Foto: Roberto Bulgrin/bulgrin - Roberto Bulgrin/bulgrin

Für 16,9 Millionen Euro saniert und erweitert die Gemeinde Neuhausen die Kläranlage. Dass die vierte Klärstufe vorerst auf Eis gelegt wird, sehen Teile des Gemeinderats jedoch kritisch.

NeuhausenDie Kläranlage in Neuhausen wird für 16,9 Millionen Euro saniert. Auf die vierte Reinigungsstufe, durch die das Abwasser unter anderem von Mikroplastik gereinigt wird, verzichtet der Gemeinderat vorerst. Denn nach dem Gesetz ist diese noch nicht vorgeschrieben. Diesen Verzicht betrachtet Marius Merkle (CDU) mit Sorge. Denn gerade Mikroplastikteile und Medikamentenreste im Abwasser, die diese Studie beseitigen kann, stellen aus seiner Sicht zunehmend ein Problem dar: „Schließen Sie das etwa künftig aus?“, fragte er kritisch nach. Die vierte Stufe würde weitere 2,5 Millionen Euro kosten. Das Vorhaben schieben die Planer zwar auf. Sie haben aber bereits einen Platz zwischen dem Regenüberlaufbecken und dem neuen Nachklärbecken vorgesehen.

Mit großer Mehrheit stimmte der Gemeinderat dem Entwurfsplan zu, den das Planungsbüro Weber Ingenieure im Dialog mit den Gemeinderäten entwickelt hatte. Die Zeit für das Vorhaben drängt, denn die Genehmigung für die bestehende Anlage läuft im Jahr 2020 aus. Weil die Gemeinde Neuhausen mit aktuell 12 000 Einwohnern durch neue Baugebiete und den S-Bahn-Anschluss schnell wächst, steht die Kommune da unter Zeitdruck.

Anlage muss bei laufendem Betrieb saniert werden

„Die Herausforderung ist, dass wir die Kläranlage bei laufendem Betrieb sanieren müssen“, sagt Sven Müller, der beim Ortsbauamt für das Projekt zuständig ist. Deshalb haben die Planer vier Bauabschnitte vorgesehen, die nacheinander realisiert werden. Im ersten Bauabschnitt wird das Regenrückhaltebecken gebaut. „Wir wollen die Arbeiten im September 2020 ausschreiben“, skizziert Müller den Zeitplan. Er geht davon aus, dass das Landratsamt das Projekt im ersten Quartal 2020 genehmigen wird. „Wir haben die Pläne bereit eng mit den Experten des Landratsamts abgestimmt“, sagt Müller. Im Frühjahr 2021 soll der Bau beginnen.

Südlich der Zufahrt zur Neuhausener Kläranlage, die an der Feldwegstrecke in Richtung Denkendorf liegt, wird das neue Rückhaltebecken gebaut. Dann wird das bestehende Becken abgerissen, um Platz zu schaffen für die neue Biologiestufe, auch Belebungsbecken genannt. Anstelle der bisherigen Biologiestufe, die mit Tropfkörpern betrieben wurde, wird dann ein neues Nachklärbecken gebaut. Zuletzt wird dann nach Müllers Worten ein zusätzliches Nachklärbecken auf das bestehende, stark sanierungsbedürftige Nachklärbecken aufgesetzt. „Die bestehende Anlage stößt ganz klar an Kapazitätsgrenzen“, begründete Müller die aufwändige Sanierung und Erweiterung. Deshalb sieht er der Verwaltungsmann jetzt dringenden Handlungsbedarf.

„Die Schmutzfracht wächst, zugleich werden die Regeln des Gewässerschutzes immer strenger“, erläutert Sven Müller die Gründe für die umfassende Erneuerung. Dass die vierte Reinigungsstufe noch nicht realisiert wird, hat nach seinen Worten nicht nur finanzielle Gründe: „Die Planung und Ausführung wäre aus der Sicht der Verwaltung zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht, da der technische und gesetzliche Rahmen hierfür noch nicht abschließend feststeht.“ Wichtig ist aus Sicht des Experten, den entsprechenden Platz dafür freizuhalten. Grob haben die Planer auch schon den Zeitplan für die ersten drei Abschnitte festgeklopft – der vierte Bauabschnitt soll 2025 fertig sein.

Renaturierung des Sulzbachs geplant

Um Hochwasserschutz sicherzustellen, hat die Kommune parallel die Renaturierung des Sulzbachs geplant, der an der Kläranlage vorbei fließt. „Der Verlust an Sickerflächen muss durch die Renaturierung des Gewässers ausgeglichen werden“, erläuterte Sven Müller das Ziel. Vor allem müsse die Kläranlage selbst vor Hochwasser gesichert werden. Neuhausen war in den vergangenen Jahren immer wieder von Starkregen betroffen. Zugleich soll der Sulzbach auch für Spaziergänger besser zugänglich und attraktiver werden.

Obwohl die Mehrheit der Gemeinderäte für das Projekt stimmte, hakte Gabriele Probst (IGL) nach. Sie wundere sich, dass diese wichtige Entscheidung nicht dem neuen Gemeinderat überlassen werde, der das Projekt dann auch auf den Weg bringe. Bürgermeister Ingo Hacker verwies auf den Zeitdruck, der wegen des Auslaufens der Genehmigung im Jahr 2020 keinen weiteren Aufschub zulasse.