Andrea Lindlohr, Margarete Schick-Häberle, Matthias Gastel und Gabriele Probst (von links) auf dem Körschtalviadukt. Foto: oh - oh

Der Radweg auf dem Körschtalviadukt hat eine Lücke im Netz auf den Fildern geschlossen. Trotzdem gibt es noch viele Problemstellen, wie die interaktive Karte zeigt.

Neuhausen/OstfildernLücken hat das Radwegenetz auf den Fildern. Zwar bietet der Rad- und Fußweg über das Körschtalviadukt, der am 11. Dezember 2018 eröffnet wurde, für Schul- und Berufspendler eine direkte Verbindung zwischen Neuhausen und Ostfildern. „Das ist ein großer Erfolg, aber im Detail gibt es manches nachzubessern“, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel bei einer Radtour auf der östlichen Filder. Mit der Esslinger Landtagsabgeordneten Andrea Lindlohr und mit Gemeinde- und Stadträten aus Neuhausen und Ostfildern nahm er die Problemstellen unter die Lupe.

2,5 Millionen Euro hat das Land in den Bau der Rad- und Fußgängerspur auf der Brücke investiert. „Jahrzehntelang hatte es geheißen, das sei überhaupt nicht machbar“, sagte Joachim Schleicher vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC), der die Grünen-Politiker begleitete. Schleicher wünscht sich, dass in Sachen Mobilität ein Umdenken bei den Planern stattfindet. „In allen Bauprojekten sollten Spuren für Radfahrer mitgedacht werden.“ Diese Notwendigkeit sieht auch Gastel: „Nur so lässt sich der Verkehrsinfarkt auf den Fildern verhindern.“ Der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion legt selbst möglichst viele Wege mit dem Rad zurück. „Da sehe ich auf den Fildern großes Potenzial, wenn wir die Infrastruktur verbessern.“

Bei der Fahrt vom Scharnhauser Park in Richtung Körschtalviadukt kritisiert Margarete Schick-Häberle, Grünen-Kreis- und Gemeinderätin aus Ostfildern, dass an vielen Stellen die Wegweiser fehlen. „Beim Kreisverkehr an der Aral-Tankstelle in Richtung Denkendorf orientieren sich Ortsfremde erst mal zur Landesstraße.“ Dabei gebe es einen relativ bequemen Weg über die Felder. Nach einigen hundert Metern gibt es wieder ein Hinweisschild. „Da hat sich mancher schon verfahren.“

Kritik übt Schick-Häberle auch am Zustand der Feldwege. Sie und die anderen Kommunalpolitiker wünschen sich da ein besseres Miteinander von Radlern, Landwirtschaft und Kommune. „Wenn es im Gemeinderat um Radwege geht, tun das viele Kollegen einfach ab.“ Gerade auf den Fildern ist der Druck aus Schick-Häberles Sicht groß, noch stärker als bisher auf umweltfreundliche Mobilität zu setzen.

Vor dem Körschtalviadukt ist die Fahrbahn glatt. Da die Zuständigkeiten noch nicht geklärt sind, wer das Viadukt räumen muss (wir berichteten), ist die Überfahrt auf der Schneedecke nur für sehr gute Radler mit Spikes problemlos möglich. Das ärgert die Grünen-Landespolitikerin Lindlohr. „Damit das Fahrrad in den Köpfen möglichst vieler Menschen attraktiver wird, muss man sich damit im Berufsalltag wie in der Freizeit sicher bewegen können.“ Weil der Betonbelag auf dem Viadukt rutschig ist, steigen bei Schnee etliche Radler ab. Grünen Stadtrat Jürgen Kleih aus Ostfildern bemängelt, dass die Brücke nicht beleuchtet ist: „Mit Katzenaugen käme man da schon mal weiter.“

Nach dem Viadukt geht es dann in Richtung Hagenauer Hof weiter zur Unterführung nach Neuhausen. „Mit dem Umbau des Autobahnanschlusses im Frühjahr wird diese Verbindung auf der ehemaligen Straßenbahntrasse drei Jahre lang gekappt“, sagt Andreas Fritz, Mitarbeiter in Lindlohrs Büro. Dann müssten Radfahrer vom Viadukt aus parallel zur Autobahn einen Umweg in Kauf nehmen.

