht. Deshalb durchquerten die Kinder die Krabbeltunnel mit einer Schweißerbrille vor den Augen. Im Freien galt es bei einem Spiel, sich als verkleideter Biber statt mit den Augen mit den Ohren zu orientieren. Weil sich die monogamen Biber bei ihrer Hochzeit vorsichtig im Wasser drehen, gab es ein Geschicklichkeitsspiel mit einem Ballon zwischen zwei Kindern. An einer anderen Station galt es, viele bunte Kärtchen zu sortieren: Was isst der Biber, was nicht, wie ist das wohl mit Schnecke und Schokolade? Mit Silikonformen wurden Fußabdrücke des Bibers in Gips geformt, die Gipsabdrücke durften die Kinder dann mitnehmen.

Die Biberausstellung des Nabu ist im Umweltzentrum Neckar-Fils in Plochingen noch bis Sonntag, 25. November, zu sehen. Sonntags ist immer von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Biberkurse werden nach Vereinbarung angeboten, Buchungen auch von Führungen bei Brigitte Beier unter Telefon 07153/608 69 65.