Heftig kritisiert Grünen Kreis-und Gemeinderätin Gabriele Probst aus Neuhausen die Radwege in ihrer Gemeinde. „Wir haben auch beim Umbau der Ortsdurchfahrt Esslinger Straße für einen Radstreifen plädiert, aber dann waren Parkmöglichkeiten für Autos wichtiger.“

Probst lenkt den Blick auf eine weitere Schwachstelle im Radwegenetz, nämlich den Weg von Neuhausen nach Wolfschlugen entlang der Landesstraße. „Den Weg nutzen viele Schüler, die bei uns auf die Gemeinschaftsschule gehen“ Neben der starken Verschmutzung sei auch fehlende Beleuchtung ein Problem. Bei einem Vor-Ort-Termin hat das Regierungspräsidium Stuttgart die Verschmutzung des Wegens ebenso bemängelt wie den Zuwuchs und die fehlende Beleuchtung, erfuhr die Landtagsabgeordnete Lindlohr auf ihre Nachfrage. „Das Landratsamt Esslingen wurde gebeten, die Mängel zu beseitigen.“ Aber auch da gebe es Probleme mit Zuständigkeiten.

Probst verweist auf den Schulweg zwischen Bernhausen und Plattenhardt. „Da wäre auch das Land zuständig, aber aus Gründen der Sicherheit tritt jetzt die Stadt in Vorleistung.“ Zurzeit lässt das Land nach Lindlohrs Worten erstmalig Radwege entlang von Landes- und Bundesstraßen untersuchen. Danach werde geprüft, ob die Strecken ins Erhaltungsprogramm aufgenommen werden könnten. Im Nachtragshaushalt 2018/19 wurden für das laufende Jahr zehn Millionen extra für Radwege an Landesstraßen eingestellt.

Es kommentiert EZ-Redakteurin Elisabeth Maier:

Um das Radfahren noch attraktiver zu machen, tut das Land viel. Der Rad- und Fußweg auf dem Körschtalviadukt zwischen Ostfildern und Neuhausen, der für 2,5 Millionen Euro nachgerüstet wurde, zeigt, dass es nicht nur bei leeren Worten bleibt. Der Praxistest der Grünen zeigt jedoch, dass es bei den Anschlüssen hakt. Radfahrer haben es in vielen Gemeinden und Städten nicht nur im Kreis Esslingen schwer. Dass weniger geübte Radler nun im Winter auf dem Körschtalviadukt absteigen müssen, dass Schilder fehlen oder dass es keine Beleuchtung gibt, darf einfach nicht sein. Verglichen mit der hohen Investition sind das Kleinigkeiten. Dennoch wird damit die Attraktivität des Verkehrsmittels gebremst.
Weil der schnelle Weg über das Viadukt bei gutem Wetter immer häufiger genutzt wird, hofft der Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel aus Filderstadt, dass der Druck auf die umliegenden Gemeinden wächst. Er sieht die Kommunen in der Pflicht, mehr für den Radverkehr zu tun. Denn obwohl das Land voriges Jahr in Baden-Württemberg 28 Radweg-Projekte mit einem Investitionsvolumen von 16 Millionen Euro und einer Gesamtlänge von rund 35 Kilometern gestartet hat, reicht das nicht. Wenn innerorts Radstreifen fehlen, wenn Schulkinder im Winter auf dunklen Radwegen fahren müssen oder wenn Wegweiser für die Radler nur an manchen Stellen die Richtung angeben, sorgt das für Frust. Manch ein Radler wird dann das nächste Mal lieber wieder den Bus oder das Auto nehmen, um ans Ziel zu kommen.
Bei der Stadtplanung ist Umdenken gefordert – und das auf allen Ebenen. Bei Brückenbauwerken sollte es selbstverständlich sein, an die Radfahrer ebenso zu denken wie an den Autoverkehr. Und an viel befahrenen Ortsdurchfahrten sollten Radsteifen eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Das Problem mit den „Elterntaxis“ könnte zumindest deutlich entspannt werden, wenn die Mütter und Väter wüssten, das ihre Schulkinder auf sicheren Wegen unterwegs sind.